Die Umsetzungsberatung

Methoden der Veränderung

Interventionsformen: Wie der Moderator den Gruppenprozess steuern kann

 

Aufgabe des Moderators ist es, den Ablauf eines Workshops oder eines Meetings zu steuern. Das umfasst nicht nur die inhaltliche und zeitliche Struktur, sondern auch den Gruppenprozess. Hier finden Sie zwölf grundlegende Interventionsformen, die Ihnen dabei helfen.

  • Zwölf Moderations-werkzeuge
  • Als "Interventionen" bezeichnet man etwas hochtrabend die Impulse, die ein Moderator "in die Gruppe eingibt", um den Gruppenprozess zu steuern. Nun denn - hier ein Basisreportoire der wichtigsten "Interventionsformen" oder, was auch sehr gut klingt, "Interventionstechniken":

     
    • Gestaltung der Rahmenbedingungen. Dass der äußere Rahmen, in dem eine Veranstaltung stattfindet, einigen Einfluss auf dessen Atmosphäre und Produktivität hat, wird häufig gesagt - aber auch häufig missachtet. In erster Linie geht es um die Wahl des Ortes und Raums sowie um das "Setting", also zum Beispiel Aufbau von Tischen und Stühlen. Aber auch so banale Sachen wie funktionierende Stifte und ausreichend Blätter für die Flipcharts, Nadeln für die Pinnwände etc. gehören dazu, und zwar bei Bedarf auch in den Arbeitsgruppenräumen.
  • Gestaltung der Rahmen-bedingungen
    • Einstimmung der Teilnehmer. Ein Workshop wird um so schneller produktiv zu arbeiten beginnen, je besser die Teilnehmer vorbereitet sind - fachlich, aber auch innerlich. Das heißt einerseits, dass der Moderator dafür sorgen sollte, dass die Teilnehmer notwendige Vorbereitungsunterlagen rechtzeitig bekommen haben. Es heißt andererseits, die Teilnehmer zu Beginn des Workshops "abzuholen" und noch einmal auf die Ziele und den groben Ablauf des Workshops einzustimmen.
      Das ist wichtiger als es scheint, denn die Realität in vielen Unternehmen und Verwaltungen ist: Die Teilnehmer hetzen von Besprechung zu Besprechung, wobei ihnen längst nicht immer präsent ist, worum es bei dem jeweiligen Meeting geht. Sie haben sich zwar die Uhrzeit und den Ort aufgeschrieben, aber längst nicht immer auch das Ziel der Besprechung. Das heißt, sie hören am Anfang erst einmal rein und reden dann mit - und werden nach einer Weile unruhig, wenn es auf das geplante Ende der Besprechung und den Beginn des nächsten zugeht. Das heißt, wenn das Ziel am Anfang nicht klar benannt wird, besteht die Gefahr einer unfokussierten, sich verzettelnden Diskussion, und es wird zugleich schwerer, vom Thema abschweifende Redebeiträge einzufangen.
  • Einstimmung
    • Aktivierungsfragen. Um den Einstieg in ein Thema zu erleichtern, ist oftmals eine aktivierende Frage hilfreich. Sie muss sinnvoll und einleuchtend sein, darf nicht trivial sein, aber auch nicht zu komplex, damit sie ohne Anlaufschwierigkeiten beantwortet werden kann. Die ersten Antworten ziehen dann weitere nach sich, und das Eis ist gebrochen. Wenn Sie damit nicht viel Übung haben, ist es sinnvoll, solche Fragen vorzubereiten.
  • Aktivierung
    • Zuspitzen, Provozieren, Polarisieren. Wenn die Diskussion zu behäbig verläuft oder sich zu schnell auf eine wenig durchdachte Lösung verengt, kann der Moderator auf unterschiedliche Weise etwas "aufmischen" - etwa dadurch, dass er ein Gegenbeispiel bringt, implizite Annahmen in Frage stellt, kritische Zitate von Mitarbeitern oder Kunden einbringt oder gegensätzliche Positionen aufzeigt ("Die einen sagen, dass ... - die andern sagen, dass ..."). Provozierende Fragen möglichst nicht mit dem Hinweis einleiten: "Ich will mal eine provozierende Frage stellen ..." Denn sonst nimmt man den Pfeffer, den man in die Diskussion streuen würde, von Anfang an wieder heraus.
