Die Umsetzungsberatung

Unternehmenskultur und Kulturveränderung






Winfried Berner:
"CHANGE!" (Erweit. Neuauflage)

20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung

Change! - 20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung

Für weitere Informationen
klicken Sie bitte hier.
 

Winfried Berner, Regula Hagenhoff, Th. Vetter, M. Führing
"Ermutigende Führung"

Für eine Kultur des Wachstums

Ermutigende Führung: Für eine Kultur des Wachstums

Für weitere Informationen
klicken Sie bitte hier.
 

Winfried Berner:
Culture Change

Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil

Culture Change: Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil

Für weitere Informationen
klicken Sie bitte hier.
 

Winfried Berner:
"Bleiben oder Gehen"

Bleiben oder Gehen

Für weitere Informationen
klicken Sie bitte hier.
 

Leitbild und Führungsgrundsätze: Weshalb sie nichts verändern

 

Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung

Obwohl ich als Berater viele Unternehmen von innen kenne, wüsste ich kein einziges zu nennen, in dem die Einführung eines Leitbilds oder von Führungsgrundsätzen eine greifbare positive Wirkung gehabt hätte. Das liegt weder an einem Mangel an gutem Willen noch an groben handwerklichen Fehlern. Es liegt vielmehr daran, dass auch die sorgfältigste Beschreibung, wie man die Welt gerne hätte, nicht bewirkt, dass die Welt so wird. Im günstigsten Fall geht der Alltag über Leitbilder, Führungsgrundsätze etc. schlicht hinweg, im ungünstigeren richten sie sogar Schaden an.

  • Wunsch und Wirklichkeit
  • Es wäre voreilig, daraus, wie es zuweilen geschieht, die Schlussfolgerung abzuleiten, dass man eine Unternehmenskultur oder die Unternehmenswerte überhaupt nicht verändern könne. Es gibt zahlreiche Beispiele dafür, wie sich im Laufe von Veränderungsprozessen auch Unternehmenskulturen dauerhaft verändert haben – bei Großkonzernen ebenso wie im Mittelstand und im öffentlichen Dienst. Doch in aller Regel geschah nicht durch Leitbilder und Führungsgrundsätze, sondern über konkrete, geschäftsbezogene Veränderungsziele wie Kundenorientierung, Kostensenkung, Ablaufoptimierung, Qualitätskampagnen oder Programme zur Steigerung der Mitarbeiterqualität.

  • Wege zur Kultur-
    veränderung
  • Das "Regenmacher-Syndrom"

     

    Der Grund, weshalb Leitbilder und Führungsgrundsätze in aller Regel im Niemandsland enden, ist, dass es zwar oftmals einen "starken Anfang" gibt, aber danach keine wirkliche Fortsetzung. Im Grunde wird hier sehr häufig Management-Voodoo betrieben:

  • Management-Voodoo
  • Abb.: Geisterbeschwörung im Management

     

    Magisches Denken (Voodoo / abergläubisches Handeln) liegt dann vor, wenn zwischen dem eigenem Handeln und dem gewünschtem Ergebnis kein schlüssiger Kausalzusammenhang besteht. Denn warum sollte sich eine Kultur verändern, nur weil man im Indikativ Präsens auf einen Zettel geschrieben hat, wie man sich eine bessere Kultur vorstellt ("Wir gehen offen und vertrauensvoll miteinander um") und ein paar Bekräftigungsrituale dazu veranstaltet hat? Das ist ungefähr so, wie wenn man sein Wunschgewicht auf einen Zettel schreibt, sich dann noch ein paar T-Shirts und Poster mit diesem Wunschgewicht bedruckt und dann bei unveränderten Lebensgewohnheiten darauf wartet, dass man abnimmt. Wenn sich dann nach einem Jahr noch nichts getan hat, kann man sich ja damit trösten, dass Kulturveränderungen eben mehrere Jahre dauern.

  • Fehlender Kausal-
    zusammenhang
  • Regentänze haben im Vergleich sogar noch einen Vorteil: Die Wahrscheinlichkeit, dass es regnet, ist tatsächlich um so größer, je länger man diese Tänze durchhält. Das liegt zwar nur daran, dass die Regenwahrscheinlichkeit steigt, je mehr Zeit verstreicht, aber immerhin, es wirkt. Und es hilft, die Wartezeit zu überbrücken, wenn man die Leute in Bewegung hält, und gibt ihnen das Gefühl, aktiv etwas zu tun, statt bloß passiv auf Regen zu warten.

