Die Umsetzungsberatung

Rezensionen

Irreführender Titel, nachlässige Nicht-Edition

Adler, Alfred (2018):

Heilen und Bilden



e-artnow; 96 Seiten; 5,80 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 2 / 6

Rezensent: Winfried Berner, 06.07.2019

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Achtung! Ein Buch mit dem Titel "Heilen und Bilden" gibt es unter Alfred Adlers Werken nicht – es gibt nur einen 1914 erstmals erschienenen Sammelband gleichen Titels, herausgegeben von Alfred Adler und Carl Furtmüller.

Doch um genau jenen Sammelband von 1914, in dem, so der Untertitel, "Ärztlich-pädagogische Arbeiten des Vereins für Individualpsychologie" versammelt sind, handelt es sich hier nicht! Stattdessen enthält dieses Bändchen nur die 19 Artikeln von Alfred Adler aus jenem Sammelband – alle übrigen Artikel des fast 400 Seiten umfassenden Werks fehlen ebenso wie jegliche editorische Einordnung der Texte. Insofern ist der Titel grob irreführend.

Darüber könnte man vielleicht hinwegsehen, wenn wenigstens die Zusammenstellung der Artikel in einem sinnvollen Zusammenhang stünde und halbwegs zu dem Titel passte. Aber davon kann keine Rede sein: Das Spektrum reicht von "Die Theorie der Organminderwertigkeit und ihre Bedeutung für Philosophie und Psychologie" über "Der psychische Hermaphroditismus im Leben und in der Neurose" und "Ein Beitrag zur Psychologie der ärztlichen Berufswahl" bis zu "Schädigung des 'Lieblingskindes' und des 'Aschenbrödels'" – großteils recht spezielle Abhandlungen, die eher für Forscher von Interesse sind.

Dieser chaotische Eindruck entsteht auch dadurch, dass die Dreiteilung des Sammelbands – ich beziehe mich hier auch das Fischer-Taschenbuch von 1973, das ich mir inzwischen besorgt habe – weggelassen wurde. In der Fischer-Edition waren die Artikel in die drei Abschnitte "Zur Theorie der Persönlichkeit und der Neurose", "Erhebungen und Falldarstellungen" und "Erziehen und Heilen" gegliedert und um zahlreiche Texte anderer individualpsychologischer Autorinnen und Autoren ergänzt. In diesem Bändchen werden Adlers Artikel einfach kommentarlos und unsortiert nacheinander wiedergegeben.

Ich sehe keine Zielgruppe, für die dieses Sammelsurium von Nutzen sein könnte, zumal nicht einmal die Erscheinungsjahre der Artikel genannt werden, geschweige denn eine Einordnung der einzelnen Arbeiten in die Entwicklung von Alfred Adlers Denken vorgenommen wird. Da stört es schon kaum noch, dass die Schriftgröße ein Härtetest für jede Lesebrille ist und der Satzspiegel fast bis zum Rand ausgeschöpft wurde. (Allerdings ist das Fischer-Taschenbuch kaum besser lesbar.)

Mit dieser Art von Sekundärverwertung hat der Verlag weder der Individualpsychologie und dem Andenken Alfred Adlers einen Dienst erwiesen noch seinem eigenen Ansehen. Und ein geschäftlicher Erfolg wird es wohl auch nicht werden: Ich denke, viele enttäuschte Käufer werden es mir gleichtun und das Buch zurückschicken.

Schlagworte:
Individualpsychologie

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