Die Umsetzungsberatung

Change Management in Krisen






Winfried Berner, Regula Hagenhoff, Th. Vetter, M. Führing
"Ermutigende Führung"

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Culture Change

Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil

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"Bleiben oder Gehen"

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Unternehmerische Resilienz: So machen Sie Ihr Unternehmen krisenfest

 

Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung

Es ist wieder soweit: Die Zeit nach der Krise ist unmerklich zur Zeit vor der Krise geworden. Wir erinnern uns an die letzte: Finanzpolitiker und Zentralbanken bekannten, auf Sicht zu fahren; rote Linien, die gestern noch als sakrosankt galten, wurden ein paar Tage später stillschweigend überfahren. Und kaum schien wieder etwas Ruhe eingekehrt, kam die nächste Alarmmeldung. Zwar ist Deutschland bislang recht gut durch die Krise gekommen – aber das ist keine Garantie für die Zukunft. Über den makroökonomischen Turbulenzen sind langfristige Entwicklungen, die eigentlich dringender Aufmerksamkeit bedürften, wie die Klimakrise und die demographische Entwicklung, völlig aus dem Blickfeld verschwunden. Deshalb ist es schwer zu beurteilen, welche Ereignisse Kettenreaktionen auslösen können, die auch das eigene Geschäft treffen.

  • Planung auf Treibsand
  • Auf diesem makroökonomischen Treibsand ist es kaum möglich, eine belastbare Planung aufzubauen. Diese Ungewissheit kann man beklagen, aber kaum ändern. Unternehmer und Top-Manager haben nur die Wahl, die Entwicklungen entweder auf sich zukommen zu lassen oder aber proaktiv gestaltend mit der Ungewissheit umzugehen. Letzteres ist wohl das klügere Vorgehen. Denn "die nächste Krise kommt bestimmt". Da ist es nicht sehr sinnvoll, die Dinge laufen zu lassen, bis einen auch die nächste Krise unvorbereitet erwischt, und danach belämmert darüber zu schwadronieren, dass man künftig wohl mehr Sensibilität für schwache Signale entwickeln müsse. Zumal eine gewisse Sensibilität für starke Signale durchaus gereicht hätte.

  • Die nächste Krise kommt bestimmt
  • Die Krise wird zwar als Erstes diejenigen treffen, die ohnehin schon angeschlagen sind. Doch die Gewinner werden nicht automatisch die Marktführer sein. Gewinnen werden diejenigen, die vorbereitet sind, zu Lasten derer, die kalt erwischt werden – selbst wenn sie bislang zu den Starken zählten. "Wenn das Wasser sinkt, sieht man, wer keine Badehose anhat", hat Warren Buffett konstatiert. Weit mehr als ruhige Zeiten bieten Krisen deshalb auch die Chance, die eigene Marktposition substanziell zu verbessern. Eine gute Vorbereitung und der systematische Aufbau von unternehmerischer Krisenfestigkeit ("Resilienz") sind das Gebot der Stunde.

  • Die Chance der Krise erkennen und nutzen
  • Auf mögliche Krisen vorbereiten

     

    Deshalb ist es jetzt an der Zeit, vorausschauend zu handeln, um die Resilienz der eigenen Firma zu stärken. Wie deutlich müssen die Signale denn noch werden, bevor wir unsere unterschwellige Ahnung an uns heranlassen, dass die Hochkonjunktur zuende geht und die Aufträge nicht mehr so hereinsprudeln wie in den Jahren zuvor? Ja, die Beschäftigung mit Krisenprävention kommt ungelegen – zum einen, weil Sie wegen der vielen Aufträge keine Zeit haben, und zum anderen ... naja, einfach deshalb, weil das ein unangenehmes Thema ist. Aber ist es unternehmerisch verantwortbar, nur auf das Prinzip "Es wird schon irgendwie gut gehen" zu setzen?

  • Mehr Sensibilität für starke Signale
  • Vielleicht schaffen es die verantwortlichen Politiker ja noch, einen Teil der aufgetürmten Risiken so geordnet abzubauen, dass eine halbwegs "weiche Landung" gelingt. Sicher ist das keineswegs, zum einen wegen der Komplexität der Materie, zum anderen, weil sowohl individuelle als auch institutionelle und nationale Eigeninteressen und Interessenkonflikte ganz andere Anreize schaffen als, nach der bestmöglichen Lösung für das übergeordnete Ganze zu suchen. Stattdessen ging die Tendenz in der jüngeren Vergangenheit eindeutig dahin, wie die Amerikaner es nennen, "to kick the can down the road", also die ungelösten Probleme in die Zukunft zu verschieben, um in der Gegenwart keine unangenehmen Entscheidungen treffen zu müssen. Auf diese Weise bauen sich immer größere Spannungen auf: Staatsverschuldung, ungedeckte Pensionslasten, soziale Ungleichgewichte, Klimawandel, Umweltzerstörung, zur Neigung gehende Reserven, und manche andere.