  • Regen kommt trotz Tänzen
  • Das Problem mit Leitbildern und Führungsgrundsätzen ist, dass die gewünschten Veränderungen der Unternehmenskultur – im Gegensatz zum Regen – nicht von alleine kommen, wenn man die Leute nur lange genug mit Freiübungen beschäftigt. Vielmehr stellt sich nach einer Weile immer mehr Unzufriedenheit und Zynismus ein. Das läuft oft in sechs Phasen ab:
    1. Begeisterung: Zumindest die jüngeren Mitarbeiter, die noch keine früheren Leitbildprozesse miterlebt haben, hören die wohlklingenden Grundsätze, finden sie gut und projizieren ihre unerfüllten Hoffnungen und Wünsche hinein. (In den meisten Firmen wächst allerdings seit Jahren der Anteil derer, die solche Übungen schon einige Male miterlebt und die Nase gestrichen voll davon haben.)
    2. Erwartung: Sie warten darauf, dass die Vorgesetzten und Kollegen ihre hochgesteckten Erwartungen erfüllen.
    3. Ernüchterung: Je länger sie warten, desto mehr schlägt die Hoffnung und Vorfreude in Enttäuschung um.
    4. Protest: Bei passender Gelegenheit oder wenn sie ein Vorfall besonders stört , bringen einige vorwitzige Mitarbeiter die Diskrepanz zwischen Worten und Taten zur Sprache.
    5. Verbitterung: Meist erklärt das Management dann, dass sie zu viel und Falsches in die Leitsätze hineininterpretiert hätten. Spätestens dann fühlen sich die Leute auf den Arm genommen und ziehen sich zurück.
    6. Zynismus: Nach einigen solchen Erfahrungen hat das Leitbild jede "Leitwirkung" verloren und taugt nur noch für sarkastische Sprüche hinter vorgehaltener Hand ("Wir führen durch Vorbild. Ha. Ha.").

  • Kultur ändert sich nicht von allein
  • Das fortgeschrittene Stadium einer solchen Krise kann man in Unternehmen beobachten, die vor einiger Zeit ein Leitbild oder Führungsgrundsätze eingeführt haben. Fragt man die Mitarbeiter, was es mit den aushängenden Postern auf sich hat, erntet man oftmals äußerst unwirsche Reaktionen: "Lassen Sie mich bloß damit in Ruhe!" Häufig werden dann bei jedem neuen (echten oder vermeintlichen) Regelverstoß voller Sarkasmus jene Programmsätze zitiert, bei denen die größten Enttäuschungen sitzen. "We care for the individual", raunte man sich auf den Fluren eines Beratungsunternehmens zu, wenn wieder einmal, um knappe Kundentermine zu halten, private Verabredungen abgesagt und Wochenenden durchgearbeitet werden müssen. Die Oberzyniker setzten noch eins drauf und behaupten, dies geschehe selbstverständlich aus reiner Fürsorglichkeit, um die jungen und unreifen Mitarbeiter vor den Anfechtungen des großstädtischen Nachtlebens zu schützen.

  • Enttäuschung und Zynismus
  • Programmsätze sind Projektionsflächen

     

    Zur finalen Stufe von Eskalation von Unzufriedenheit und gegenseitiger Entfremdung kommt es, wenn die Diskrepanz zwischen Worten und Taten bei einer vermeintlich passenden Gelegenheit offen zur Sprache gebracht wird. Das Management ist dann nicht selten überrascht, erschrocken oder gar entsetzt darüber, welche Dinge in die Leitsätze "hineininterpretiert" werden. Denn dadurch kommen die Vorgesetzten selbst unter Druck, und zwar oft mehr als sie eingestehen wollen: Sie sehen sich mit Erwartungen konfrontiert, denen sie nicht gerecht werden und dies oftmals auch gar nicht können oder wollen.

