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Emotionale Intelligenz - tatsächlich der zentrale Erfolgsfaktor für Führung?

Goleman, Daniel (1998):

What Makes A Leader?

IQ and technical skills are important, but emotional intelligence is the sine qua non of leadership

Harvard Business Review Jan. 2004; 9 S. (82 – 91)


Nutzen / Lesbarkeit: 7 / 9

Rezensent: Winfried Berner, 07.05.2004

Laut Daniel Goleman ist emotionale Intelligenz doppelt so wichtig für den Führungserfolg wie fachliche und analytische Fähigkeiten. Leider hält er sich sehr bedeckt bei der Frage, mit welchen Forschungmethoden er zu dieser Erkenntnis gekommen ist.

Zu seiner Erkenntnisbasis erläutert Goleman nur, dass er die Kompetenzmodelle von 188 Firmen analysiert habe, welche von Psychologen entwickelt worden waren, um die künftigen Stars im Führungsnachwuchs dieser Firmen zu identifizieren, zu trainieren und zu fördern: "When I analyzed this data, I found dramatic results. To be sure, intellect was a driver of outstanding performance. Cognitive skills such as big-picture thinking and long-term vision were particularly important. But when I calculated the ratio of technical skills, IQ, and emotional intelligence as ingredients of excellent performance, emotional intelligence proved to be twice as important as the others for jobs at all levels." (S. 84)

So eindrucksvoll das klingt, für die Darstellung eines empirischen Forschungsansatzes ist das reichlich vage – insbesondere wenn man weiß, dass solche firmeninternen Kompetenzmodelle in der Regel mehr oder weniger auf der Basis von Plausibilitäten zusammengebaut werden und nicht auf der Grundlage methodisch sauberer empirischer Untersuchungen. Solange diese Modelle nicht durch empirische Forschung validiert sind, liefert eine Sekundäranalyse nur Aufschluss über die Überzeugungen und Vorurteilsstrukturen der beteiligten Psychologen, nicht aber über die tatsächlichen Erfolgsfaktoren für Führung.

Sein Konstrukt der "emotionalen Intelligenz" untergliedert Daniel Goleman in fünf Komponenten, die er in dem Artikel ausführlich und anschaulich erläutert. (Interessanterweise spricht er von "Komponenten", nicht von "Faktoren – eine Faktorenanalyse scheint über die Daten also nicht gerechnet worden zu sein.) Diese fünf Komponenten sind:

1. Selbst-Bewusstsein: "the ability to recognize and understand your moods, emotions, and drive, as well as their effect on others". Es äußert sich in Selbstvertrauen, einer realistischen Selbsteinschätzung und einem "selbstentwertenden" (self-depreciating) Sinn für Humor (gemeint ist wohl die Fähigkeit, sich selbst auf die Schippe zu nehmen).

2. Selbstregulation: "the ability to control or redirect disruptive impulses and moods / the propensity to suspend judgment – to think before acting". Sie äußert sich in Vertrauenswürdigkeit und Integrität, in Ambiguitätstoleranz und in Offenheit für Veränderungen.

3. (Leistungs-)Motivation: "a passion to work for reasons that go beyond money or status / a propensity to pursue goals with energy and persistence" – zu erkennen an starker Ergebnisorientierung, Optimismus auch angesichts von Misserfolgen, Commitment zum Unternehmen.

4. Empathie: "the ability to understand the emotional makeup of other people / skills in treating people according to their emotional reactions". Sie äußert sich in der bewiesenen Fähigkeit, Talente zu entwickeln und zu halten, in interkultureller Sensibilität und im Service für Klienten und Kunden.

5. Soziale Fähigkeiten: "proficiency in managing relationships and building networks / an ability to find common ground und build rapport" – erkennbar etwa an dem erfolgreichen Führen von Veränderungsprozessen, an Überzeugungskraft und an der Fähigkeit, Teams zu entwickeln und zu führen.

Das liest sich alles sehr einleuchtend und plausibel, und es liefert ohne Zweifel Stoff zum Nachdenken (bzw. untermauert die in der PE- und OE-Szene verbreitete Überzeugung, dass letzten Endes die sozialen Fähigkeiten eines Managers für dessen Erfolg ausschlaggebend seien). Doch nährt nicht nur die dünne Beschreibung der Methodik Zweifel an der empirisch-methodischen Fundierung von Golemans Thesen.

Bei genauerem Hinsehen kann man auch fragen, was der Aspekt der Leistungsmotivation mit emotionaler Intelligenz zu tun hat. Im Gegensatz zu den vier anderen "Komponenten" handelt es sich dabei nicht um eine Fähigkeit oder Kompetenz, sondern um einen Antrieb – und noch dazu um einen, der nicht zwangsläufig sozialer oder "emotionaler" Natur ist: Er zeichnet auch Erfinder, Leistungssportler, Künstler oder Entwickler aus.

Diese Kritik macht Golemans Thesen nicht wertlos. Sie wirft lediglich die Frage auf, ob es sich tatsächlich, wie von ihm behauptet, um ein wissenschaftlich abgesichertes Konzept handelt oder doch nur um ein sehr plausibles – und brillant vermarktetes – Denkmodell. Gerade weil ich gerne den empirischen Beweis gehabt hätte, dass "emotionale Intelligenz" (oder, wie man in der Vor-Goleman-Area gesagt hätte: soziale Kompetenz) tatsächlich der entscheidende Erfolgfaktor der Führung ist, finde ich diese Unklarheit hochgradig unbefriedigend.

Schlagworte:
Führung, Emotionale Intelligenz, Soziale Kompetenz

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