  • Sich auftürmende Risiken
  • Damit geschieht genau das, was der Physiker und Wissenschaftsjournalist Mark Buchanan als Voraussetzung für das Entstehen von Katastrophen beschreibt: An vielen Stellen unserer Weltgesellschaft baut sich wachsende Instabilität auf, und weil sie nicht durch rasche Anpassungen abgebaut wird, wird das gesamte System immer mehr von "Fingern der Instabilität" durchzogen, bis es schließlich einen "kritischen Zustand" erreicht. In dieser angespannten Situation können Kleinigkeiten – der berühmte Schlag eines Schmetterlingsflügels oder, etwas weniger lyrisch, die Pleite einer mittleren Bank – genügen, um katastrophale Kettenreaktionen auszulösen. Doch auch wenn das Gesamtsystem damit zunehmend instabiler wird, ist es, wie Buchanan in seinem Buch Ubiquity – How Catastrophes Happen darlegt, unmöglich vorherzusagen, wann eine Krise eintreten und welche Gestalt und welches Ausmaß sie annehmen wird.

  • Von "Fingern der Instabilität" durchzogen
  • Eine paradoxe Situation: Je mehr Spannungen sich aufgebaut haben, desto länger und zahlreicher sind die "Finger der Instabilität", die das ganze System durchziehen. Und desto sicherer ist, dass sich die Spannungen irgendwann entladen werden. Trotzdem gibt es keine Möglichkeit zu bestimmen, wann dies der Fall sein wird, genau wie wir nicht prognostizieren können, wann und wie heftig ein drohendes Erdbeben sein wird. Diese fundamentale Ungewissheit über Zeitpunkt und Umfang bevorstehender Katastrophen hat ein der von Buchanan zitierten Forscher prägnant auf den Punkt gebracht: "An earthquake when it begins does not know how big it is going to be." (S. 61)

    Ob sich die Instabilität in einem großem Knall entlädt, in jenem "Bang-Moment", den die amerikanischen Ökonomen Carmen Reinhart und Kenneth Rogoff in Bezug auf die Staatsschulden beschwören, oder ob mehrere kleine Beben für einen stufenweisen – und damit weniger spektakulären – Abbau der Spannungen sorgen, das lässt sich ebenso wenig vorhersagen wie der Zeitpunkt, wann sie sich entladen. Es kann heute noch beginnen, aber es kann auch noch Jahre dauern, wie schon der große Ökonom John Maynard Keynes spöttisch bemerkt hat: "Die Finanzmärkte können länger irrational bleiben als du zahlungsfähig."

  • Unmöglichkeit einer genauen Vorhersage
  • Nichts wäre naiver als zu glauben, weil bislang entgegen allen Erwartungen nichts Dramatisches passiert ist, werde auch künftig nichts passieren. Aus der Tatsache, dass bislang (fast) alles gut gegangen ist, folgt eben nicht, dass die ganzen Schwarzmaler und Krisenpropheten unrecht hatten. Im Gegenteil: Wenn es im Hochgebirge tagelang stark geschneit hat und trotzdem keine Lawine abgegangen ist, folgt daraus eben nicht, dass keine Gefahr besteht und das Risiko völlig überschätzt wird, sondern dass die Lawinengefahr extrem hoch ist. Dabei spielt es keine Rolle, ob schon Risse im Schnee zu erkennen sind – entscheidend ist allein, wie lang und verzweigt die "Finger der Instabilität" sind. Ob man davon bereits etwas sieht oder nicht, ist völlig irrelevant.

  • Entscheidend ist das Ausmaß der Spannungen
  • Krisenprävention – eine Change-Herausforderung

     

    Doch selbst wenn keine Krise eintreten sollte, hätte eine systematische Krisenvorbereitung einen doppelten Nutzen. Zum einen wirkt sie wie ein mentales Fitnesstraining: Wer sich auf zwei oder drei mögliche Krisenszenarien vorbereitet hat, ist auch für das vierte oder fünfte wesentlich besser gerüstet. Denn durch die Vorbereitung werden zwei wichtige Aspekte unternehmerischer Resilienz eingeübt: Erstens die Fähigkeit zum flexiblen und entschlossenen Umgang mit bedrohlichen Entwicklungen, zum zweiten die Fähigkeit, bedrohliche Entwicklungen frühzeitig zu erkennen, auch wenn sie schleichend verlaufen.

    Zudem stößt man bei einer solchen Analyse meist auch auf einige Ideen und Ansatzpunkte, bei denen man sich fragt: Warum sollen wir damit eigentlich warten, bis wir in einer Krise sind? Warum setzen wir das nicht sofort um? Nicht selten amortisiert sich die Krisenvorbereitung schon durch solche "Abfallprodukte".

  • Es lohnt sich – selbst wenn keine Krise käme
  • Doch Krisenvorbereitung ist nicht bloß eine Denksportaufgabe, sie ist eine Change-Herausforderung. Denn wenn der Vorstand einen Plan für den Ernstfall hat, ist das nur die halbe Miete, solange das mittlere Management, die Belegschaft und der Betriebsrat nicht im Boot sind. Wenn die das Problem nicht sehen, werden sie auch keine Lust haben, an dessen Lösung mitzuwirken bzw. sich für den Fall einer Krise zu einem eigenen Beitrag zu verpflichten. Stattdessen entsteht Misstrauen und der Verdacht, der Vorstand wolle noch mehr aus dem ohnehin brummenden Geschäft herauspressen.

    Es empfiehlt sich daher, die Krisenvorbereitung von vornherein als Change-Prozess anzugehen und die eigene Führungsmannschaft – und wenn es geht, auch die Belegschaft und den Betriebsrat – in einem strukturierten Vorgehen von Anfang an mit ins Boot zu holen. Dann ist das ganze Unternehmen auf mögliche Krisen vorbereitet – und hat entsprechend gute Chancen, im Fall einer Krise schnell und zielstrebig zu handeln und so zu den Gewinnern zu werden, während andere kalt erwischt werden.

