Kundenkommunikation: Die "Lufthoheit" nicht aus der Hand geben
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Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung
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Einschneidende Veränderungen lenken
viel Aufmerksamkeit und Energie nach innen mit der
Folge, dass die Kommunikation mit Kunden und Lieferanten oft sträflich vernachlässigt
wird. Häufig wird im Change Management übersehen, dass Betroffene
der Veränderungen nicht nur auf dem Werksgelände sitzen.
Auch Kunden, Händler und Lieferanten bekommen deren Auswirkungen
zu spüren von holpriger Auftragsabwicklung über
verunsicherte Innen- und Außendienst-Mitarbeiter bis hin zum Verlust ihrer bisherigen Ansprechpartner. Lieferanten machen sich Sorgen über ihre Folgeaufträge und die Fortführung der bisherigen Geschäftsbeziehung, Kunden und Händler über die Zuverlässigkeit ihrer Belieferung. Sie in der Luft hängen zu lassen, ist gefährlich, weil es das Unternehmen angreifbar macht: Clevere Wettbewerber haben es in solchen Zeiten leicht, verärgerte oder verunsicherte Kunden zu
sich herüberzuziehen, und Lieferanten können die
Situation entweder zum eigenen Vorteil ausnutzen oder ihre Anstrengungen auf andere
Kunden verlagern. |
- Veränderungen machen verwundbar
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Unternehmen, die durch Fusionen, Sanierungen, Umstrukturierungen oder andere einschneidende
Veränderungsprozesse gehen, sind in dieser Phase besonders
verletzlich, weil sie aus den vielfältigsten Gründen
nicht so gut funktionieren wie im "Normalbetrieb". An dieser Tatsache selbst
lässt sich nicht viel ändern, wohl aber an ihrem
Ausmaß und an ihren Auswirkungen. Ein professionelles Change
Management muss daher unbedingt auch eine gute Kommunikation mit Kunden
und Lieferanten einschließen. |
- Kommunikation noch wichtiger
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Auf Angriffe vorbereitet sein |
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Die Bedeutung einer offensiven Change-Kommunikation nach außen gerade in schwierigen Zeiten nimmt weiter zu, weil solche Schwächephasen in Zukunft wohl noch viel systematischer
als heute für gezielte Attacken genutzt werden. Ein deutliches
Signal, dass der Wind hier rauher wird, ist ein Buch mit dem bezeichnenden
Titel "Capitalize on Merger Chaos Six Ways to Profit
From Your Competitors' Consolidation and Your Own". Es beschränkt sich nicht auf Empfehlungen, wie man von dem unvermeidlichen Durcheinander bei fusionierenden oder restrukturierenden Wettbewerbern profitieren kann, sondern hält eine Menge Tipps bereit, wie man deren Schwierigkeiten gezielt vergrößern und ihren Umbau idealerweise zum Scheitern bringen kann. Nachdem dieser Gedanke einmal in der Welt ist,
werden hm mit ziemlicher Sicherheit weitere Veröffentlichungen (und
Berater) folgen. |
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Seien Sie sich daher auf Angriffe
an allen Fronten vorbereitet. Wo auch immer Sie etwas haben, was
für Wettbewerber (oder andere Interessenten) attraktiv
ist Kunden, Vertriebskanäle, Schlüssellieferanten,
aber auch gute Mitarbeiter , macht es für Ihre Konkurrenten
Sinn, Sie in dieser Phase der Selbstbeschäftigung gezielt zu attackieren.
Schon heute kreisen über jedem Unternehmen, das durch
eine Fusion oder Sanierung geht, die Headhunter.
