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Kundenbefragung: Aufbruchssignal mit Selbstverpflichtung |
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Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung |
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Ähnlich wie eine gut gemachte Mitarbeiterbefragung
ein starkes Signal nach innen ist, kann eine Kundenbefragung ein
starkes Signal nach außen sein. Sie liefert nicht nur Daten, sondern
lenkt die Aufmerksamkeit der Kunden auf die Themen, die Sie in den
Mittelpunkt Ihrer Befragung stellen. Damit weckt sie allerdings
auch Erwartungen, die Sie nicht ungestraft enttäuschen dürfen. Deshalb
ist es einerseits wichtig, Kundenbefragungen mit Bedacht einzusetzen,
andererseits sind die ein ausgezeichnetes dramaturgisches
Mittel, um ein Aufbruchssignal an den Markt zu senden.
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Vorsicht ist geboten, wenn Sie nur einige Marktdaten erheben
wollen, ohne damit die implizite Verpflichtung einzugehen, auf die
gewonnenen Erkenntnisse auch zu reagieren. In diesem Fall sollten
Sie von einer breit angelegten Kundenbefragung besser Abstand nehmen
und stattdessen lieber nur eine kleine, stichprobenartige Marktstudie
durchführen. Denn je breiter Sie die Befragung anlegen, bei umso
mehr Kunden entsteht zwangsläufig die Erwartung, dass sich bei den
abgefragten Schwerpunktthemen hinterher auch etwas ändert, und zwar
im Sinne der von ihnen geäußerten Wünsche. |
Befragung weckt Erwartungen |
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Kundenbefragung als Marketinginstrument |
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Dass eine Kundenbefragung Erwartungen weckt, ist jedoch nicht nur
ein potenzielles Problem, es ist zugleich eine unglaubliche Chance.
Denn oftmals möchte man ja genau dies erreichen: die Wahrnehmung
der Kunden beeinflussen und ihre Erwartungen verändern. Hierfür
ist eine Kundenbefragung geradezu das ideale Werkzeug. Mit keinem
anderen Kommunikationsinstrument können Sie so viel Aufmerksamkeit
auf die gewünschten Themen lenken. Klassische Instrumente der
Marktkommunikation wie Rundschreiben,
Broschüren, Anzeigen, Pressemitteilungen etc. erreichen oft nicht
einmal, dass Neuerungen vom Markt wahrgenommen
werden, geschweige denn, dass sie Aufmerksamkeit und Interesse auslösen.
Da ist es schon bemerkenswert, ein Instrument zu Verfügung zu haben,
das zu einer ernsthaften Beschäftigung der Kunden mit den gewünschten
Themen führt. |
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Allerdings muss mit diesem Instrument verantwortlich umgegangen
werden. Denn wenn sich vorgebliche Kundenbefragungen, wie in jüngster
Zeit immer häufiger zu erleben, als verkappter Verkaufsversuch entpuppen,
verlieren sie sehr rasch an Akzeptanz und werden damit als Kommunikationsinstrument
unbrauchbar. Wer mit solchen Tricks arbeitet, verbrennt jedoch nicht
nur das Instrument, sondern schadet auch seiner eigenen
Glaubwürdigkeit.
Denn er zeigt damit, dass er willens ist, um kurzfristiger Erfolge
willen mit dem Mittel der Manipulation zu arbeiten – also tut man
gut daran, vor ihm und seiner Firma auf der Hut zu sein. |
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Der große Vorteil seriöser Befragungen ist, dass sie eine aktive
Stellungnahme der befragten Kunden auslösen und nicht bloß eine
passive Kenntnisnahme der angebotenen Informationen, die oftmals
schon nach kurzem wieder vergessen ist. Das gilt schon für das Ausfüllen
eines Fragebogens, aber
erst recht und noch viel mehr für ein persönliches Interview. Dass
die Kunden aktiv Stellung nehmen, hat drei Vorteile: Erstens führt
es zu einer intensiven Beschäftigung mit den abgefragten Inhalten.
Zweitens bewirkt es, dass die Interviews, sofern die gestellten
Fragen einigermaßen sinnvoll und schlüssig sind, von den Befragten
in aller Regel positiv bewertet werden – schließlich steht ihre
eigene Sichtweise im Mittelpunkt. Und drittens weckt eine Befragung
immer auch ein Stück Neugier auf die Ergebnisse. Denn die meisten
Befragten finden es spannend, ihre eigene Sichtweise durch einen
Blick auf die Resultate mit der ihrer Kollegen (oder auch Konkurrenten)
abzugleichen. |
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Dies gibt Ihnen die Möglichkeit, den begonnenen Dialog in einem
zweiten Schritt fortzuführen, indem Sie eine Information über die
Befragungsergebnisse und die abgeleiteten Schlussfolgerungen anbieten.