  • Konflikt über Auslegung
  • Um den Schwarzen Peter loszuwerden und sich von dem Druck "überzogener" Erwartungen an ihr Führungsverhalten zu befreien, versuchen sie, diese "Fehlinterpretationen" sofort zu korrigieren. Dabei schlägt sich das eigene Unbehagen und – ansatzweise – schlechte Gewissen zuweilen in überzogenen Formulierungen nieder, die weitere Kränkungen auslösen. Wie etwa in der erwähnten Beratungsfirma in dem ärgerlichen Hinweis des Managements, dass "We care for the individual" selbstverständlich nicht heiße, dass ein Beratungsjob mit einem Beamtenverhältnis oder einer beschützenden Werkstatt gleichzusetzen sei und dass man "ein Mindestmaß an Leistungsbereitschaft" in einer Beratungsfirma schon erwarten müsse.

  • Defensive Reaktionen
  • Damit ist die Sache endgültig gelaufen. Die verletzende Betonung von Selbstverständlichkeiten, die mitschwingende Unterstellung mangelnden Leistungswillens und der Anspruch, letztinstanzlich zu entscheiden, was richtige und was Fehlinterpretationen sind, gibt den Mitarbeitern das Gefühl, mit der ganzen Aktion verschaukelt worden zu sein. Ohnmächtig und wütend ziehen sie das Fazit: "Sie drehen doch wieder alles so hin, wie es ihnen passt." Und wenden sich verärgert, gekränkt und getäuscht ab. In diesem Fall hat der Regentanz keinen Regen gebracht, sondern noch größere Dürre.

  • Trotziger Rückzug
  • Dass das Leiden an Leitsätzen über einzelne schlecht gelaufene Einzelfälle hinaus reicht, sieht man daran, dass einige besonders "beliebte" Formulierungen längst zum Running Gag geworden sind. Betriebsräten aller Herren Länder sträuben sich die Nackenhaare, wenn es wieder einmal irgendwo heißt, dass der Mensch im Mittelpunkt stehe. Der Ärger über solche Sprüche hat sich längst in zahlreichen Parodien niedergeschlagen: "Der Mensch steht im Mittelpunkt – und damit allen im Weg." Oder, noch prägnanter: "Der Mensch ist Mittel. Punkt."

  • Leitsätze oder Leidsätze?

  • Culture Change - Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil Wie Sie vorgehen können, um die Kultur Ihres Unternehmens gezielt zu verändern, erfahren Sie
    in meinem Buch "Culture Change – Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil" (Schäffer-Poeschel 2. erweiterte Auflage 2019). Es vermittelt Ihnen praxiserprobte Strategien zur Kulturveränderung und zeigt Ihnen, worauf es ankommt, um die Weiterentwicklung Ihrer Unternehmenskultur nicht nur erfolgreich zu starten, sondern sie über alle Fallstricke hinweg zu einem dauerhaften Erfolg zu führen.

    Mehr über "Culture Change – Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil"

  • Buch "Culture Change"
  • Was tun?

     

    Ich habe einige Zeit geglaubt, dass dieses Problem zu beheben wäre, wenn man die Leitsätze nur präzise genug formuliert und sie zu nachprüfbaren Indikatoren konkretisiert. Inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher. Zwar ist eine Konkretisierung ohne Zweifel nützlich, weil sie sowohl den Mitarbeitern als auch der Führungsmannschaft die extrem frustrierenden nachträglichen Kontroversen um die richtige Auslegung erspart. Je präziser man zu jedem Leitsatz festlegt, was er genau bedeutet (und was nicht!) und woran man erkennt, ob er erfüllt ist oder nicht, desto unwahrscheinlicher wird, dass es zu grundlegend unterschiedlichen Auslegungen kommt.

  • Präzisierung durch Indikatoren
  • Dennoch ist fraglich, ob dies die Sache rettet. Auch nach dieser Präzisierung bleibt das Problem, dass Leitbilder und Führungsgrundsätze die Erwartungen enorm in die Höhe schrauben – oft über das menschliche Maß hinaus. Je höher jedoch die Erwartungen, desto größer das Potenzial für Enttäuschungen. Da aber die meisten Führungskräfte auch "nur" Menschen sind, werden sie diesen überhöhten Maßstäben auch bei redlichstem Bemühen nicht immer gerecht. Je umfassender, vollständiger und herzergreifender die Leitsätze geraten sind, desto mickriger fällt im Vergleich dazu die Realität aus – zumal viele Führungskräfte angesichts eines Maßstabs, der ihnen einen heiligmäßigen Lebenswandel abverlangen würde, resignieren und sich gar nicht mehr um Verbesserungen bemühen.