  • Nicht bloß ein Plan – ein Konsens!
  • Wenn wird hier von Krisen reden, meinen wir nicht eine kleinere bis mittlere Rezession, wie sie alle paar Jahre mal vorkommt. Dafür muss ohnehin jedes Unternehmen gerüstet sein, erst recht, wenn es einer zyklischen Branche angehört. Worüber wir hier reden, sind Veränderungen, die die Amerikaner als "Game Changer" bezeichnen: Entwicklungen, welche die bisherigen Geschäftsgrundlagen über den Haufen werfen und die Spielregeln grundlegend verändern. Resilienz (resilience) nennt man die Fähigkeit eines Menschen oder einer Organisation, mit einschneidenden Veränderungen fertig zu werden, ohne völlig aus der Bahn geworfen zu werfen. Das heißt nicht, dass einem solche Zäsuren überhaupt nicht wehtun, es heißt nur, dass man sie verkraften kann und sie einen nicht umbringen.

  • Fähigkeit, mit "Game Changern" fertig zu werden
  • Ein solcher "Game Changer" könnte sich zum Beispiel eine Kreditklemme sein, gleich was ihre makroökonomischen Ursachen sind: Sie würde bewirken, dass Firmen in Schwierigkeiten kommen, wenn sie in größerem Ausmaß auf Fremdkapital angewiesen sind, und zwar auch dann, wenn ihr Geschäft völlig gesund ist. Ein "Game Changer" könnten auch starke Veränderungen der Wechselkurse sein, ein sprunghafter Anstieg der Energiepreise oder ein dauerhafter Rückgang des verfügbaren Einkommens der Verbraucher, der wiederum die unterschiedlichsten Ursachen haben könnte: Etwa, weil die Alterseinkünfte wegen einer langen Phase niedriger Zinsen niedriger sind als erwartet, weil sich Staaten und/oder Großunternehmen mit ihren Pensionsverpflichtungen übernommen haben und/oder weil steigende Energiepreise das verfügbare Einkommen dezimieren.

  • Mögliche "Game Changer"
  • Die kritischen "Game Changer" identifizieren

     

    Der erste Schritt einer systematischen Krisenprävention ist, Entwicklungen zu identifizieren, die für das eigene Unternehmen zum Game Changer werden könnten. Dabei ist wichtig, nicht zu kurz zu denken. So wäre es beim Thema Energie zu kurz gegriffen, wenn man nur darauf schaute, welchen Anteil Energiekosten an der eigenen Kostenstruktur haben. Unverzichtbar ist, auch Effekte zweiter und dritter Ordnung zu berücksichtigen. Denn natürlich stecken auch in Vorprodukten Energiekosten – im Zweifelsfall erhebliche, vom Schmelzen und Gießen von Metallteilen über den Transport bis hin zu den Rohstoffen, die in den Vorprodukten enthalten sind. Schließlich bestehen Rohstoffpreise zu einem hohen Anteil aus den Kosten für deren Abbau, Verhüttung und Veredelung, mit anderen Worten, aus Energiekosten.

  • Nicht zu kurz denken
  • Aber noch mehr. Es reicht nicht, sich in der Betrachtung auf das eigene Geschäft zu beschränken, man muss auch das Geschäft seiner Kunden betrachten – und das von deren Kunden. Denn wenn Sie dazu in der Lage sind, die Auswirkungen steigender Energiepreise auf das eigene Unternehmen abzufangen, hilft Ihnen das nur begrenzt, wenn Ihre Kunden in die Knie gehen – und sei es auch nur, weil deren Kunden infolge der eingetretenen Entwicklungen das Geschäft wegbricht. Wer Bauteile für Maschinen herstellt, lebt letztlich davon, dass sich die Kunden seiner Kunden die Produkte leisten können, die mit diesen Maschinen hergestellt werden.

    Doch das ist immer noch nicht alles. Ein deutlicher Anstieg der Energiepreise würde starke Anreize für die Substitution von "energiehaltigen" durch weniger energiehaltige Produkte liefern. Da auch Transportkosten einen Teil dieses Energiegehalts ausmachen, stiegen ab einem gewissen Punkt auch die Anreize zu einer dezentraleren Produktionsweise. Denn die Kostenvorteile einer zentralen Fertigung wären irgendwann nicht mehr groß genug, um einen weltweiten Versand zu bezahlen. Wer mit steigenden Energiepreisen rechnet, täte daher möglicherweise gut daran, Investitionen in neue Anlagen zur Herstellung transportaufwendiger Güter schon heute nicht mehr an einem zentralen Standort vorzunehmen, sondern möglichst nahe bei den größten Abnehmern.

  • Effekte zweiter und dritter Ordnung
  • Im Ergebnis wird ein starker und dauerhafter Anstieg der Energiepreise daher wohl zu einer Re-Regionalisierung der Weltwirtschaft führen. Im Extremfall könnte das bis hin zu der Frage reichen, ob und wie globale Unternehmen überhaupt noch führbar sind. Denn jene Infrastruktur, die wir uns für selbstverständlich zu halten angewöhnt haben, wird sich bei steigenden Energiepreisen oder einer veränderten Sicherheitslage verändern, und zwar nicht nur im Detail, sondern grundlegend, beginnend mit bezahlbaren Flügen über die sichere Durchführung internationaler Konferenzen bis hin zur verlässlichen Logistik innerhalb weltweiter Lieferbeziehungen. Es lohnt sich zu durchdenken, welche Bedrohungen, aber auch welche Chancen sich daraus für das eigene Geschäft ergeben – auch in einer relativen Betrachtung zu den wichtigsten Wettbewerbern.