So gut wie jeder Befragte wird an einer kurzen Zusammenfassung der
Resultate sowie einer Information über die vorgesehenen Veränderungen
interessiert sein. Das gilt schon bei schriftlicher Übermittlung,
aber erst recht bei einer persönlichen Rückmeldung, an die sich
natürlich kundenspezifische Vereinbarungen anschließen können. Wie
wirksam dieses Vorgehen ist und wie viel an Aufmerksamkeit und Interesse
man auf diese Weise erreicht, sieht man am besten im Kontrast zu
einem der üblichen Mailings:
"Werte Kunden, wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass wir
zu Ihrem Nutzen und Frommen die folgenden Verbesserungen vorgenommen
haben ..." |
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Befragung selber durchführen oder fremdvergeben? |
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Bevor Sie einen externen Dienstleister mit der Durchführung einer
Kundenbefragung beauftragen, denken Sie einen Augenblick darüber
nach, ob Sie eine solche Befragung nicht auch dazu nutzen möchten,
Veränderungsimpulse in Ihr Unternehmen hineinzutragen. Nach unserer
Erfahrung ist eine Kundenbefragung, die – ggf. unter fachkundiger Anleitung
– von den eigenen Leuten durchgeführt wird, ein hervorragendes Instrument,
um die Mitarbeiter auf glaubhafte und authentische Weise mit der
Kundensicht vertraut zu machen und bestehenden Handlungsdruck
zu verdeutlichen. (In dem zum Download verfügbaren Artikel
"Change Coaching" ist ein Fallbeispiel beschrieben.) |
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Natürlich gibt es Situationen, wo ein solches Vorgehen aus Mengen-
oder Kapazitätsgründen nicht durchführbar ist und Ihnen gar keine
andere Wahl bleibt als die Vergabe an ein externes Beratungs- oder
Marktforschungsunternehmen. Doch oftmals sind beide Wege gangbar.
Dann ist die entscheidende Frage: Wollen Sie in erster Linie bestmögliche
Daten (bzw. die Illusion davon) in perfekter Aufbereitung als Entscheidungsgrundlage
für das Management oder wollen Sie primär neue Erfahrungen und Erkenntnisse
in Ihre Belegschaft hineintragen, um einen bevorstehenden Veränderungsprozess
vorzubereiten? |
Abwägung zwischen Perfektion und Innenwirkung |
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Wenn es Ihnen um bestmögliche Daten in professioneller Aufbereitung
geht, ist externe Marktforschung wohl der bessere Weg – wenn Sie
hingegen wollen, dass Ihre Mitarbeiter die Sichtweise der Kunden
aus erster Hand kennen lernen und dadurch auf völlig neue Gedanken
in Bezug auf Markt und Wettbewerb kommen, dann lohnt es sich, gewisse
formale Abstriche in Kauf zu nehmen und – möglicherweise unter Anleitung
eines erfahrenen Beraters
– Marktforschung auf eigene Faust zu betreiben. Zwar macht es Eindruck,
wenn professionelle Marktforscher die Ergebnisse
einer Kundenbefragung eloquent und farbenprächtig darstellen,
doch eine Tiefenwirkung, die das Denken
der Mitarbeiter verändert und damit die Unternehmenskultur
ein Stück weiter entwickelt, ist auch durch eine noch so eindrucksvolle
Präsentation kaum zu erreichen. |
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Sie denken gerade über die Verbesserung der Kundenorientierung in Ihrem Unternehmen nach oder planen bereits ein entsprechendes Projekt? Oder haben eine verwandte Fragestellung, zu der Sie fachkundige Unterstützung oder eine kompetente Hintergrund-Beratung suchen? Dann sprechen Sie uns gerne an!
Link zum Kontaktformular
oder direkte Mail an w.berner(at)umsetzungsberatung.de
oder Telefon +49 / 9961 / 910044
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Wir unterstützen Sie gern!
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Befragung selber durchführen oder fremdvergeben? |
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Für eine Kundenbefragung mit den eigenen Mitarbeitern ist ein Stück
Vorbereitung erforderlich. Das betrifft zunächst die Wahl der Vorgehensweise.