  • Zuspitzen
    • Methodenwechsel. Manchmal ist aus einer Diskussion einfach die Luft raus, sodass auch keine Aktivierung oder Provokation mehr hilft. In solchen Fällen ist (neben einer Pause) oftmals ein Methodenwechsel angezeigt: zum Beispiel der Wechsel in Arbeitsgruppen, der Einsatz von Kreativitätstechniken oder, wenn die Gruppe dafür zu gewinnen ist, auch gestalterischen Techniken. Wenn dem Moderator keine geeignete Methode einfällt, kann er die Frage durchaus auch an die Gruppe richten.
  • Methoden-wechsel
    • Bremsen, Dämpfen. Wenn die Diskussion "überkocht", weil alle gleichzeitig reden und niemand mehr zuhört, bringt es in der Regel nichts, sofort zu intervenieren, weil man dafür zuerst einmal die geballte Energie der Gruppe niederringen müsste. Besser ist, zu warten, bis sich die Teilnehmer ein wenig ausgetobt haben, und dann mit ruhiger Stimme und eher bedächtiger Sprechweise eine Zwischenzusammenfassung zu geben und/oder einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen zu machen.
  • Bremsen, Dämpfen
    • Zwischenzusammenfassungen. Schlicht und mit kurzen Worten den Stand der Diskussion wiederzugeben, ist unspektakulär, aber äußerst wirkungsvoll – und leider anstrengend. Es ist eine der wertvollsten Interventionen überhaupt, denn es hilft der Gruppe, sich neu zu sortieren und zu überprüfen, wo sie eigentlich steht und wie sie weiter vorgehen will. Auch eine gute Methode, um unaufdringlich aus Nebengleisen wieder aufs eigentliche Thema zurückzuführen.
  • Zusammen-fassungen
    • Entschärfen, Deeskalieren. Wenn die Diskussion hitzig wird und sich zunehmend unfreundliche Töne beimischen, sollte der Moderator frühzeitig intervenieren, damit die Sache nicht aus dem Ruder läuft (siehe auch Stichwort Fairness). Wer Hitzigkeit reduzieren will, sollte nicht mit Hitzigkeit oder Schärfe intervenieren, auch keine ausgesprochenen oder unausgesprochenen Vorwürfe an die Gruppe oder an einzelne Teilnehmer (Message: "Ihr macht das ganz falsch!") richten. Empfehlenswert ist hier das Hervorheben von Gemeinsamkeiten; ebenfalls wichtig ist, auf eine ruhige und freundliche, aber feste Stimme und eine eher bedächtige Sprechweise zu achten.
  • Entschärfen
    • Integrierende Zusammenfassung. Wenn sich die Diskussion sehr polarisiert, ist eine Möglichkeit der Deeskalation, in einer Zwischenzusammenfassung die Gemeinsamkeiten hervorzuheben, die zwischen den beiden Positionen unbemerkt bestehen: "Trotz aller Punkte, die wir noch ausdiskutieren müssen, habe ich den Eindruck, dass wir uns in drei Punkten einig sind: ..."
  • Zusammen-führen
    • Auszeit / Unterbrechung. Wenn sich die Sache zugespitzt hat und sich persönliche Auseinandersetzungen zwischen einzelnen Teilnehmern zu entwickeln drohen, kann es sinnvoll sein, eine Unterbrechung vorzunehmen (unter dem Vorwand einer Kaffee- oder Lüftungspause oder ohne explizit "zur Beruhigung"), damit sich die Gemüter wieder etwas abkühlen. Unter Umständen ist es sinnvoll, die Hauptkonkurrenten in der Pause direkt anzusprechen und diskret zu "ermahnen".