  • … und vierter Ordnung
  • Viele winken angesichts dieser Komplexität genervt ab – und das ist eine wunderbare Nachricht. Denn was kann Ihnen im Falle einer Krise Besseres passieren, als Ihren Wettbewerbern das Thema zu komplex war, während Sie selbst vorbereitet sind? Allerdings ist die Menge möglicher Krisen so groß, dass man sich unmöglich auf jeden denkbaren Fall vorbereiten kann. Man muss daher eine Vorauswahl treffen und sich fokussieren – und zwar nicht nach dem Kriterium, welche Krise einem denn am liebsten wäre, weil man noch am besten damit zurecht käme, sondern im Gegenteil danach, welche einen am härtesten treffen würden. Genau genommen geht es hier um das Produkt aus der Eintrittswahrscheinlichkeit einer Krise und der eigenen Verwundbarkeit durch sie.

  • Eingrenzung für das eigene Unternehmen
  • Risiken für das eigene Unternehmen erkennen

     

    Hier eine unvollständige Liste von Entwicklungen, die sich kurz- bis mittelfristig zu Krisen entwickeln könnten, welche direkt oder in ihren Auswirkungen auch auf Mitteleuropa durchschlagen. Wie Chris Martenson feststellt, legt sie in Summe die Vermutung nahe, dass wir in den nächsten 20 Jahren mit mehr einschneidenden Veränderungen konfrontiert sein werden als in den letzten 50 Jahren:

    Abb.: Mögliche Ursachen kurz- und mittelfristiger Krisen (in Anlehnung an an Martenson 2011, Heinberg 2011, Mahbubani 2008, Arnott 2012, Dent 2014, Mauldin / Tepper 2011, 2014)

  • Mögliche kurz- bis mittelfristige Krisenursachen
  • Um eine Vorauswahl der für das eigene Unternehmen relevantesten Krisenszenarien vorzunehmen, sollten Sie sich zunächst alle denkbaren krisenhaften Entwicklungen etwas genauer anzusehen – sowohl die aus der obigen Liste als auch weitere, die sich aus unternehmensspezifischen Konstellationen ergeben. Starke Veränderungen der Wechselkurse beispielsweise sind in der Liste gar nicht enthalten, könnten sich aber aus vielerlei Gründen ergeben – etwa aus einer Aufblähung der Geldmenge in Europa oder auch aus einer "Flucht in den Dollar" angesichts sich zuspitzender regionaler Krisen, aus einem "Käuferstreik" für Staatsschulden und erst recht aus einem ungeordneten Zerfall der Eurozone. Zwar wären in solch einem Fall die Wechselkurse nicht das größte Problem. Aber das bedeutet natürlich nicht, dass eine Vorbereitung auf diesen Fall überflüssig wäre – ganz im Gegenteil!

  • Vorauswahl
  • Praktisch heißt das: Erstellen Sie aus einer möglichst umfassenden Liste im Rahmen einer Vorstands- oder Geschäftsführungssitzung eine "Short List" mit etwa drei bis vier Themen, die Sie dann im Rahmen einer moderierten Klausurtagung vertiefend bearbeiten. Um bei der Vorauswahl nicht zum Opfer falscher Annahmen oder voreiliger Schlüsse zu werden, ist es ratsam, zu jeder der Krisenursachen ein kurzes Brainstorming zu machen zu der Frage: Weshalb könnte dieser Punkt für uns relevant sein / uns in größere Schwierigkeiten bringen? Wie würde er sich zum Beispiel auf unsere Lieferanten oder auf unsere Kunden oder deren Kunden auswirken?

  • Priorisierung als gemeinsamer Denk- und Lernprozess
  • Wenn dabei nichts Nennenswertes zum Vorschein kommt, lassen Sie den Punkt fallen; falls doch, sollte er genauer betrachtet werden. Schon die Diskussion über diese Priorisierung ist möglicherweise schwieriger und zeitraubender als erwartet, weil die Meinungen zum Teil weit auseinander gehen. Aber das schadet nichts, im Gegenteil: Es zeigt nur, dass zu diesen Themen bislang sehr unterschiedliche Sichtweisen bestehen, die im Ernstfall eine schnelle und entschlossene Reaktion erschwert hätten. Jetzt sind sie einfach der Auftakt zu einem gemeinsamen Denk- und Lernprozess und zugleich der Beginn einer Konsensbildung zu einem existenziell wichtigen Thema. Dafür ist die Vielfalt sogar von Vorteil, weil sie das Thema aus den unterschiedlichsten Perspektiven ausleuchtet.

  • Divergierende Sichtweisen als Vorteil
  • Bedarf für mehr Informationen

     

    An manchen Stellen werden Sie möglicherweise auch feststellen, dass Sie für eine belastbare Entscheidung mehr über die jeweiligen Themen wissen müssten als es im Augenblick der Fall ist. Dann stehen Sie vor der Wahl, entweder noch einmal tiefer zu recherchieren oder mit dem Mut zum korrigierbaren Irrtum eine vorläufige Auswahl zu treffen – was in der Regel wohl die schnellere und effizientere Vorgehensweise ist. Das Ziel der Klausurtagung kann realistischerweise kaum sein, zu einer abschließenden Bewertung zu kommen. Realistischer ist eine vertiefte Einschätzung der ausgewählten Risikofaktoren, die es erlaubt, bei einigen Themen Entwarnung zu geben und bei anderen eine vertiefte Analyse zu beschließen oder auch schon erste Maßnahmen einzuleiten.

