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Exzellenter Ratgeber zur unternehmerischen Krisenbewältigung

Simon, Hermann (2009):

33 Sofortmaßnahmen gegen die Krise

Wege für Ihr Unternehmen

Campus (Frankfurt, New York); 203 S.; 24,90 Euro


Nutzen / Lesbarkeit: 10 / 9

Rezensent: Winfried Berner, 26.05.2009

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Genau das richtige Buch zur schwierigen Zeit: Nicht nur die versprochenen 33 Sofortmaßnahmen gegen die Wirtschaftskrise, sondern auch sehr klare, geordnete Gedanken, was eigentlich los ist auf dieser Welt und wie Unternehmen darauf reagieren sollten.

Wenn man Mitte Mai ein Buch in den Händen hält, dessen Vorwort "im April" desselben Jahres gezeichnet ist (und dessen letzte zitierte Artikel von Ende März datieren), ist das schon beeindruckend. Wie Hermann Simon, Professor und Chef der gleichnamigen Unternehmensberatung, im Vorwort erläutert, ist das Buch ein bewusster "Schnellschuss", im "Simultaneous Engineering" von Text- und Buchproduktion mit der heißen Nadel gestrickt, um den Lesern den Rat zu einem Zeitpunkt zu übermitteln, wo noch Zeit zum Handeln ist. Aber dank eines klaren Fokus und einer ebenso klaren Analyse hat dieses Buch wenig von den Mängeln, die man üblicherweise mit einer solch eiligen Produktionsweise assoziiert, wie mangelnden Tiefgang, oberflächliche Analysen und halbgare Ratschläge.

Die 33 Sofortmaßnahmen, die im Mittelpunkt des Buches stehen, haben allesamt Hand und Fuß, sind konkret, handfest und greifbar und damit eine wirkliche Hilfe bei der unternehmerischen Bewältigung der derzeitigen – und wohl noch eine Weile vorhaltenden – Krise. Natürlich passt nicht jeder Vorschlag für jedes Unternehmen und jede Situation; natürlich bedarf es einer sorgfältigen unternehmerischen Abwägung, welche der Empfehlungen in welcher Form umgesetzt werden sollen. Doch auch bei kritischer Betrachtung habe ich unter den 33 Vorschlägen keinen entdeckt, den ich entweder als allzu vage oder als potenziell riskant empfunden hätte. Alle 33 sind klar durchdacht, schlüssig begründet und so konkret, wie sie in Unkenntnis des Adressaten-Unternehmens überhaupt sein können.
 
Allein das ist schon eine Meisterleistung angesichts des kurzen Vorlaufs und des Frühstadiums der Krise, in der dieses Buch entstand. Doch Hermann Simon bietet noch mehr, nämlich eine klare gedankliche Einordnung der Krise, beginnend mit dem ebenso knappen wie wichtigen Satz: "Die Krise ist eine Absatz-, keine Kostenkrise." (S. 11) Deshalb sei es auch falsch, das Augenmerk hauptsächlich auf die Kostensenkung zu legen, zumal die Einsparungen meist erst mit Zeitverzögerung eintreten und davor erst einmal zusätzliche Kosten verursachen: "Wenn die aktuelle Krise primär eine Absatz- und Umsatzkrise ist, dann muss sie auch an der Absatz- und Umsatzfront bekämpft werden – und zwar mit allen Mitteln, die einem Unternehmen zu Verfügung stehen." (S. 12) Wer trotz Krisenmanagement bis zu diesem Satz vordringt, für den dürfte sich der Kauf des Buchs bereits mehr als amortisiert haben.
 
Analytisch sehr sauber baut Simon seine Argumentation um die drei Gewinntreiber Preis, Absatzmenge und Kosten auf und zeigt zunächst, dass weder die Absatzmenge noch die Kosten den größten Einfluss auf den Gewinn (oder Verlust) haben, sondern mit weitem Abstand (!) der Preis. Infolgedessen geht er auch nur in einem Kapitel auf "intelligente Kostensenkung" ein und plädiert dort vor allem für die Kombination verschiedener Maßnahmen statt einer reinen Fokussierung auf Personalabbau. Seine 33 Sofortmaßnahmen konzentrieren sich auf die Absatzseite. Das beginnt mit der Einstellung auf veränderte Kundenbedürfnisse (wie z.B. "Geben Sie ungewöhnliche Garantien!", "Kommunizieren Sie harte Vorteile!", "Spielen Sie Ihre Finanzkraft aus!"), geht weiter mit dem Management von Vertrieb und Außendienst ("Erhöhen Sie die Kernvertriebszeit!", "Steuern Sie Kundenbesuche differenzierter!", "Setzen Sie Innendienstler im Vertrieb ein!") bis hin zum Angebots- und Preismanagement ("Reduzieren Sie Ihre Angebotsmenge!", "Geben Sie Natural- statt Preisrabatte!", "Verteidigen Sie Ihre Preise mit Zähnen und Klauen!").
 
