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Achtsamkeit als Schlüssel zu Sicherheit und Unternehmens-Resilienz

Weick, Karl E.; Sutcliffe, Kathleen M. (2007):

Managing the Unexpected

Resilient Performance in an Age of Uncertainty

Jossey Bass Wiley (San Francisco) 2nd edition 2007; 194 Seiten; 22,08 Euro (Neuauflage verfügbar)


Nutzen / Lesbarkeit: 10 / 9

Rezensent: Winfried Berner, 29.06.2014

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Manche Organisationen hantieren mit extremen Risiken, sodass es auf höchste Zuverlässigkeit ankommt. Wie sie es schaffen, weit weniger Fehler zu machen als statistisch zu erwarten, erklären Karl Weick und Kathleen Sutcliffe in diesem berühmten Buch.

So viel angestrichen habe ich mir schon lange nicht mehr, aber die Dichte, mit der die beiden Michigan-Professoren Karl E. Weick und Kathleen M. Sutcliffe bemerkenswerte Feststellungen aneinanderreihen, ist in der Tat außergewöhnlich. Dabei sind sie ausgesprochen fokussiert und alles andere als weitschweifig: Fünf Prinzipien sind es, die nach ihrer Auffassung die besondere Verlässlichkeit und damit Sicherheit von "High Reliability Organizations" (HRO) ausmachen, und um die kreist ihr gesamtes Buch. Diese fünf Prinzipien lassen sich nach Meinung der Autoren mit Gewinn auch auf andere Organisationen übertragen, um deren Qualität und Sicherheit zu steigern.

Fehler, Pannen und Betriebsstörungen sind in keinem Unternehmen erwünscht, denn sie kosten Geld und beeinträchtigen die Kundenzufriedenheit und damit deren Loyalität. Doch gibt es Organisationen und Arbeitsfelder, bei denen Fehler noch weitaus gefährlicher sind, weil sie Menschenleben in Gefahr bringen: Operationssäle und Intensivstationen, Flugsicherung, Chemieproduktion, Atomkraftwerke etc. Hier dürfen keine Fehler passieren, weil die Folgen verheerend sein könnten – aber das lässt sich natürlich weder beschließen noch verordnen, sondern nur über maßgeschneiderte Prozesse und vor allem durch eine auf Sicherheit ausgerichtete Unternehmenskultur annähern.

Karl Weick und Kathleen Sutcliffe haben aus der Analyse solcher High-Reliability-Organisationen die Faktoren herausgearbeitet, die der Schlüssel sowohl zu einer weit überdurchschnittlichen Pannensicherheit sind als auch zu der Fähigkeit, in Krisen handlungsfähig zu bleiben und sich rasch wieder von ihnen zu erholen: "The hallmark of an HRO is not that it is error-free but that errors don't disable it." (S. 21) Ihr Buch hat in der Szene einschlägiger Organisationen, wie mir versichert wurde, einen Ruf wie Donnerhall hat. Es ist aber auch weit darüber hinaus nützlich für alle, die sich für Qualitätsmanagement, für den Aufbau einer Fehlerkultur und/oder für unternehmerische Resilienz interessieren.

Die fünf "HRO Principles" sind:
1.  Preoccupation with Failure;
2.  Reluctance to Simplify;
3.  Sensitivity to Operations;
4.  Commitment to Resilience;

5.  Deference to Expertise.

Im ersten Kapitel "Managing the Unexpected" führen Weick und Sutcliffe die fünf Prinzipien anhand einer Krisen-Fallstudie ein, nämlich anhand eines außer Kontrolle geratenen Waldbrands. Krisen sind der entscheidende Test für die Resilienz eines Systems, wie der Krisenexperte Pat Lagadec prägnant festgestellt hat: "The ability to deal with a crisis situation is largely dependant on the structures that have been developed before chaos arrives. The event can in some ways be considered as an abrupt and brutal audit: at a moment's notice, everything that was left unprepared becomes a complex problem, and every weakness comes rushing to the forefront." (S. 3)