  • Moderierte Klausurtagung
  • Um einen raschen Schritt nach vorne zu machen, kann es sinnvoll sein, externe Experten für Impulsvorträge zur Krisenvorbereitung oder zu speziellen Fragen einzuladen. Das geht im Zweifelsfall schneller und effizienter als die ganzen Recherchen selbst zu betreiben. Allerdings muss man bei Experten immer auch bedenken, welche Interessen sie vertreten. Wichtig ist, sich bewusst nicht nur mit beruhigenden und besänftigenden Meinungen auseinanderzusetzen, sondern mit solchen, die dem jeweiligen Thema eine gewisse Dramatik zuschreiben, sofern sie dies auf der Basis von Zahlen, Daten, Fakten und nachvollziehbaren Zusammenhängen tun.

  • Externe Experten
  • Dabei muss man bei Experten immer aufpassen, wofür sie wirklich Experten sind. Der Energieexperte eines Umweltverbandes beispielsweise wird vermutlich gut dazu in der Lage sein, die globale und regionale Entwicklung der Ressourcenerschöpfung zu beleuchten, aber er wird nicht unbedingt Experte dafür sein, die Auswirkungen steigender Energiepreise für Wirtschaftsunternehmen abzuschätzen und zu bewerten. Umgekehrt wird die Fachfrau eines Energieversorgers zwar Vieles zur aktuellen Versorgungslage sagen können, aber zu mittel- bis langfristigen Entwicklungen nicht notwendigerweise mehr wissen als aus den Unterlagen ihres Branchenverbands hervorgeht. Doch sie werden möglicherweise beide die Grenzen ihrer Expertise weder klar genug sehen noch deutlich genug benennen.

  • Experten richtig einschätzen
  • Hüten Sie sich vor Experten, die alles so genau wissen, als ob sie mit der Zukunft schon seit Langem persönlich bekannt wären. Wie der Psychologie und Prognoseforscher Philip E. Tetlock in seinem lesenswerten Buch Superforecasting herausarbeitet, gibt es eine negative Korrelation zwischen der Selbstgewissheit und der Vorhersagequalität. Wer unerschütterliche Gewissheit ausstrahlt, ist zwar der interessanteste Talkshow-Gast, aber in aller Regel ein lausiger Prognostiker. Die wirklichen "Superforecaster" sind, wie Tetlock herausgefunden hat, eher abwägende Menschen, die vielfältige Möglichkeiten in Betracht ziehen und immer auf der Suche nach neuen Informationen und zusätzlichen Perspektiven sind. Solche Menschen werden nicht definitiv sagen, wie die Zukunft werden wird, sondern nur, welche Trends und Entwicklungen Sie bei Ihren Überlegungen berücksichtigen sollten.

  • Grenzen der eigenen Expertise
  • Auch wenn es zur abgedroschenen Phrase verkommen ist: In (fast) jeder Krise liegen auch Chancen. Schon um mögliche Krisen nicht ausschließlich als Bedrohung wahrzunehmen und sie damit zu einem total negativen Thema zu machen, lohnt es sich, auch darüber nachzudenken, welche Chancen für das eigene Unternehmen in der jeweiligen Krise liegen könnten: Wie würde die jeweilige Krise die wichtigsten Wettbewerber treffen – stärker oder weniger stark als das eigene Unternehmen? Wie Lieferanten und Kunden? Welche neuen oder veränderten Bedarfe werden dadurch entstehen?

    Wenn zum Beispiel ein starker Anstieg der Ölpreise Transporte sprunghaft verteuern sollte, würde dies wohl den Wettbewerbsdruck verringern, der von überseeischen Konkurrenten ausgeht. Unter Umständen wird es dann wieder möglich oder sogar notwendig, Dinge in Deutschland oder Europa zu produzieren, die wir über Jahre wie selbstverständlich importiert haben. In diesem Fall hätten Anbieter einen substanziellen Vorteil, die, wenn es soweit ist, rasch eigene Kapazitäten aufbauten und den Markt beliefern können, während die Wettbewerber noch zögern und die Entwicklung analysierten.

  • Die Chancen in der Krise entdecken
  • Ihre Mannschaft mitnehmen

     

    Die größte Herausforderung bei Zukunftsfragen besteht meist darin, die eigene Mannschaft mitzunehmen. Denn während der Vorstand oder die Geschäftsführung schon geraume Zeit über diese Dinge nachgedacht hat und schließlich zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Handlungsbedarf besteht, hat diese Erkenntnis den Rest des Unternehmens noch kaum erreicht. Stattdessen stecken die Führungskräfte und ihre Mitarbeiter bis zum Hals im Tagesgeschäft, fühlen sich – sei es zu Recht oder zu Unrecht – überlastet und haben wenig Neigung, sich mit der Lösung von Problemen zu beschäftigen, die sie gar nicht sehen. Das gilt erst recht für den Betriebsrat, der hinter dem Vorschlag, proaktiv über mögliche Krisenszenarien nachzudenken, möglicherweise einen Versuch der Geschäftsleitung wittert, die eigenen Ansprüche und Erwartungen für bevorstehende Verhandlungen zu dämpfen.

