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Der Lebenskampf eines Försters für den Wald

Lieckfeld, Claus-Peter (2006):

Tatort Wald

Von einem, der auszog, den Forst zu retten. Klimawandel und kranke Umwelt – was die Jagdlobby mit kaputten Wäldern zu tun hat

Westend (Frankfurt); 244 S.; 19,90 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 10 / 9

Rezensent: Winfried Berner, 24.12.2006

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Ein ausgesprochen empfehlenswertes Buch für alle Natur- und Waldfreunde, das auf ausgesprochen spannende Art fundiertes, aber auch erschreckendes Wissen über das Verhältnis von Wald und Wild vermittelt sowie darüber, dass das Thema ein Politikum ist.

Wenn wir als Laien im Wald spazieren gehen, genießen wir das frische Grün und die gute Luft – und bemerken meist gar nicht, dass wir durch ein bis auf Mannshöhe kahlgefressenes Terrain gehen. So leicht es ist zu sehen, was da ist, so schwer ist es zu erkennen, was nicht da ist, und noch schwerer ist zu verstehen, warum es nicht da ist. Am Waldboden wachsen Gräser, Farne, einige Sträucher, doch was wir in aller Regel nicht sehen, weil es nicht mehr da ist, ist alles, was dem Rotwild schmeckt. Die Tragweite dieser Feststellung bedeutet einen kleinen Knacks in unserem romantischen Bild von der heilen Waldwelt: Wild und Wald leben keineswegs in friedlicher Eintracht; vielmehr lebt das eine von dem anderen, mit der Folge, dass ein Zuviel von dem einen ausgesprochen schlecht für das andere ist, weil zu hohe Wildbestände radikal alles Wohlschmeckende und Genießbare wegfressen, was zu einer Verkümmerung der Artenvielfalt gerade dort führt, wo wir sie eigentlich vermuten, erhoffen und bräuchten.

Das spannend erzählte Buch des GEO-Journalisten Claus-Peter Lieckfeld beschreibt die Lebens-, Lern- und Kampfesgeschichte eines der mutigsten und profiliertesten deutschen Förster, des mittlerweile 77-jährigen Dr. Georg Meister, der lange Jahre Leiter des Forstamts Bad Reichenhall war, aber auch im Ruhestand keine Ruhe gibt. Der Sohn eines Försters kannte von Kind auf keinen anderen Lebenstraum als selbst ein großer Forstmann zu werden – und er ist es geworden, aber wohl ganz anders als er es sich als Bub erträumte. Mit jugendlicher Naivität erlebe er in den Kriegsjahren die glühende Begeisterung seiner Vorbilder für die Festivitäten von Hermann Görings Deutschem Forstverein mit und sog die feudalistisch-faschistische Ideologie der Trophäenjagd und der züchterischen Auslese in sich auf.

Doch schon in seinen Lehr- und Studienjahren wurde von pflanzenkundigen Förstern und Professoren der Funke des Zweifels gesät, und in seinen ersten Berufsjahren wandelte sich Meister nach vielen inneren Kämpfen immer mehr "vom Hegejäger zum Waldheger", wie das dritte Kapitel überschrieben ist. Bewundernswert die persönliche Konsequenz, mit der der junge Förster unangenehme Einsichten nicht verdrängt, sondern zulässt und praktische Schlussfolgerungen aus ihnen zieht. Bewundernswert auch der Mut, mit dem er seinen Einsichten folgt und sich dabei im Laufe der Jahre zusehends mit der Jagdlobby in Ministerien und im Geld- und Blutadel anlegt. Doch angehasst von der gesamten Zukunft gelingt ihm der Nachweis, dass eine natürliche Verjüngung des Waldes selbst in stark gefährdeten alpinen Steillagen gelingt, wenn nur die Wilddichte auf ein vernünftiges Maß reduziert wird.

Aber haben wir denn wirklich zuviel Wild in unseren Wäldern? Ist es nicht für uns Waldwanderer ein seltener Glücksfall, wenn wir mal ein Rudel Rehe sehen, von Hirschen oder Gämsen ganz zu schweigen? Wie der erfahrene Forstmann überzeugend vermittelt, sind gerade die Rehe Meister im Verstecken. Ein Lehrbeispiel ist der Flughafen Zürich, der aus Sicherheitsgründen wildfrei gemacht werden sollte: "Für das wilddicht eingezäunte Gelände hatte ein sehr zuverlässiger Wildhüter die Zahl der Rehe mit 42 angegeben. Geschossen wurden dann 215 – mehr als das Fünffache dessen, was der ortskundige Experte gezählt hatte." (S. 180) So entsteht die seltsame Paradoxie, dass Jäger von städtischen Tierfreunden dafür kritisiert werden, dass sie die armen Rehlein totschießen, während sie in Wirklichkeit um ihres Trophäenkultes willen viel zu hohe Wildbestände halten – zu Lasten nicht nur des Waldes, sondern auch der Steuerzahler, die dieses feudalistische Hobby, wie Lieckfeld vorrechnet, ebenso unwissend wie unfreiwillig mit Millionenbeträgen subventionieren.

Eine liebenswerte Dreingabe ist ein farbiges Faltblatt, das dem Buch beiliegt und einige "Zeigerpflanzen" vorstellt, an denen auch wir Laien eine angepasste Wilddichte erkennen können: Waldweidenröschen, Hasenlattich, Türkenbund, Frauenfarn, Gemeiner Schneeball und nicht zuletzt die vom Aussterben bedrohte Weißtanne. Nachdenkliche Weihnachten!

Schlagworte:
Wald, Naturschutz

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