Die Herausforderung ist "that the crises that are envisioned seldom resemble the crises that actually unfold. (…) The best HROs know that they have not experienced all of the ways that their system can fail." (S. 3) Die Erkenntnis, dass man die Vielfalt der Möglichkeiten, wie die Dinge schiefgehen können, weder kennt noch sie systematisch oder intuitiv vorhersehen kann, begründet schon die ersten drei HRO-Prinzipien und zugleich den zentralen Begriff des Buches, nämlich Achtsamkeit (mindfulness). Nur sie bietet die Chance, Fehlentwicklungen schon in einem sehr frühen Stadium zu erkennen und ohne zu zögern auf sie zu reagieren, "to make strong responses to weak signals", wie es die Autoren nennen (S. 8). Achtsamkeit ermöglicht rasches Handeln: "Anomalies are noticed while they are still tractable and can still be isolated." (S. 13)

Im zweiten Kapitel "Expectations and Mindfulness" machen Weick und Sutcliffe einen lehrreichen Ausflug in die Denk- und Wahrnehmungspsychologie vor und analysieren die Reibungen, die sich aus dem Dilemma zwischen Effizienz und Genauigkeit ergeben. Einerseits können wir gar nicht anders als Erwartungen zu entwickeln, denn sie sind es ja, die unseren Alltag erst handhabbar machen – sonst wüssten wir weder, womit wir in einer gegebenen Situation rechnen sollten, noch was wir tun können oder sollten. Andererseits erzeugen Erwartungen blinde Flecken und verbergen kleine Anomalitäten. Das wird noch verstärkt, weil wir im Zweifelsfall nach Bestätigung suchen: "First, you overlook accumulating evidence that events are not developing as you thought they would. Second, you tend to overestimate the validity of your expectations." (S. 26)

"Surprise starts with an expectation", stellen sie fest (S. 29), doch sie machen zugleich darauf aufmerksam, dass unsere Suche nach Bestätigung zu einer Tendenz "to 'normalize' the unexpected" führt (S. 30). Unmerklich passen wir dabei unsere Erwartungen nachträglich an die beobachtete Realität an, was im Alltag meist unproblematisch ist, beim Umgang mit Gefahren aber ins Desaster führen kann. Sie raten daher dringend, diesen Gefühlen, dass irgendetwas nicht so ist, wie es sein sollte, zu trauen, und sie festzuhalten: "They are a solid clue that your model of the world is in error. More important, try to hold on to those feelings and resist the temptation to gloss over what has just happened and treat it as normal. In that brief interval between surprise and successful normalizing lies one of your few opportunities to discover what you don't know. This is one of those rare moments when you can significantly improve your understanding." (S. 31)

Achtsamkeit / Mindfulness definieren sie als "a rich awareness of discriminatory detail" (S. 32); es geht dabei um die Qualität der Aufmerksamkeit. "Awareness improves when attention is not distracted, is focused on the here and now, is able to hold on to the problem of interest, is wary of preexisting categories" (S. 35). Das erfordert den Kampf gegen die Vereinfachung und die Informationsverluste, die mit Erwartungen und Routinen unweigerlich einhergehen, und macht es notwendig, unsere normalen Wahrnehmungs- und Handlungsroutinen mithilfe der fünf Prinzipien gegen den Strich zu bürsten.

Bei genauerer Betrachtung zerfallen die fünf Prinzipien in zwei Gruppen: Bei den ersten dreien geht es darum, Risiken vorherzusehen; bei den beiden letzten darum, (trotzdem) entstandene Krisen und Störfälle in den Griff zu bekommen. "The Three Principles of Anticipation" stellen Weick und Sutcliffe im dritten Kapitel detaillierter vor, die beiden "Principles of Containment" im vierten. In diesen beiden Kapiteln stellen die Autoren ihre fünf Prinzipien detailliert vor, erläutern ihre Hintergründe und erklären, wie sie umgesetzt werden und worauf es dabei ankommt.