  • Denkvorsprung des Top-Managements
  • Andererseits hilft es wenig, wenn sich die Lokomotive, um Zeit zu sparen, vom Zug abkoppelt und alleine davonfährt. Auf diese Weise kommt sie zwar deutlich schneller voran, doch das nützt nicht viel, solange der Rest des Zuges weiter im Ausgangsbahnhof steht. Zweckmäßiger ist deshalb, Krisenprävention und den Aufbau von Resilienz nicht allein als fachliche Aufgabe zu verstehen, sondern auch als einen Denk-, Lern- und Entwicklungsprozess, der im Idealfall das ganze Unternehmen erfasst. Ratsam ist daher, zumindest die Führungskräfte und nach Möglichkeit auch den Betriebsrat frühzeitig mit ins Boot zu holen, indem man sie nicht erst an der Lösungssuche beteiligt, sondern schon an der Problemanalyse.

  • Gemeinsamen Lern- und Denkprozess orchestrieren
  • Um das zu erreichen, sollten nicht externe Berater die Verwundbarkeit des Unternehmens durchleuchten, sondern die eigenen Führungskräfte und Mitarbeiter. Das hat nicht nur den Vorteil, dass die Befunde dadurch stärker auf das eigene Geschäft zugeschnitten sind; es gewährleistet auch, dass die Akzeptanz höher ist als bei einer externen Studie, denn niemand wird Erkenntnissen widersprechen, die er selbst mit erarbeitet hat. Berater können unter Umständen dabei helfen, diese Bestandsaufnahme zu strukturieren und zu organisieren, aber sie sollten nicht die Federführung übernehmen.

    Das Argument, Berater seien für solche Aufgaben fachlich besser ausgebildet und damit qualifizierter, ist in doppelter Hinsicht anfechtbar. Zum einen, weil der Nachweis einer besonderen Qualifikation für diese Aufgabe erst noch zu erbringen wäre, zum anderen, weil man sich doch fragen muss, was am Ende mehr Veränderungsbereitschaft auslöst: Eine perfekte (oder zumindest perfekt formatierte) externe Analyse, der es intern an Akzeptanz mangelt, oder eine nicht ganz so perfekte Analyse, die voll akzeptiert wird, weil die Mitarbeiter selbst maßgeblich daran mitgewirkt haben.

  • Eigene Bestandsaufnahme schafft Akzeptanz
  • Eine nützliche Rolle können externe Berater jedoch dabei haben, das Vorgesehen anzuleiten und dort, wo es erforderlich ist, methodisches Know-how zuzuliefern. Denn ein solches proaktives Krisenmanagement macht man ja nicht alle Tage, und es hätte auch wenig Sinn, die Methodik dafür im eigenen Haus neu zu erfinden. Hier kann externe Expertise Zeit und Kosten sparen. Das beginnt mit der Unterstützung der Geschäftsleitung bei der Identifikation der Krisenszenarien, deren Bearbeitung für das eigene Unternehmen vordringlich ist, über die Moderation von Kickoff-Workshops und Großgruppenkonferenzen bis hin zur fortlaufenden Begleitung und methodischen Unterstützung der Projektteams, die kritische Themen tiefer analysieren und Lösungsideen entwickeln.

  • Sinnvolle Rolle externer Beratung
  • Das Vorgehen konkret

     

    Die Dramaturgie solcher Projekte muss darauf angelegt sein, zwei ganz unterschiedliche Aufgaben von Anfang an eng zu verzahnen: Zum einen die inhaltliche Arbeit, mit der die diversen Krisenszenarien sachlich analysiert und Lösungen dafür entwickelt werden, zum anderen den sozialen Prozess, der darauf zielt, zumindest die obere Führungsmannschaft, nach Möglichkeit aber die gesamte Belegschaft einschließlich des Betriebsrats, in diesem Denk- und Erkenntnisprozess mitzunehmen. Das sollte sich schon im Projektauftrag widerspiegeln: Er sollte nicht sein, ein Konzept vorzulegen, wie das Unternehmen seine Resilienz stärken kann, sondern, einen breiten Konsens im Management bzw. im gesamten Unternehmen zu entwickeln, wie das Ziel einer hohen Resilienz erreicht werden kann.

    Das erfordert die Verständigung auf ein methodisches Konzept, die am besten durch einen "Prolog im Himmel" (sprich, in der Geschäftsleitung) erreicht wird.

  • Verzahnung von inhaltlichem und sozialem Prozess
  • Schritt 1: Eckpunkte

    In einem Vorbereitungs-Workshop wählt der Vorstand bzw. die Geschäftsführung die kritischen Entwicklungen aus, mit denen sich das Unternehmen intensiver beschäftigen soll, und zwar nach (mindestens) zwei Kriterien: Erstens nach deren Eintrittswahrscheinlichkeit, zweitens nach deren "Durchschlagswucht" auf das eigene Geschäft. Zugleich wird festgelegt, welche Ebenen und Instanzen des Unternehmens in die Bedrohungsanalyse und Resilienzförderung einbezogen werden sollten. (Sollte sich in diesem Workshop herausstellen, dass ein solches Projekt zum jetztigen Zeitpunkt nicht sinnvoll wäre, besteht die Möglichkeit, das Vorhaben nach diesem Schritt abzubrechen oder zu vertagen.)