Je länger die Unsicherheit dauert, desto abwanderungswilliger werden auch loyale Kunden und Leistungsträger werden. Und desto sicherer wird
auch der schwerfälligste Wettbewerber sich an Ihre Kunden
(und eventuelle Schlüssellieferanten) heranmachen und
versuchen, aus vorhandener Verunsicherung, Verärgerung
oder Enttäuschung Kapital zu schlagen. |
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Das kann mit sportlichen, aber auch mit weniger sportlichen Methoden geschehen. Seien Sie deshalb nicht nur auf faire Angriffe gefasst, sondern auch auf Diffamierungen und das gezielte Ausstreuen von Gerüchten und Spekulationen: "Ach, hatten Sie auch Schwierigkeiten mit den letzten Lieferungen? Ja, das hört man zur Zeit überall. Ich will ja nichts gesagt haben, aber was man so, hört, klingt nicht besonders gut. Angeblich kriegen sie nach ihrer Fusion die Integration der IT-Systeme nicht hin. Also, in deren Haut möchte ich nicht stecken. Wenn die das nicht bald hinbekommen, werden sie in größte Schwierigkeiten kommen das geht ja an die Liquidität!" |
- Gezieltes Säen von Gerüchten
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Besonders beliebt ist das Säen von Zweifeln an der Sicherheit
der Ersatzteilversorgung ("Lassen Sie sich das lieber
schriftlich geben!"), an der Zukunftssicherheit von Systemen
("Natürlich erzählen die Ihnen heute, dass
sie die Produktreihe weiter entwickeln ...") und am langfristigen
Bestand des Unternehmens ("Sie wissen ja, einem nackten
Mann kann man nicht in die Tasche greifen da hilft
auch keine schriftliche Garantie!"). Aber auch offene und verdeckte
Falschinformation kommt vor ("Wie man hört, ist
die Einstellung dieser Baureihe längst beschlossene Sache,
weil sie sich ja mit einer Produktlinie des Übernehmers
überlappt. Und Sie wissen ja selbst, bei Fusionen müssen
schließlich Synergien herauskommen!"). |
- Versuche, Ihren Kunden Angst zu machen
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Vorbeugende Kommunikation |
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Der Schlüssel zur erfolgreichen Selbstverteidigung
ist proaktive Kommunikation. So ist es zum Beispiel sinnvoll,
Kunden über ein Mailing "vorzuwarnen",
wenn absehbar ist, dass es etwa wegen der Umstellung
von Systemen für eine Übergangszeit zu Problemen
kommen wird. Noch besser ist ein Telefon-Rundruf, weil er die Chance zur direkten Kommunikation
und damit zur Klärung von Irritationen gibt. Wenn sie
vorab informiert wurden, haben die meisten Kunden und Lieferanten
für vorübergehende Holprigkeiten Verständnis jedenfalls so lange
die entstehenden Unannehmlichkeiten nicht allzu gravierend
sind und die Sache nach ein paar Wochen wieder rund läuft. |
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Sofern Ihre Produkte über den Handel vertrieben werden, beziehen Sie all diese Aussagen primär auf Ihre Händler oder Vertriebspartner. Je nach Problemlage kann es aber sinnvoll sein, darüber nachzudenken, ob auch die Endkunden in geeigneter Weise direkt angesprochen werden müssen.
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- Vertriebspartner und Endkunden
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In jedem Fall abzuraten ist von der altdeutschen Strategie
"Augen zu und durch!" Wer gar nichts kommuniziert
und hofft, dass viele Kunden von den Holprigkeiten gar nichts merken und sich der entstehende Ärger in Grenzen
halten wird, kann damit Glück haben. Aber nur, wenn die Übergangszeit kurz ist und danach alles wieder normal läuft. Anderenfalls läuft er Gefahr, dass viele Kunden tatsächlich
nichts sagen, sondern ganz einfach den Lieferanten wechseln.
Oder sie bestrafen Sie durch pingeliges Verhalten und verzögerte
Zahlungen. |
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Dieser Artikel ist ein Auszug aus meinem neuen Buch "Systemische Post-Merger-Integration – Dem Culture Clash zuvorkommen und Unternehmenskulturen wirklich integrieren" (Schäffer-Poeschel 2017). Es gibt Ihnen eine systematische, leicht verständliche Einführung in das Gesamtthema und zeigt, wo die Fallstricke bei der Integration von Unternehmen liegen und worauf Sie Ihr Augenmerk richten sollten, um Ihre Integration zum Erfolg zu führen.