"Anticipation means mindful attention to three things: failure, simplification, and operations. (…) Anticipation, however, is not just an exercise in sensing; it is also an exercise in stopping the development of undesirable events." (S. 45) Das Prinzip "Preoccupation with Failure" erfordert einen Bruch mit der Ideologie des positiven Denkens (bzw. positiven Schwätzens): Eine bewusste Beschäftigung mit dem, was schiefgehen könnte, also in gewisser Weise ein gezielt "negatives" Denken: "To avoid failure, you've first got to embrace it. That's not as crazy as it sounds. To 'embrace' failure means two things for HROs: First, it means that they pay close attention to weak signals of failure that may be symptoms of larger problems within the system. Second, it means that the strategies adopted by HROs often spell out mistakes that people don't dare make. Organizations that look relentlessly for symptoms of malfunctioning (…) are better able to create practices that preclude those mistakes." (S. 46)

Das Prinzip Nr. 2 "Reluctance to Simplify" setzt an den Erwartungen an, geht aber über sie hinaus. Sehr vieles, was wir im Geschäftsleben tun, besteht aus Vereinfachungen: Informationen, Berichte, Abläufe, Prozessbeschreibungen, Bezeichnungen, Kategorien, Kennzahlen, Bereichs- und Unternehmensergebnisse … Das ist einerseits unvermeidlich, um in der Komplexität des Lebens nicht unterzugehen; andererseits wird es mit erheblichen Informationsverlusten erkauft, und darunter können auch sehr wesentliche Informationen und Frühwarnsignale sein. Achtsamkeit bedeutet hier, gegen die gedankenlose Vereinfachung anzukämpfen und zu versuchen, möglichst viel Kontext und die wesentlichen Besonderheiten des Einzelfalls mitzubekommen.

Besonders sympathisch ist mir Prinzip Nr. 3 "Sensitivity to Operations", Aufmerksamkeit also für die Bereiche, wo die eigentliche Wertschöpfung erzeugt wird. Es verblüfft und schockiert mich immer wieder, wenn in den klimatisierten Etagen Entscheidungen getroffen werden, ohne die Realität vor Ort zu kennen, aber zugleich in der unerschütterlichen Überzeugung, alles Wesentliche zu wissen. Zugleich ist der "Maschinenraum" der Organisation der Bereich, wo am meisten schief gehen kann und wo Anomalien am frühesten und unverzerrtesten sichtbar werden: Produktion und Vertrieb sind (in der Regel) die Bereiche, in denen sich das Spiel entscheidet.

Beim Containment geht es darum, die trotz aller Wachsamkeit eingetretene Fehler und Störungen möglichst rasch einzudämmen und in den Griff zu bekommen. Relativ abstrakt lautet Prinzip Nr. 4 daher "Commitment to Resilience". Resilienz umfasst drei Fähigkeiten: Erstens die, Belastungen auszuhalten, zweitens die, sich von Belastungen wieder zu erholen, und drittens die, aus Erfahrungen zu lernen und sich weiterzuentwickeln. All dies ist mit einem markigen "Failure is no option" kaum zu erreichen. "HROs committed to resilience assume that they will be surprised, so they concentrate on developing general resources to cope with and respond to changes swiftly." (S. 73)

Prinzip Nr. 5 "Deference to Expertise" schließlich ist nochmal ein ausgesprochen spannender Punkt. Er bedeutet, dass Entscheidungen im Ernstfall nicht auf höchster Ebene getroffen werden, sondern dort, wo in dieser Angelegenheit die meiste Expertise vorliegt – also in aller Regel nicht vom Top Management. Vielmehr lassen HROs die Entscheidung horizontal und vertikal durch die Organisation wandern, bis sie die Stelle gefunden hat, wo die höchste Sachkenntnis vorliegt. Klingt erst einmal abenteuerlich, ist aber im Falle eines echten Problems wahrscheinlich eine sehr gute Nachricht.

Ausgesprochen praktisch ist, dass Weick und Sutcliffe im fünften Kapitel "Assessing Your Capabilities for Resilient Performance" neun Audits vorstellen, mit denen man selbst überprüfen kann, wie resilient das eigene Unternehmen ist und wo seine Stärken und Schwächen liegen. Das beginnt mit drei Fragebogen zum Thema Achtsamkeit bzw. Gedankenlosigkeit sowie zur Identifikation der Bereiche, wo Achtsamkeit besonders wichtig ist. Es folgen fünf Tests zu den fünf Prinzipien sowie ein komprimierter Fragebogen für eine schnelle Gesamteinschätzung, "The Mindfulness Organizing Scale". Man kann diese Audits nicht nur zur Diagnose einsetzen, sondern – wohl noch wichtiger – um eine Diskussion in Gang zu bringen und so die Veränderungsbereitschaft zu fördern.