  • Schritt 1: Eckpunkte
  • Schritt 2: Konzipierung des Vorgehens

    In Zusammenarbeit mit den Beratern wird ein Vorgehensmodell entwickelt, wie unter breiter Beteiligung der Führungsmannschaft und ggf. des Betriebsrats kritische Zukunftsszenarien analysiert und Vorsorgemaßnahmen entwickelt werden können. Dabei ist sorgsam darauf zu achten, dass nicht nur abstrakte Erkenntnisse entstehen, sondern auch ein "Sense of Urgency". Auf dieser Basis werden dann ein oder mehrere Projekte gestartet, an denen geeignete Mitarbeiter und Führungskräfte mitwirken.

  • Schritt 2:
    Konzipierung Vorgehen
  • Schritt 3: Analyse kritischer Szenarien

    Nachdem die Teams ihre Analysen vorgelegt haben, muss in einem nächsten Schritt geklärt werden, was getan werden kann und sollte, um sich auf mögliche Krisen konkret vorzubereiten. Dabei sollte getrennt werden zwischen einer Eventualplanung und sofort umsetzbaren Maßnahmen. Die Projektteams können und sollen dazu Vorschläge machen; die Ableitung von Schlussfolgerungen sowie die Festlegung des weiteren Vorgehens ist Sache des Top-Managements.

  • Schritt 3:
    Analyse kritischer Szenarien
  • Schritt 4: Chancen in der Krise identifizieren

    Um das Thema nicht mit einem ausschließlich unter negative Vorzeichen zu stellen, aber auch, um neue geschäftliche Möglichkeiten zu erkennen, die sich aus der Krise ergeben, sollten die Teams explizit den Auftrag erhalten, auch über die Chancen in der jeweiligen Krise nachzudenken: Wie wird sie sich auf die Wettbewerbslandschaft auswirken? Welche neuen oder veränderten Bedarfe werden dadurch entstehen? Welche Chancen eröffnen sich hier für Anbieter, die schnell und entschlossen handeln, ihren langsameren Wettbewerbern Kunden und Marktanteile abzunehmen?

  • Schritt 4:
    Chancen identifizieren
  • Schritt 5: Maßnahmenplanung / Kaskadierung

    Spätestens nach Schritt 4 muss entschieden werden, ob und ggf. in welcher Weise das gesamte Unternehmen in diesen Denk-, Lern- und Entwicklungsprozess einbezogen werden soll. Das ist zwar mit einigem Aufwand verbunden und kann ohne Zweifel auch Unruhe auslösen; auf der anderen Seite ist eine breite Beteiligung wohl die einzige Möglichkeit, wenn in größerem Umfang Vorsorgemaßnahmen getroffen werden sollen und/oder wenn angestrebt wird, mit dem Betriebsrat vorsorglich eine Betriebsvereinbarung zur Krisenprävention abzuschließen.

  • Schritt 5: Kaskadierung
  • Schritt 6: Umsetzung

    Die Umsetzung der festgelegten Sofortmaßnahmen ist in erster Linie Aufgabe des operativen Managements bzw. eigens dafür installierter Projekte. Soweit erforderlich und sinnvoll, können Berater dabei unterstützen, etwa bei einzelnen Teilprojekten, die besondere fachliche oder methodische Kenntnisse erfordern.

  • Schritt 6: Umsetzung
  • Lohnt sich der Aufwand?

     
    Ein solches Programm ist ohne Zweifel mit einigem Aufwand verbunden. Unweigerlich stellt sich daher die Frage, ob sich das wirklich lohnt. Eine sichere Antwort gibt es darauf nicht, weil niemand weiß, was die Zukunft bringen wird. Wie Chris Martenson in seinem Crash Course darlegt, sind prinzipiell vier Szenarien denkbar:
    1. Man hat sich vorbereitet, und es tritt eine größere Krise ein
    2. Man hat sich vorbereitet, und es tritt keine größere Krise ein
    3. Man hat sich nicht vorbereitet, und es tritt eine größere Krise ein
    4. Man hat sich nicht vorbereitet, und es tritt keine größere Krise ein.
  • Mögliche Szenarien
  • Der erste und der vierte Fall, argumentiert Martenson, nehmen sich nichts: In beiden Fällen hat man das Richtige getan. Daher lässt sich das Dilemma auf die Frage reduzieren, welcher Irrtum einem lieber wäre: der Fall 2 oder der Fall 3. Wenn man sich auf eine Krise vorbereitet hat, die dann nicht eintritt, steht man ein bisschen dumm da und hat möglicherweise ein paar Euro nutzlos ausgegeben. Das wäre vielleicht etwas peinlich, aber nicht wirklich gefährlich. Der dritte Fall hingegen, dass eine größere Krise eintritt und einen unvorbereitet erwischt, könnte der Firma das Genick brechen. Es wäre demnach selbst dann sinnvoll, in Krisenprävention und Resilienzentwicklung zu investieren, folgert Martenson, wenn man nicht restlos davon überzeugt ist, dass wir uns auf eine größere Krise zubewegen.

  • Welcher Fehler wäre uns lieber?
  • Diese Überlegung lässt sich weiter differenzieren. Aus der Tatsache, dass die beschriebenen vier Fälle möglich sind, folgt ja nicht, dass alle vier Fälle gleich wahrscheinlich sind. Die Schlüsselfrage ist also, wie wahrscheinlich es ist, dass es trotz der diversen möglichen "Game Changer" und trotz der zahlreichen "Finger der Instabilität" in den nächsten fünf bis zehn Jahren zu keiner größeren Krise kommt. Auch wenn man hier viele Argumente für und wider anführen kann, ist das letztlich eine Glaubensfrage.

