Zum Glück ist selten solch ein Totalausfall zu vermelden: Dieses Buch ist unkonkret, sowohl in der Sprache als auch in der Gedankenführung von nonchalanter Nachlässigkeit geprägt und lässt jedes tiefere Verständnis für Veränderungsprozesse vermissen.
Hat der Gabler Verlag eigentlich keine Qualitätskontrolle? Hat er nicht wenigstens ein Lektorat, das wenn schon nicht die inhaltliche, so doch zumindest die sprachliche Zumutbarkeit eines Buchs gewährleistet? Zwar ist ein Lektor namentlich genannt, aber im Text hat er keine für den Leser wahrnehmbaren Spuren hinterlassen. Oder falls doch, wie muss das Manuskript dann vorher ausgesehen haben? Der Text wirkt wie ein kaum redigiertes Diktaphon-Transkript. Themen, Aussagen und Zeitbezüge purzeln wie Kraut und Rüben durcheinander; Stilbrüche und selbst logische Inkonsistenzen und widersprüchliche Verwendungen von Begriffen finden sich reihenweise. Darüber könnte man hinwegsehen, wenn der Inhalt die redaktionellen Mängel ausgleichen würde – doch davon kann leider überhaupt keine Rede sein.
Das klingt hart und potenziell ungerecht. Aber ich schreibe das nicht leichtfertig und auch nicht aus einer momentanen Verstimmung heraus, sondern nach wiederholtem Bemühen, dem Buch positive Aspekte abzuringen. Zwischen den ersten Notizen zu dieser Besprechung und deren endgültiger Abfassung liegen mehr als sechs Monate, doch gebessert hat sich mein Eindruck durch das genauere Lesen nicht. Manche Aussagen grenzen an unfreiwillige Komik, wie etwa die Überschrift: "Ungewollten Überraschungen gezielt vorbeugen" (S. 28) oder im Fallbeispiel über eine Fusion: "Denkbar ist es, die Häuser (...) gegenseitig zugänglich zu machen und die Mitarbeiter an diesem Tage auch physisch zu verschmelzen" (S. 71). An wieder anderen Stellen fragt man sich, worüber man mehr staunen soll: über die unübertreffliche Banalität der Aussagen oder über die Chuzpe der Autorinnen, sie in den Druck zu geben. So besteht Abbildung 1 nur aus den beiden Begriffen "Interne Kommunikation" und "Information", die durch zwei Doppelpfeile verbunden sind. Demnach besteht zwischen Kommunikation und Information ein wechselseitiger Zusammenhang. Na so was!
In vielen Passagen des Buchs entsteht der Verdacht, dass das Problem nicht auf der sprachlichen, sondern auf der gedanklichen Ebene liegt: "Gezieltes Change Management funktioniert nur, wenn die Mitarbeiter an den vorgegebenen (!) Zielkonsens (!) des Managements glauben (!) und das Management seinerseits den Faktor Mitarbeiter in die Gesamtrechnung (!) miteinbezieht und echte Kommunikation möglich macht (!), die Inszenierung zulässt." (S. 22) Was bitte ist das: eine "echte Kommunikation", "die Inszenierung zulässt"? Besteht zwischen "echter Kommunikation" und "Inszenierung" nicht eine Spannung – und wenn ja, wie lässt sie sich auflösen?
Verwirrenderweise definieren die Autorinnen Inszenierung kurz davor als einen "Ablaufplan mit Höhepunkten und ruhigeren Phasen und vor allem mit einem klar definierten Endpunkt", für sie "das A und O einer jeden erfolgreichen Kommunikationsstrategie in Veränderungsprozessen" (S. 15). Sieht man von der kuriosen Hervorhebung des Endpunkts ab, wäre "Inszenierung" demnach ein ganz banaler Kommunikationsplan. Doch im übrigen Text scheren sich Zowislo und Schwab – die eine Marketingmanagerin bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, die andere Inhaberin einer Werbeagentur – wenig um ihre eigene Definition, sondern gehen in ihren Inszenierungsambitionen weit darüber hinaus. Der Beigeschmack von Manipulation, der dem Begriff Inszenierung ja anhaftet, wird von vielen ihrer Ausführungen unterstrichen, da sie Mitarbeiter zu (Manipulation-)Objekten einer vermeintlich cleveren strategischen Kommunikation machen. Diese Problematik wird jedoch nicht einmal ansatzweise reflektiert.