Sofern es Ihre Kundenstruktur zulässt, sind persönliche oder zur Not telefonische Interviews die Methode
der Wahl. Denn nur so entstehen authentische Erfahrungen aus erster
Hand. Bei einer schriftlichen Befragung hätten die Mitarbeiter ja
nicht direkt mit dem Kunden zu tun, sondern nur mit der Gestaltung
und Auswertung der Fragebögen
– und das sind Aufgaben, die man besser Spezialisten überlässt,
zumal sie kein großes Erkenntnispotenzial für die Weiterentwicklung
des Unternehmens enthalten. |
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Die Kundeninterviews sollten als "teilstrukturierte Interviews"
angelegt werden. Das heißt, es gibt einen Interviewleitfaden, der
dem Gespräch Struktur gibt und hinterher eine vergleichende Auswertung
ermöglicht, doch die Interviewer sollten, statt bloß sklavisch den
Fragebogen abzuarbeiten, den Freiraum (und den Auftrag!) haben,
der Sichtweise des Kunden nachzuspüren. |
Teilstrukturierte
Interviews
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Die Fragen müssen nicht
im Wortlaut ausformuliert sein und brauchen – im Gegensatz zu einer
wissenschaftlichen Untersuchung – auch nicht in jedem Interview
in der exakt gleichen Formulierung dargeboten werden, doch muss
gewährleistet sein, dass jeder Interviewer zumindest die gleichen
Leitfragen verwendet. Sehr viel wichtiger als die genaue Formulierung
ist, dass die gestellten Fragen aus Sicht der befragten Kunden sinnvoll und gut beantwortbar sind. Dazu müssen sie aus Kundenperspektive gedacht sein und sich
auf für die Kunden wesentliche Aspekte beziehen. Um dies zu gewährleisten,
sollte bei der Entwicklung der Fragen jemand mitwirken, der Erfahrung
mit Befragungen hat. |
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Was die Interviewtechnik betrifft, so ist das
Wichtigste, dass die Interviewer mit einer neugierigen, explorativen Grundhaltung
an die Gespräche herangehen. Das fällt Internen oftmals schwer,
weil sie bei kritischen Anmerkungen des Kunden leicht in die Versuchung
geraten, sich und ihr Unternehmen zu rechtfertigen, zu entschuldigen
oder "den wahren Sachverhalt zu erklären". |
Neugierige, explorative Grundhaltung |
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Insbesondere Mitarbeiter
aus dem Vertrieb können es oft kaum ertragen, kritische Hinweise
des Kunden einfach aufzunehmen, ohne sie in irgendeiner Weise "zurechtzurücken".
Wenn der Kunde aber den Eindruck bekommt, dass der Interviewer kritische
Aussagen nicht hören will, wird er sie entweder – seltener – verstärken
oder aber – häufiger – solche Themen nur noch andeuten, insgesamt
aber immer einsilbiger antworten, weil seine Motivation für das
Interview dahinschwindet. Damit jedoch werden die Interviews nutzlos
und können im schlimmsten Fall sogar kontraproduktiv wirken. |
Kritische Antworten aushalten |
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Ein bisschen Schulung ist daher zweckmäßig, damit die Interviewer
lernen und akzeptieren, dass ihre Aufgabe ausschließlich darin besteht,
die Sichtweise des Kunden möglichst genau zu verstehen – völlig
gleichgültig, ob die Kunden mit ihren Aussagen Recht oder Unrecht
haben. damit sie weiter erkennen, dass sie nichts Neues erfahren,
solange sie selber reden. Und dass jedes Abgleiten in Belehrung,
Rechtfertigung oder "Erläuterung" zum sicheren Verlust wertvoller
Informationen führt. Falls ein Kunde wirklich konkrete Fragen stellen und auf eine Antwort drängen sollte, kann man immer sagen: "Ich will Ihnen jetzt keine voreilige Antwort geben. Deshalb notiere ich mir Ihre Frage und komme in den nächsten Tagen auf sie zurück. Ist das für Sie in Ordnung?"
Weiter sollten sie eine Einführung in die Interviewtechnik bekommen, damit sie
die nötigen Fragestrategien beherrschen, um ihren Interviewpartnern
nicht nur allgemeine und abstrakte, sondern möglichst konkrete und
handfeste Antworten zu entlocken. Sofern bei den Kunden ranghohe
Personen befragt werden, ist es ratsam, die
Interviewer von einem Mitglied der Geschäftsleitung oder des oberen Managements begleiten zu lassen. |
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Wie Sie vorgehen können, um die Kultur Ihres Unternehmens gezielt zu verändern, erfahren Sie in meinem Buch "Culture Change – Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil" (Schäffer-Poeschel 2. erweiterte Auflage 2019). Es vermittelt Ihnen praxiserprobte Strategien zur Kulturveränderung und zeigt Ihnen, worauf es ankommt, um die Weiterentwicklung Ihrer Unternehmenskultur nicht nur erfolgreich zu starten, sondern sie über alle Fallstricke hinweg zu einem dauerhaften Erfolg zu führen.