Spezielle Kapitel widmet er "Sofortmaßnahmen für Service und Dienstleistungen" sowie der "Umsetzung der Sofortmaßnahmen". Sehr lesens- und bedenkenswert ist auch das abschließende Kapitel 9 "Was kommt nach der Krise?" Zwar weiß natürlich auch Hermann Simon nicht, wie sich die Krise noch entwickeln wird und wie es danach weitergeht, aber er rechnet erkennbar nicht damit, dass diese Krise in ein paar Monaten ausgestanden sein wird. Schon allein die Themen, mit denen er sich auseinandersetzt, können einem auf den Magen schlagen: "Zunahme sozialer Spannungen", "Von der Deflation zur Inflation", "Deglobalisierung als größtes Risiko" (womit er im Wesentlichen Protektionismus und Handelskriege meint).
 
Es ist sicherlich nicht zynisch gemeint, liest sich aber auch nicht wirklich beruhigend, wenn er auf "Unternehmensebene: Die Krise als Katharsis" charakterisiert und beinahe biblisch über die "große Reinigung" spricht. Da atmet man beinahe schon auf, wenn es danach nur um so weltliche Themen wie "Deleveraging" (d.h. Erhöhung des Eigenkapitals), Sortimentsbereinigung und "Wiederherstellung des Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage" geht, allerdings auch um die "Neustrukturierung von Branchen", "Verschiebung von Marktsegmenten", die "Entstehung eines Ultra-Niedrigpreis-Segmentes" und um – "Neue Bescheidenheit". Als Buß- und Fastenprediger bewirbt sich Simon damit freilich nicht: "Auch sie [die aktuelle Krise] wird grundlegende menschliche Bedürfnisse wie das Streben nach Prestige und Status nicht aus der Welt schaffen. Egal wie schwer und wie lang die Krise sein wird, Luxusprodukte wird es auch nach ihr geben. Allerdings kann es sehr wohl sein, dass sich bestimmte Werte wie etwa das Umwelt- oder Energiebewusstsein auf Dauer verändern oder dass Bescheidenheit – zumindest für eine gewisse Zeit – an Gewicht gewinnt." (S. 195)
 
Die Frage, welchen Verlauf die Krise nehmen wird, ob eine V-Form, ein U, ein L oder eine Hysterese (also eine gedämpften Rückschwingung), ist von entscheidender Bedeutung für das Krisenmanagement: Falls es zu einer baldigen Erholung kommt, sind Instrumente wie Kurzarbeit genau die richtige Strategie. Falls die Krise dagegen in eine längere Depression oder in eine Stabilisierung auf deutlich niedrigerem Niveau übergeht, ist eine eine grundlegende strategische Neuorientierung erforderlich – und zugleich der Abbau der Überkapazitäten in vielen Branchen. Ein Überproduktion wie im Automobilsektor macht weder ökonomisch noch ökologisch Sinn; sie mündet nur in Ressourcenverschleuderung und einen Preiskrieg. Da aber nicht zu sehen ist, wo eine Wiederbelebung der Nachfrage auf das Niveau vor der Krise herkommen sollte, ist eine rasche und volle Erholung kaum zu erwarten, sondern im günstigsten Fall eine Stabilisierung auf deutlich niedrigerem Niveau.
 
So oder so ist Hermann Simons "Schnellschuss" genau das richtige Buch zur schwierigen Zeit. Es ist bewundernswert, wie klar er die Situation zu diesem frühen Zeitpunkt schon durchdacht hat und wie fundiert und konkret seine Empfehlungen sind. Es wird sicherlich nicht das letzte Wort sein, das es zum Management der aktuellen Krise zu sagen gibt, aber es ist ein bedenkenswertes "erstes Wort", das wirklich weiterbringt und das Potenzial hat, den Verlauf der Krise zwar nicht vorherzusagen, ihn aber – real noch sehr viel wichtiger – für einzelne Unternehmen zum Positiven zu beeinflussen.

Schlagworte:
Wirtschaftskrise, Krisenbewältigung, Krisenmanagement, Pricing

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