Mehr Informationen über das Buch "Systemische Post-Merger-Integration"
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Buchhinweis "Systemische Post-Merger-Integration"
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Den Außendienst vorbereiten |
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Von großer Bedeutung ist, den eigenen Außendienst
und zwar nicht nur den Vertrieb, sondern auch Anwendungstechniker,
Monteure, Servicetechniker etc. auf kritische Nachfragen
von Kunden und auf die aktive Kommunikation über die stattfindenden
Veränderungen vorzubereiten. Für die Leute
an der Front ist es ein Albtraum, beim Kunden mit Fragen und
Kritik konfrontiert zu werden, auf die sie nicht den
Hauch einer Antwort haben: Dann stehen sie wie Trottel da und verlieren gegenüber ihren Ansprechpartnern das Gesicht. So etwas ist die effizienteste
Form, die Loyalität der eigenen Mannschaft zu zerstören.
Und wenn Ihre Außendienst-Mitarbeiter erst einmal wie geprügelte
Hunde durch den Markt schleichen und beginnen, sich nach Alternativen umzusehen, dann ist es nur noch eine Frage von Tagen, bis
auch das Geschäft wegbricht. |
- Desorientierter Außendienst
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Damit Mitarbeiter auch in schwierigen Zeiten selbstbewusst
gegenüber Kunden und Wettbewerbern auftreten können,
müssen sie gut informiert sein. Sie müssen
Ihren Kunden den Sinn und Nutzen des Veränderungsvorhabens
erläutern können; vor allem müssen sie aber auch über Schwierigkeiten und Probleme Bescheid wissen und dazu in der Lage sein, den Kunden konkrete und belastbare Auskünfte zu geben, wie es weitergeht.
Es hat keinen Sinn, dabei um heikle Themen einen Bogen zu machen, wenn deren jeweilige Kunden davon betroffen sind oder sein könnten. Denn genau auf diese Themen werden sie von den Kunden angesprochen werden. |
- Desorientierter Außendienst
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Die erforderlichen Schulungen sollten
tunlichst nicht erst dann stattfinden, wenn intern
alle wesentlichen Fragen geklärt sind. Denn bis zeigt
Ihr Außendienst längst Auflösungserscheinungen.
Zweckmäßiger ist, den Außendienst alle paar
Wochen zusammenzurufen und ihn auf den neuesten Stand der
Dinge zu bringen. Natürlich kostet das eine Menge Zeit
aber immer noch weniger, als wenn die Leute ständig
am Telefon hängen, um die neuesten Informationen und
Gerüchte mitzubekommen, und sich vor Angst vor unangenehmen
Fragen nicht mehr zum Kunden trauen. |
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Dieser regelmäßige Austausch mit dem Außendienst ist nicht nur zur Information, Schulung und moralischen Aufrüstung wichtig, sondern auch deshalb, weil Sie so am schnellsten erfahren, was draußen im Markt los ist. Wenn Sie von Aktionen Ihrer Wettbewerber frühzeitig erfahren, können Sie darauf rasch und wirksam antworten mit gezielten Gegenmaßnahmen, nötigenfalls auch mit juristischen Schritten. Schon wenige Tage Verzögerung können bewirken, dass gegen eine Attacke keine wirksame Gegenwehr mehr möglich ist. |
- Informationen aus erster Hand
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Informationsveranstaltungen für Kunden, Händler und Lieferanten |
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Je nachdem, wie tief die Veränderungen in Ihre Kunden-
oder Lieferantenbeziehungen eingreifen, kann es sinnvoll oder
sogar notwendig werden, eigene Informationsveranstaltungen für diese Zielgruppen durchzuführen zum Beispiel um sie mit neuen Konzepten und Systemen, aber
