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Geldanlage in Zeiten eines 'säkularen Bärenmarktes'

Mauldin, John (2012):

Little Book of Bull's Eye Investing

Finding Value, Generating Absolute Returns, and Controlling Risk in Turbulent Markets

Wiley (New York); 198 Seiten; 19,99 EUR


Nutzen / Lesbarkeit: 9 / 10

Rezensent: Winfried Berner, 02.08.2012

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Angesichts eines säkularen Bärenmarkts und einer bevorstehenden dritten Rezession sieht John Mauldin Aktien oder Indexfonds bis auf Weiteres als wenig aussichtsreich an. Was bleibt, sind andere Anlageklassen sowie ausgewählte Wachstumsunternehmen.

Ich bekenne, voreingenommen zu sein, was John Mauldin betrifft: Nachdem ich Etliches von ihm gelesen habe und regelmäßig seinen wöchentlichen Newsletter studiere, halte ich ihn nicht nur für einen der klügsten und scharfsinnigsten Analysten der weltwirtschaftlichen Entwicklung, sondern auch für einen außergewöhnlich gut vernetzten Experten, der sich sehr aufmerksam und offen mit den Gedanken von anderen auseinandersetzt – was für seine Leser den unschätzbaren Vorteil hat, über Mauldins eigene Analysen hinaus einen tiefen Einblick in die derzeitige Diskussion unter Ökonomen und Investoren zu bekommen. Infolgedessen habe ich nicht lange gezögert, als ich von dieser Neuerscheinung erfuhr, sondern sie mir sogleich besorgt und gelesen.

Doch am Ende des "Little Book of Bull's Eye Investing" bin ich weniger begeistert als ich erwartet und gehofft hatte. Mauldins Buch liefert eine Fülle kluger Gedanken und Empfehlungen, doch den "konzeptionellen Durchbruch", den ich mir im Stillen erhofft habe, liefert es nicht. (Wobei zugegebenermaßen eine berechtigte Frage ist, ob das angesichts der Komplexität des Themas und der Unübersichtlichkeit der Lage eine realistische Erwartung war.)

Mauldins Analysen sind so klar und präzise wie gewohnt. Nach seiner Einschätzung befinden wir uns seit 2000 in einem "secular bear market" – wobei mit "secular" nicht ein "saeculum" gemeint ist, also ein Jahrhundert, sondern ein Zeitraum von 15 – 20 Jahren. Und er geht davon aus, dass wir, bevor wir diesen Bärenmarkt verlassen, noch eine weitere schwere Rezession durchleben werden. Seine Schlussfolgerung: Auf dem Aktienmarkt wird für Privatanleger in den nächsten Jahren nicht viel Geld zu verdienen sein, schon gar nicht mit "Buy-and-Hold"-Strategien oder durch den Kauf von Indexfonds.

Da wegen des niedrigen Zinsniveaus und der zweifelhaften Rückzahlungsfähigkeit auch Anleihen kein akzeptables Risikoprofil bieten, bleibt dem Anleger, der seine Alterssicherung managen muss, nur ausgewählte andere Anlageklassen sowie der Versuch, in der zweiten und dritten Reihe Unternehmen mit überdurchschnittlichen Wachstumschancen zu identifizieren. Was, wenn man von der Investition in Edelmetalle absieht, für Privatanleger mit einem kaum leistbaren Analyseaufwand verbunden ist: Ein frustrierendes Resümee – was aber natürlich nicht heißt, dass es falsch ist. (So wie ich Mauldin bislang kenne, ist im Gegenteil sogar zu befürchten, dass er recht behält. Unschön ist es trotzdem, vor allem für meine Generation, die vor der Notwendigkeit steht, ihre Altersvorsorge unter Dach und Fach zu bringen.)

Gebaut auf eine Zyklentheorie

Bevor man sich weiter mit Mauldins Schlussfolgerungen befasst, ist es sinnvoll, seine Prämissen zu überprüfen. Die wichtigste ist wohl die Zyklentheorie, auf die Mauldin seine Argumentation stützt. Sie behauptet eine hohe Regelmäßigkeit, nämlich eine Zyklenlänge von 17,6 Jahren. Daran kann man Zweifel haben – zum einen, weil es eine hochgradige Determiniertheit der Zukunft unterstellt: Gleich was Wirtschaft und Politik täten, nach jeweils 17,6 Jahren käme danach der nächste Bären- bzw. Bullenmarkt. Zum anderen ist die behauptete Präzision der Oszillation fast ein wenig zu schön, um wahr zu sein. So hohe Regelmäßigkeit mag es bei Sternen und Atomen geben – für gesellschaftliche Entwicklungen erscheint es mir geradezu unglaubhaft präzise.

Andererseits ist die folgende Notiz von Art Cashin, die Mauldin gleich eingangs wiedergibt, zumindest verblüffend:

"The tech bubble or the bull market topped in about February 2000. Just so it works on your calculator, let's call that 2002.2. The Dow is around 11,500. Subtract 17.6 years and your are in the middle of 1982. The Dow is around 9000. It will soon embark on the greatest bull market in history. Subtract another 17.6 years from June of 1982 and you are back to the beginning of 1965. The Dow is around 900. Yes … that's the same area you will find it in 17 years later. This clearly is the lean cycle. (…) Subtract another 17.6 years from 1965 and you are back around the middle of 1947. The war has ended. Smokestack prosperity is in the offing. The Dow is around 220. This was to be a fat cycle. Subtract another 17.6 and you are back in early fall 1929. The Dow is around 380 – but not for long. This … clearly … will be a lean cycle." (S. 5f.)