"In today's context, it makes sense for any organization to become more like an HRO. Today's business conditions involve increased competition, higher customer expectations, reduced cycle time, and tight interdependence. These changes produce environments that are almost as harsh, risky, and unforgiving as those that HROs confront", behaupten Weick und Sutcliffe. "That being the case, organizations that confront an HRO-like environment with HRO-like processes should have more success at learning and adaptation than those that don't." (S. 107)

Das klingt plausibel, scheint mir aber ein unvollständiger Blick auf die Realität zu sein. Die andere Seite ist, dass die Umsetzung der fünf Prinzipien, wie Weick und Sutcliffe bestätigen, eben auch Ressourcen kostet und damit ein gewisses Maß an freier Kapazität ("slack") voraussetzt. Sehr viele Unternehmen stehen aber in einem immer härteren Preiswettbewerb und sahen sich daher gezwungen, alles "Fett" wegzuschneiden. Sie werden wohl weder bereit noch in der Lage sein, Ressourcen in Achtsamkeit zu investieren, sondern im Gegenteil ihre Prozesse wohl noch konsequenter "streamlinen", selbst auf die Gefahr, damit ihre Fähigkeit zur Früherkennung möglicher Risiken ebenso wegzuoptimieren wie die zur schnellen Reaktionsfähigkeit auf veränderte Bedingungen. Faktisch erzwingt der Markt hier wohl eher Abwägung zwischen höchster Effizienz und hoher Resilienz – was durchaus nicht gut und in Ordnung ist, aber trotzdem wohl die heutige Realität.

Achtsamkeit und die Umsetzung der fünf Prinzipien stehen in einer engen Verbindung mit der Unternehmenskultur, deshalb ist es nur konsequent, wenn Weick und Sutcliffe sich im sechsten Kapitel "Organizational Culture: Institutionalizing Mindfulness" genau diesem Thema zuwenden. Auch wenn sie sich dabei ein bisschen auf den Spuren Ed Scheins verirren und mit dessen sperrigen Modell auch nicht so recht weiterkommen, enthält das Kapitel etliche interessante Gedanken und Empfehlungen, unter anderem: "Make your system more complicated" (S. 113) – und zwar, um die Vielfalt von dessen Reaktionsmöglichkeiten zu vergrößern. Oder den Hinweis, Tragödien ("lessons bought in blood") als Chance für Kulturveränderungen zu nutzen.

Spannend wird es, als sie zum Schluss des Kapitels die Fallstudie einer Kinderchirurgie vorstellen, die eine weit überdurchschnittliche Mortalitätsrate aufweist. Zum Glück verwenden sie hier nicht das Modell von Schein, um zu analysieren, was schief läuft, sondern eines von James Reason, das vier Anforderungen an eine gute Fehlerkultur in Kliniken beschreibt: "The problem is that candid reporting of errors takes trust and trustworthiness. But are hard to develop, easy to destroy, and hard to institutionalize." (S. 125) Nach Reason müssen dafür vier Bedingungen erfüllt sein: Erstens braucht es eine "Reporting Culture": Fehler müssen berichtet werden. Zweitens muss die Kultur gerecht sein – was vor allem heißt, sinnvoll mit der Schuldfrage umzugehen, wenn etwas schiefgegangen ist. Drittens muss die Kultur flexibel sein, das heißt, sie muss sich rasch an veränderte Bedingungen anpassen. Und viertens muss sie lernfähig sein, das heißt, sie muss rasch die richtigen Schlüsse aus gemachten Erfahrungen ziehen.