auch mit neuen Prozessen und Anforderungen vertraut zu machen. Natürlich müssen solche Veranstaltungen gut vorbereitet und organisiert sein. Wichtig ist, dass Sie dabei "mit dem Kopf der Kunden (bzw. Lieferanten) denken". In der Regel werden Kunden und Lieferanten sich nicht für die Details Ihrer internen Veränderungen interessieren. Ihre zentralen Fragen sind: Was bedeutet das für uns? Welche Risiken und Nachteile ergeben sich daraus für uns? Welchen Nutzen, welche Vorteile könnte es für uns bringen? |
- Informations- veranstaltungen
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MIndestens genauso wichtig ist aber, dass Sie sich gut auf die
vorhandene Stimmung einstellen. Wenn "Druck auf dem Kessel"
ist, hat es keinen Sinn, eine Glamour-Veranstaltung zu inszenieren
damit würden Sie nur bewirken, dass die Teilnehmer
ihrem angestauten Ärger in den Pausen oder der abschließenden
Diskussion Luft machen. Damit aber würde die Veranstaltung zum Desaster: Sie würde gut beginnen, aber in Kritik, Vorwürfen und Rechtfertigungen enden. Wenn vorhandene Verstimmungen nicht
im Vorfeld ausgeräumt werden können, müssen
sie in der Anfangsphase der Veranstaltung thematisiert und
zur Zufriedenheit der Teilnehmer behandelt werden so
unangenehm das auch sein mag. |
- Gut auf die Stimmung einstellen
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Dass dies im ersten Teil der Veranstaltung geschieht, ist deshalb wichtig, damit Ihnen die Leute überhaupt zuhören. Wer mit Zorn oder Verärgerung im Raum sitzt und keine Gelegenheit bekommt, seiner Verstimmung Luft zu machen und darauf eine ehrliche Antwort zu erhalten, wird kaum einen Blick für Ihre bunten Folien und optimistischen Botschaften haben. Außerdem bewirkt die Offenheit für Kritik ganz am Anfang, dass Ihre Veranstaltung insgesamt eine positive Dynamik erhält: Die Stimmung verläuft dann nicht vom Positiven zum Negativen, sondern entwickelt sich vom Negativen zum Positiven. Eine mutige und konstruktive Auseinandersetzung mit Kritik eröffnet die Chance, die Veranstaltung insgesamt in einer optimistischen, zukunftsgerichteten Stimmung abzuschließen. |
- Vom Negativen zum Positiven
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Und seien Sie darauf vorbereitet, dass die Veranstaltung ein "Nachspiel" hat. Viele Teilnehmer werden Ihre Fragen
und Kritikpunkte nicht bei der Veranstaltung selbst artikulieren,
sondern Sie unmittelbar danach oder in den folgenden Tagen ansprechen sei es,
weil sie Sie nicht in der Öffentlichkeit in Verlegenheit
bringen wollten, sei es, weil sie die Gelegenheit zu einem
vertraulichen Gespräch nützen wollen oder
weil sie hoffen, noch den einen oder anderen Informationsvorsprung
für sich herauszuholen. Was übrigens keine schlechte
Nachricht ist, sondern eine gute. Halten Sie sich also in den
Tagen nach der Veranstaltung genügend Zeit für ausführliche
Telefongespräche frei! Und falls das Telefon nicht so häufig klingelt wie erwartet, dürfen Sie den Spieß auch umdrehen und wichtige Kunden oder Lieferanten anrufen, um sie um ein Feedback und ihr Resümee zu bitten. |
- Für ein "Nachspiel" bereit sein
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Sie planen gerade ein Change-Projekt, bei dem es um derartige Themen geht? Oder haben eine verwandte Fragestellung, zu der Sie fachkundige Unterstützung oder eine kompetente Hintergrund-Beratung suchen? Dann sprechen Sie uns gerne an!
Link zum Kontaktformular
oder direkte Mail an w.berner(at)umsetzungsberatung.de
oder Telefon +49 / 9961 / 910044
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Wir unterstützen Sie gern!
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