Dagegen ist in der Tat schwer zu argumentieren – man kann allenfalls einwenden, dass sich daraus nicht zwingend Vorhersagen für die Zukunft ableiten lassen.

Wichtig ist Mauldin die Erkenntnis aus Michael Alexanders Buch "Stock Cycles", dass Aktienanlagen Anleihen nur in Bullenmärkten überlegen sind; in Bärenmärkten ist es umgekehrt, weil sie – ohne Berücksichtigung der Inflation – etwa auf gleichem Niveau enden, wo sie 17,6 Jahre zuvor begonnen haben, was unter dem Strich auf eine negative Rendite hinausläuft. Innerhalb der jeweiligen Zyklen seien die Kursverläufe weitgehend zufällig und nicht vorhersehbar. Gleich ob man dieser Zyklentheorie folgt oder nicht, der Verdacht, dass wir noch eine längere holprige Marktphase vor uns haben, könnte man auch aus der unvoreingenommenen Beobachtung der aktuellen weltwirtschaftlichen Lage bekommen.

Auf die Dauer kommen die Märkte immer zum langfristigen Trend zurück, betont Mauldin immer wieder; es gebe keinen Grund zu hoffen, dass das diesmal anders sein würde. Wobei diese Rückkehr nicht asymptotisch verläuft, sondern überschießend: "Robert Shiller (…) points out that no stock market at the P/E level of 20 (…) has ever returned anything to buy-and-hold index investors after 10 years. Period. No exceptions." (S. 62) Der langfristige Trend für den US-Markt liegt bei einem Wachstum von 3,7 Prozent. Höher kann man nur kommen, indem man erstens auf kleinere Unternehmen setzt, die überdurchschnittlich zum Wachstum beitragen, und zweitens den Wechsel zwischen säkularen Bullen- und Bärenmärkten erkennt und für sich nutzt.

Rat zu bescheideneren Ansprüchen

Die allermeisten Investoren erreichen aber nicht einmal jene 3,7 Prozent, weil sie zu viel wollen und deshalb immer zu den zuletzt erfolgreichsten Fonds wechseln – und die Papiere, die sie enttäuscht haben, verkaufen. Da die Ergebnisse der Vergangenheit aber, wie Mauldin seinen Lesern einhämmert, "not indicative of future results" sind, ist das ein aussichtsloses Spiel: Die Jagd nach den Top Performern bewirkt, dass sie teuer einkaufen und billig verkaufen. Sein Rat deshalb:

"Embrace the virtue of being only slightly better than average." (S. 104)

Denn:

"If any investor can consistently achieve slightly better than average returns each year over a 10- to 15-year period, then cumulatively over the full period they are likely to do better than roughly 80 percent or more of their peers." (S. 103)

Um dorthin zu kommen, muss man allerdings die psychologischen Fallen vermeiden, die von den Behavioral Economics mittlerweile gut ausgeleuchtet sind. Und man braucht eine gute Fundamentalanalyse, um aussichtsreiche Unternehmen zu identifizieren, sowie ein durchdachtes Risikomanagement (das im Wesentlichen aus konsequenten Stop-Loss-Orders besteht). Im Prinzip sind Kleininvestoren sogar im Vorteil gegenüber großen Fonds, weil für deren Milliarden gar nicht genügend Small Caps zu Verfügung stehen. Die überaus gründliche Due Diligence, die Mauldin empfiehlt, einschließlich Besuchen von Firmen und Messen und Gesprächen mit Brancheninsidern, dürfte allerdings viele Kleininvestoren überfordern, auch wenn sie sich, wie er empfiehlt, zu Investment Clubs zusammentun.

Doch Untersuchungen haben gezeigt, "that 85 percent of portfolio performance came from asset allocation and only 15 percent came from stock-picking prowess." (S. 67) Deshalb verdient es größte Aufmerksamkeit, in welche Vermögensklassen man sein Geld investiert. Während Mauldin Rohstoffspekulationen eher kritisch sieht, empfiehlt er Gold, und zwar nicht als Investment, sondern als Versicherung. Er sieht Gold als Währung, und zwar als "neutral currency, which (…) cannot be manipulated by governments." (S. 161) Da Überschuldung immer zu Korrekturen und zu Leiden führt und noch völlig unklar ist, wie die Regierungen mit diesem Problem umgehen werden, sagt er: "Until this issue is decided, gold will be an excellent investment." (S. 164)

Abschließend betont Mauldin: "In the end, you are responsible for you." (S. 177) (Interessant, solch eine Aussage einmal nicht in einem Buch über Persönlichkeitsentwicklung zu lesen, sondern in einem über Geldanlage!) Auch wenn man einen Teil der Arbeit an professionelle Fondmanager delegieren kann, führt kein Weg daran vorbei, sich selber sachkundig zu machen und die eigene Verantwortung anzunehmen. Auch bei der Auswahl von Fonds sollte man wenigstens Klarheit auf drei Fragen gewinnen: Erstens, warum er überhaupt Geld verdient, zweitens, wie er Geld verdient. Wenn man das nicht versteht, sollte man seine Finger von der Anlage lassen. Und schließlich muss man verstehen, wie der Fond Risiken managt. Denn am Ende ist einer der Schlüssel zum Erfolg "having avoided options that dramatically underperformed." (S. 103)

Schlagworte:
Geldanlage, Säkularer Bärenmarkt, Aktien, Wertpapiere, Gold, Anleihen, Zyklen

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