Mehr über "Culture Change – Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil"
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Von den Interviews zum "Lernen der Organisation" |
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Nachdem jeder Interviewer seine ersten Gespräche geführt hat, ist
es sinnvoll, sich noch einmal zusammenzusetzen und Erfahrungen auszutauschen:
Nicht nur über die ersten Erkenntnisse (was natürlich besonders
spannend ist), sondern auch darüber, welche Fragen und Vorgehensweisen
sich bewährt haben und wo es möglicherweise nicht optimal funktionert hat.
Hier ist auch die letzte Gelegenheit, den Interviewleitfaden noch
einmal zu überarbeiten, um sicherzustellen, dass die Fragen aus
Sicht der Befragten schlüssig sind – und dass alle Interviewer tatsächlich
die gleichen Themen abdecken. |
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Bei der Auswertung ist wichtig, strikt zu trennen zwischen der
beschreibenden Wiedergabe der Kundensicht einerseits und Bewertungen,
Interpretationen und Schlussfolgerungen andererseits. Dafür ist
es nützlich, wenn man in den Interviews viel mitgeschreibt.
Eine bewährte, wenn auch zeitaufwändige Methode der Auswertung ist,
zunächst alle Zitate, die sich auf ähnliche Themenschwerpunkte beziehen,
zusammenzustellen, und dann in einem zweiten Schritt Überschriften
für diese Zitate-Cluster zu suchen, die deren Kernaussage möglichst
treffend wiedergeben. Erst in einem dritten Schritt folgt die Bewertung,
die sich an folgenden Leitfragen orientieren kann: Was sind unsere
zentralen Erkenntnisse aus den Interviews? Wie bewerten und interpretieren
wir diese Erkenntnisse? Welche Schlussfolgerungen sollten wir daraus
ableiten? |
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Wenn die Resultate der Befragung schließlich vorliegen, sollten
sie natürlich nicht nur der Geschäftsleitung vorgestellt werden,
sondern möglichst allen Beschäftigten, und zwar durch die Mitarbeiter,
die die Befragung durchgeführt haben. (Natürlich haben die Interviewer
ihren Kollegen bis dahin schon einiges aus den Gesprächen erzählt.
Doch das schadet überhaupt nichts.) Daran müssen sich Workshops
anschließen, die sich mit den abzuleitenden Ergebnissen und Schlussfolgerungen
beschäftigen. Je mehr Mitarbeiter daran beteiligt werden sollen,
desto mehr lohnt es sich zu überlegen, ob dies in Form eine Großgruppenkonferenz durchgeführt
werden soll. |
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Wie eingangs erwähnt, sollten unbedingt auch die Kunden eine Rückmeldung
über die Ergebnisse der Befragung erhalten. Je nach deren Anzahl
und Zusammensetzung kann dies entweder über direkte Gespräche erfolgen
oder über geeignete Veranstaltungen oder zur Not auch über eine
schriftliche Zusammenfassung. Ein schriftlicher Kurzbericht alleine
ist etwas mager, als Ergänzung ist er aber in jedem Fall zu empfehlen.
Unter Umständen lässt sich aus diesem Bericht sogar ein eigenes
Marketing-Instrument machen – wie bei einem unserer Kunden, der
die Ergebnisse seiner Kundenbefragung unter dem eigenwilligen, aber
einprägsamen Titel "Sehen Sie mal, wie Sie uns sehen" als Broschüre
gedruckt und verbreitet hat. |
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Sie stehen vor der Frage, wie Sie die Kundenorientierung Ihres Unternehmens konsequent weiterentwickeln können, damit sie den strategischen Erfordernissen Ihres Geschäfts besser entspricht? Dann ist der Workshop "Konsequente Kundenorientierung" im engsten Kreise Ihres Top-Managements der sinnvolle nächste Schritt.
Mehr zu dem Management-Workshop "Konsequente Kundenorientierung"
oder direkte Mail an w.berner(at)umsetzungsberatung.de
oder Telefon +49 / 9961 / 910044 |
Management-Workshop Kundenorientierung |
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© 2002, 2003 Winfried Berner / letzte Revison 2.12.2017 – vollständige oder auszugsweise Wiedergabe, gleich in welcher Form, honorarpflichtig und nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung / Zitate im üblichen Umfang mit Quellenangabe gemäß wiss. Zitationsregeln zulässig. Näheres siehe Nutzungsbedingungen. |
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