  • Auszeit, Unterbrechung
    • Polarisierende Zusammenfassung. Das Gegenteil der vorherigen Intervention. Wenn die Diskussion zu harmoniebetont und konfliktvermeidend vor sich hinplätschert, kann ein Hervorheben der strittigen Punkte etwas Leben in die Bude bringen: "Wir sind uns offenbar einig, dass ... Unterschiedliche Sichtweisen scheint es aber zu folgenden Punkten zu geben: ..." Oder: "Wenn ich es richtig sehe, vertreten hier die einen den Standpunkt, dass wir X machen sollten, während die anderen X auf keinen Fall wollen."
  • Polarisieren
    • Direktes Ansprechen des Prozessproblems (als Aussage oder als Frage). "Ich habe den Eindruck, dass wir seit einer Weile einen Bogen um das Thema XY machen." bzw.: "Kann es sein, dass wir ...?" Im einen Fall bekennt der Moderator Farbe, im anderen nimmt er sich etwas mehr zurück – von der Prozesswirkung her ist Letzteres oftmals günstiger, weil es die Aufmerksamkeit weniger auf die Sichtweise des Moderators zieht. Wenn schon Farbe bekennen, dann direkt und ohne Subjektivierung: "Meine Damen und Herren, mir scheint, Sie reden seit einer Weile um das Thema XY herum!"
  • Prozessproblem ansprechen
    • Metakommunikation heißt: Wir reden darüber, wie wir miteinander reden. Das sollte man nicht zu häufig tun, weil es sonst mehr nervt als nützt. Doch es gibt Situationen, in denen es ausgesprochen hilfreich ist, zum Beispiel dann, wenn die Diskussion keine Fortschritte mehr macht und ohne klar erkennbaren Grund eine Blockade da ist. Metakommunikation, obwohl mit gewissem Recht als "des Moderators letzte Rettung" verschrieen, kann auch dazu dienen, die Gruppe mit einem Problem in der Zusammenarbeit zu konfrontieren, das der Moderator alleine nicht heilen kann.
  • Meta-
    kommunikation
  • Jede Intervention ist so gut oder so schlecht wie die "Diagnose", auf die sie sich stützt. Ein reiches Repertoire an Interventionstechniken gibt also noch lange nicht die Gewähr für eine gute Moderation – aber es beruhigt, und darüber hinaus hilft es, auf der Basis seiner Beobachtungen sinnvoll agieren zu können. Dennoch ist wichtiger als alle Methoden, dass der Moderator den Prozess aufmerksam, sensibel und ohne all zu viel "Ichhaftigkeit" beobachtet. Und dass er den Mut hat, entsprechend seiner Erkenntnisse dann auch zu handeln. Eine mutige Diagnose und eine sofortigen Intervention sind insbesondere auch dann wichtig, wenn es um das Thema Fairness geht. Denn hier kann sich der Moderator viel Stress sparen, wenn er zweifelhafte Sitten gar nicht erst einreißen lässt.

  • Entscheidend: die Qualität der Diagnose
  • Auch wenn die Kenntnis dieser und weiterer Interventionsformen nützlich ist, sollten sich Moderatoren durch sie nicht verführen lassen, damit sozusagen "die ganze Last der Welt auf die eigenen Schultern zu nehmen". Das heißt, sie sollten sich die alleinige Verantwortung für den Verlauf und die Ergebnisse des Gesprächs weder aufbürden lassen noch sie exklusiv an sich zu ziehen. Moderatoren haben zwar die primäre Verantwortung für den Prozess, aber nicht die alleinige. Deshalb sollten sie den "Rest der Gruppe" auch nicht aus ihrer Mitverantwortung entlassen, sondern diese Mitverantwortung auch einfordern.

  • Primäre, aber nicht alleinige Verantwortung

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