Im siebten und letzten Kapitel "How to Manage Mindfully" geben Weick und Sutcliffe noch einige Empfehlungen – zuvörderst die einer "small wins strategy", die sich auch dann einsetzen lässt, wenn eine große Kulturveränderung aktuell nicht auf der Agenda steht. Ein Small Win ist "a concrete, complete, implemented outcome of moderate importance" (S. 139), und die Idee dahinter ist die der steten Tropfen, deren kumulierte Wirkung den Stein höhlt. Möglichkeiten dazu sind regelmäßige "After Action Reviews (AAR)", eine Art kurzer Manöverkritik anhand von vier Fragen: "What did we set out to do? What actually happened? Why did it happen? What are we going to do next time?" (S. 144) Oder auch sogenannte "Staff Rides": "A staff ride is a case study that is conducted on the ground where the event happened … The intent of a staff ride is to put participants in the shoes of the decision makers on a historical incident in order to learn for the future." (S. 144)

Wer seine Organisation in diese Richtung bewegen will, sollte einen achtsamen Managementstil entwickeln. Weick und Sutcliffe geben dazu entlang ihrer fünf Prinzipien eine Vielzahl von Tipps, zu denen natürlich auch gehört, Achtsamkeit und die Offenlegung von (eigenen) Fehlern vorzuleben, die aber beispielsweise auch umfassen, ein Bewusstsein für Risiken und Verletzlichkeiten zu schaffen, der Selbstgefälligkeit erfolgreicher Organisationen entgegenzuwirken, Mitarbeiter zu unterstützen, die sich um mehr Achtsamkeit bemühen, und ihnen psychologische Sicherheit zu geben, wie zum Beispiel Schutz vor selbstgerechter Großmäuligkeit, und vieles andere mehr. Dabei ist wichtig, sich bewusst zu sein, dass nicht alle Menschen das Gleiche sehen, selbst wenn sie das Gleiche sehen, und dass es deswegen notwendig ist, sich darüber auszutauschen: "One person's signal is another person's noise" (S. 155)

Am Ende der (netto) 160 Seiten ist mir ein bisschen schwindelig von den vielen Gedanken, Anregungen und Tipps, die ich diesem kompakten Buch verdanke. Sie zu verarbeiten und in die eigene Arbeit zu integrieren, wird sicher Zeit in Anspruch nehmen und einen wiederholten Blick in dieses Buch erfordern. Nach der Lektüre versteht man, weshalb dieses Buch in der Branche einen exzellenten Ruf genießt – und kann sich dem Respekt nur anschließen: Es ist wirklich ein bahnbrechendes Werk darüber, wie man Unternehmen resilienter und "krisenfähiger" machen kann, auch wenn sich seine Konzepte und Rezepte wohl nicht eins zu eins auf normale, weniger gefährliche und stärker kostengetriebene Firmen übertragen kann. Der Flugsicherung oder einem Atomkraftwerk gesteht man zu, dass es erheblichen Aufwand für seine Sicherheit treiben muss, aber schon Krankenhäuser und Fluggesellschaften befinden sich im Grenzbereich, weil sie auch unter erheblichem Kostendruck stehen.

Aber auch als betroffene Bürger müssen wir froh und dankbar sein, dass es Menschen gibt, die sich in systematischer und sorgfältiger Weise mit dem "Management des Unerwarteten" befassen und alle menschenmöglichen Vorkehrungen dafür treffen, dessen Risiken zu erkennen und einzudämmen. Allerdings muss ich gestehen, meine Vorbehalte gegen die Atomkraft hat es noch verstärkt, bei Weick und Sutcliffe zu lesen, dass es prinzipiell unmöglich ist, alle Fehlerquellen, Fehlfunktionen und deren Wechselwirkungen vorherzusehen, und dass man zwar viel dafür tun kann, Störungen frühzeitig zu erkennen und sie in den Griff zu bekommen, dass man aber, weil man sich hier auf unkartiertem Terrain befindet, nur hoffen, aber nicht sicher sein kann, dass das gelingt: "The crux of reactor control is … keeping track of expectable interactions within a complicated, often opaque system and responding promptly to those not expected." (S. 44) Unbeherrschbare Risiken sollte man wohl besser ganz vermeiden.

Schlagworte:
Resilienz, Sicherheit, Qualitätsmanagement, Risikomanagement, Krisenmanagement, Krisenfestigkeit, Krisenelastizität

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