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Neubeginn: Nicht schon wieder! |
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Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung |
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In vielen Unternehmen reagieren Mitarbeiter und Führungskräfte
inzwischen allergisch, wenn sie das Wort "Neubeginn" auch nur hören.
Sie haben schon so viele "Neuanfänge" im Sande verlaufen
sehen, dass diese Worte bei ihnen nur noch ein ärgerliches Dejà-vu-Erlebnis
auslösen. Infolgedessen ist ihre Reaktion auf solche Ankündigungen
– oft zum Unverständnis des Managements – nicht Begeisterung, sondern
Frustration, Ärger und Überdruss. |
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Für neue Vorstände und Berater neigen zuweilen zu dem Glauben, die Geschichte des Unternehmens beginne im Grunde erst mit ihrem Eintritt in dieselbe. Für sie ist es verlockend, am Beginn eines großen Veränderungsvorhabens
einen Neuanfang auszurufen. Was auch immer in der Vergangenheit
war, es soll ein Schlussstrich unter alle Kämpfe, Debatten und
Grabenkriege gezogen und ein neuer Anfang gemacht werden. Was für
sie den Charme hätte, dass sie sich mit all den alten Geschichten nicht
mehr zu befassen brauchten. |
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Den Angesprochenen fällt das Ziehen eines Schlussstrichs nicht
ganz so leicht: Niederlagen, Verletzungen und
Enttäuschungen sind Bestandteil der
eigenen Geschichte; sie lassen sich nicht wegwischen, sondern gehen
unvermeidlich als "Altlasten"
in jeden neuen Veränderungsprozess ein. Doch auch Erfolge, Ergebnisse
und Vereinbarungen, die nach langen Auseinandersetzungen schließlich
errungen wurden, will sich niemand so ohne Weiteres aus der Hand
nehmen lassen. All dies einfach für überholt zu erklären, wird von
vielen engagierten Mitarbeitern als unzulässiger Übergriff empfunden. |
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Erinnerung an zurückliegende Enttäuschungen |
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Trotzdem würden über den ersten Neuanfang die meisten Mitarbeiter
und Führungskräfte noch mit sich reden lassen, insbesondere wenn
klar ist, dass die Lage des Unternehmens dies notwendig macht. In
einer schwierigen Gesamtsituation sind die meisten durchaus bereit,
über ihren Schatten zu springen, Erreichtes und Verfehltes glattzustellen
und einen neuen Anfang zu wagen. |
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Doch beim dritten Neubeginn lässt die Aufgeschlossenheit auch bei
den Gutwilligsten spürbar nach, und spätestens beim fünften folgen
nur noch ärgerliche, zynische und sarkastische Reaktionen – insbesondere, wenn
diese Neuanfänge von Personen ausgerufen werden, die mit der
Vorgeschichte nicht
vertraut sind und sich auf diese Weise lediglich "eine fruchtlose
(sprich: mühsame) Beschäftigung damit ersparen wollen". |
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Wenn Sie daher für ein größeres Veränderungsvorhaben verantwortlich
sind, überlegen Sie sich deshalb dreimal, ob Sie dafür Worte in
den Mund nehmen wollen, die mit "Neu..." beginnen. Verwenden Sie
solche volltönenden Verheißungen nur, wenn Sie mit der Vorgeschichte vertraut sind und wissen, dass der Wunsch nach einem Neubeginn nicht
nur Ihren Bedürfnissen entspringt, sondern
einer Grundstimmung im Unternehmen. |
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Und seien Sie sich bewusst, dass Sie mit der Wahl dieser Worte
zusätzliche Verantwortung übernehmen. Denn wenn Sie einen Neubeginn
versprechen, müssen Sie ihn um Ihrer Glaubwürdigkeit
willen auch liefern. Das beginnt damit, dass Sie selbst mit unguten
Traditionen aus der Vergangenheit brechen. Denn sonst produzieren
Sie Enttäuschungen,
Konflikte und tragen zur weiteren Entmutigung der Belegschaft bei. Wobei
oftmals schwer zu erraten sind, welche Erwartungen Mitarbeiter und
Management mit einem Neubeginn verbinden – sodass die erhebliche
Gefahr von Fehldeutungen und daraus erwachsenden Enttäuschungen besteht. |
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Überlegenswert ist deshalb, solche Begriffe, wenn überhaupt, erst
im Nachhinein zu verwenden. Wenn Sie nach vollbrachter Tat bilanzierend
feststellen: "Das war in vieler Hinsicht ein Neubeginn", dann beziehen
Sie sich erstens auf Dinge, die tatsächlich erreicht worden sind,
und zweitens bringt das "in vieler Hinsicht" zum Ausdruck, dass
eben nur manches, aber nicht alles, Gegenstand des Neubeginns war,
dass also auch manche guten Dinge bewahrt und erhalten worden sind. |
Rückblickende Betrachtung |
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© 2002 Winfried Berner / letzte Revison 2.12.2017 – vollständige oder auszugsweise Wiedergabe, gleich in welcher Form, honorarpflichtig und nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung / Zitate im üblichen Umfang mit Quellenangabe gemäß wiss. Zitationsregeln zulässig. Näheres siehe Nutzungsbedingungen. |
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