Die Gliederung ihres Buchs folgt einem prototypischen Verlauf von Veränderungsprozessen. Nach der angesprochenen Einführung "Die Inszenierung eines Veränderungsprozesses" folgen "Kommunikation vor dem Beginn des Change-Prozesses" und "Kick-off des Change-Prozesses". Weiter geht es mit "Kommunikative Begleitung von Veränderungen" und "Nachbereitung", und zum Schluss kommen "Die wichtigsten Instrumente auf einen Blick". Widerstände und Konflikte, die bei Veränderungsvorhaben ja auch schon vereinzelt beobachtet wurden, kommen weder in der Gliederung noch im Stichwortverzeichnis vor; "Der Krisenfall" wird auf 2 Seiten abgehandelt, was gerade zu der – im Prinzip richtigen, aber doch etwas vagen – Erkenntnis reicht: "Ärger gibt es natürlich in jedem Fall. Doch durch einen offenen Umgang mit Fehlschlägen kann man diesen Ärger so kanalisieren, dass er in eine sachliche Auseinandersetzung und konstruktive Vorschläge mündet." (S. 85) Dass das in der Praxis nicht ganz so einfach zu realisieren ist, steht auf einem anderen Blatt, aber diese Art von Blättern findet sich in dem Buch nicht: Wenn es konkret zu werden droht, lassen die Autorinnen den Leser allein – nicht nur an dieser Stelle, sondern generell.
An der Gliederung beeindruckt zunächst positiv, dass Zowislo und Schwab die Kommunikation nicht erst beim Kick-Off beginnen lassen, sondern schon vor dem Beginn des Change-Prozesses. Zwar kann man mit gewissem Recht argumentieren, dass diese Kommunikation automatisch der Beginn des Prozesses ist – aber dennoch: Das Unternehmen, oder besser, die Mitarbeiter und Führungskräfte auf die bevorstehenden Veränderungen vorzubereiten, ist in jedem Fall sinnvoll. Trotzdem berührt es merkwürdig, wenn sie dann über den Kick-Off schreiben: "Nach der intensiven Phase der Vorbereitung, in der im besten Falle alle Unklarheiten beseitigt worden sind und in der die strategischen oder anderen Veränderungen nochmals genau und verfeinert geplant wurden, kommt nun der große Tag der offiziellen Einführung der Veränderung. Die Mühen der letzten Wochen oder gar Monate zahlen sich an diesem Tage aus, wenn alles ohne größere Probleme anläuft und eigentlich jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin die Veränderung als gewöhnlich, als bekannt und als fast schon normal betrachtet. Die Ängste sind genommen, alle notwendigen Details wurden in der vergangenen Zeit kommuniziert, das Feedback und die konstruktive Kritik sind in die tatsächlich durchgeführten Änderungen aufgenommen worden, und die Mitarbeiter fühlen sich in das Neue integriert und in ihrer Wichtigkeit für das Unternehmen bestärkt." (S. 55)
Der Kick-Off als "der große Tag der offiziellen Einführung der Veränderung" – implizit sagen Zowislo und Schwab damit, dass sie den Kick-Off nicht als den Auftakt eines partizipativen Veränderungsprozesses ansehen, sondern als den Roll-Out, das "Einschalten" von zuvor beschlossenen, abgestimmten und kommunizierten Veränderungen. Das ist zwar ungebräuchlich, aber man kann das machen. Allerdings entstehen daraus mindestens zwei Fragen: Erstens, warum danach noch drei Kapitel folgen, wo die Veränderungen doch mit dem Kick-Off bereits erfolgreich eingeführt wurden, zweitens, warum sie überhaupt von einem "Veränderungsprozess" sprechen: Bei diesem Verständnis wäre "Interne Kommunikation vorgegebener Veränderungen" der treffendere Titel. Allerdings würde der Leser auch hierzu aus diesem Buch wenig Konkretes erfahren.
Angesichts zahlreicher sprachlicher und gedanklicher Unsauberkeiten, vor allem aber angesichts der Tatsache, dass dieses Werk weder einen theoretischen noch einen praktischen Nutzen bietet, weder für Anfänger noch für Fortgeschrittene, ist das eine Veröffentlichung, mit der der Gabler Verlag weder den Autorinnen noch seinem eigenen Ruf als betriebswirtschaftlicher Fachverlag einen Gefallen getan hat.
|