  • Mehr als eine Glaubensfrage
  • Bei der Entscheidung für den einen oder den anderen Glauben sollte man allerdings darauf achten, nicht bloß eine unbewusste Extrapolation der Vergangenheit vorzunehmen. Auch wenn es stimmt, dass bislang, wenigstens für uns in Mitteleuropa, (fast) alles gut gegangen ist, lässt sich daraus nicht ableiten, dass wir immun gegen die Gefahren wären, die der Weltwirtschaft sowie dem Lebensraum Erde von den unterschiedlichsten Risikoquellen drohen. Sonst ergeht es einem möglicherweise wie Nassim Talebs Truthahn, der bis zum Tag vor Thanksgiving fest davon überzeugt ist, dass der Mann, der täglich kommt und ihn füttert, sein Freund und Wohltäter ist, von dem er nichts zu befürchten hat. Wer trotz der aufgehäuften Risiken keine Notwendigkeit zur Krisenprävention sieht, sollte daher zumindest dazu in der Lage sein, sich und anderen zu erklären, woher er seine Zuversicht nimmt.

  • Vorsicht vor der Extrapolation!
  • Selbstschutz gegen Ex-Post-Prognosen

     

    Aus Vorstands- oder Geschäftsführungsperspektive kommt dabei noch ein anderer Gesichtspunkt ins Spiel, nämlich der des Timings: Da ja jedes neue Projekt in Konkurrenz zu allen anderen Projekten steht, gibt es natürlich die Verlockung, bei allem, was nicht absolut dringlich ist, "Jetzt nicht, vielleicht später!" zu sagen. Das Dumme ist nur, dass niemand weiß und niemand wissen kann, wann die Krise zuschlägt – so sie denn kommt. Das Verschieben auf Später kann also noch lange gut gehen; es könnte aber auch sehr schnell gehen. Es besteht also die Gefahr, dass aus dem "später" irgendwann ein "zu spät" wird.

  • Der richtige Zeitpunkt
  • Aufsichtsräte, Eigentümer und Analysten haben das Privileg der Ex-Post-Prognose: Sie sind kraft Amtes dazu befugt, im Nachhinein bereits eingetretene Ereignisse "vorherzusagen". Da sie die Entscheidungen des Managements im Rückblick beurteilen, ist es für sie leicht, die Anstrengungen für ein proaktives Krisenmanagement als unnötig oder übertrieben zu kritisieren, wenn – ja, wenn keine Krise eingetreten ist. Daraus gibt sich ein Anreiz für die verantwortlichen Manager, die Finger von Aktivitäten zu lassen, die bei den Aufsehern zu Stirnrunzeln führen könnten, weil sie ihnen zu "alarmistisch" erscheinen.

    Allerdings muss man sich darüber klar sein, dass solche Ex-Post-Prognosen in alle Richtungen möglich sind: Sollte eine Krise eingetreten sein, wird es im Nachhinein viele geben, die diese Krise für unausweichlich erklären und sie angeblich schon lange kommen sahen. Das heißt, dann würde die kritische Frage lauten: "Warum haben Sie das Ihnen anvertraute Unternehmen nicht besser auf mögliche Krisen vorbereitet?" Letztlich stehen Sie also auch hier vor der Chris-Martenson-Frage, welchen Fehler Sie im Falle des Falles lieber gemacht hätten.

  • Ex-Post-Prognosen
  • Fassen wir zusammen. Ein unternehmerischen Resilienz-Trainingsprogramm bringt Ihnen einen vierfachen Nutzen: Erstens ein krisenfesteres Unternehmen. Zweitens mit hoher Wahrscheinlichkeit einige sofort umsetzbare Verbesserungen: Auch wenn das nicht planbar ist, sollte angestrebt werden, dass sich das gesamte Resilienzprogramm aus diesen Sofortmaßnahmen finanziert. Drittens eine wachsamere, kompetentere und selbstbewusstere Führungsmannschaft und Belegschaft. Denn der größte Stress entsteht nicht aus Bedrohungen, denen wir ins Auge gesehen und für die wir uns eine Strategie zurechtgelegt haben, sondern aus denen, die wir dumpf ahnen und von denen wir wissen, dass wir verdammt schlecht auf sie vorbereitet wären. Und viertens eröffnet Ihnen eine gesteigerte Resilienz die Chance, dank der guten Vorbereitung in einer Krise neue Wettbewerbsvorteile zu entwickeln und  Marktanteile von behäbigeren Konkurrenten zu gewinnen.

  • Vierfacher Nutzen
  • Literatur:
    Buchanan, Mark (2000): Ubiquity – Why Catastrophes Happen

    Heinberg, Richard (2011): The End of Growth – Adapting to Our New Economic Reality

    Martenson, Chris (2011): The Crash Course – The Unsustainable Future Of Our Economy, Energy, And Environment

    Reinhart, Carmen M.; Rogoff, Kenneth S. (2009): This Time Is Different – Eight Centuries of Financial Folly

    Senge, Peter u.a. (2011): Die notwendige Revolution – Wie Individuen und Organisationen zusammenarbeiten, um eine nachhaltige Welt zu schaffen

    Stelter, Daniel u.a. (2013): Die Billionen-Schuldenbombe – Wie die Krise begann und weshalb sie noch lange nicht zu Ende ist

    Tetlock, Philip E.; Gardner, Dan (2015): Superforecasting – The Art and Science of Prediction

     


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