  • Überhöhte Erwartungen und ihre Folgen
  • Wenn das aber stimmt, dann ist es nicht damit getan, die Anforderungen zu präzisieren; das würde sie nur noch einschüchternder machen. Dann ist die einzig mögliche Konsequenz ein von Grund auf anderes Vorgehen. Dann müssen wir uns von der Vorstellung verabschieden, in einem Anlauf eine Gesamtlösung schaffen zu können, die dann ein für allemal (oder wenigstens für die nächsten fünf Jahre) Geltung hat. Wenn Leitbild und Führungsgrundsätze nicht bloß Marketing sein, sondern die Kultur und das Verhalten wirklich und dauerhaft verändern sollen, ist ein sequentielles, schrittweises Herangehen empfehlenswert, und damit zugleich die Konzentration auf einige wenige, aber zentrale Schwerpunkte.

  • Konzentration statt Universallösung
  • Grundlegend anderes Vorgehen erforderlich

     

    Darüber hinaus erfordert es ein ernsthaftes und stringentes Vorgehen – nicht bloß einen starken Anfang, dem es an einer vergleichbar überzeugenden Fortsetzung fehlt, sondern ein durchdachter Plan von Anfang bis Ende, der mit langem Atem umgesetzt wird. Normalerweise, wenn man im Business etwas verändern will, schreibt man ja auch keine Programmsätze, sondern man definiert Ziele und Maßnahmen und legt Termine für die Überprüfung der Zielerreichung fest. Warum sollte man diese bewährte Vorgehensweise nicht auch auf die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur übertragen? Würde man die Führungsgrundsätze beispielsweise die in die Leistungsbeurteilung für Führungskräfte integrieren und, sofern vorhanden, in die variable Vergütung einfließen lassen, würde das allen Beteiligten einen hohen Grad von Ernsthaftigkeit signalisieren.

  • Ziele und Maßnahmen
  • Das kann weitere Konsequenzen haben. Möglicherweise stellt sich heraus, dass manche Ziele in den Bereichen Führung und Zusammenarbeit durch das Top-Management nicht oder nur unvollständig beurteilt werden können. Dann müssen eben andere geeignete Controlling-Methoden gefunden werden. Vielleicht muss dann konsequenterweise eine Vorgesetztenbeurteilung oder ein 360-Grad-Feedback eingeführt werden. Aber das kann man ja machen, und man wird es auch tun, wenn man es mit den Zielen wirklich ernst meint. Wer vor solchen Umsetzungsschritten zurückschreckt, weil sie aus seiner Sicht "zu viel Aufwand" sind oder "zu viel Unruhe" bringen, sollte besser ganz die Finger von der Sache lassen – zu groß ist die Gefahr, die Loyalität der Mitarbeiter unnötig zu strapazieren und am Ende, wie oben gesehen, statt einer Kulturveränderung nur einen Anstieg des Zynismus' zu bewirken.

  • Bereitschaft zur Konsequenz
  • Nach meinen Erfahrungen finden solch programmatische Aussagen, wie sie sich in Leitbildern und Führungsgrundsätzen versammeln, am ehesten dann Akzeptanz, wenn sie im Laufe einer echten Kulturveränderung entstehen, und zwar relativ spät (!) in diesem Prozess. Dann haben die Mitarbeiter bereits wahrgenommen, dass etwas in Bewegung ist, sich damit auseinandergesetzt, wie es sie selbst und ihre Vorgesetzten betrifft, und erste Umstellungen in ihren Gewohnheiten vorgenommen. Wenn das geschehen ist, werden realitätsnah formulierte, nicht allzu sehr idealisierende Leitsätze als Bestätigung und Bekräftigung des eingeschlagenen Wegs verstanden und akzeptiert.

  • Leitsätze als Bekräftigung

  • Sie denken gerade über die strategische Weiterentwicklung Ihrer Unternehmenskultur nach oder planen ein entsprechendes Projekt? Oer haben eine verwandte Fragestellung, zu der Sie fachkundige Unterstützung oder eine kompetente Hintergrund-Beratung suchen? Dann sprechen Sie uns gerne an!


    Link zum Kontaktformular

    oder direkte Mail an w.berner(at)umsetzungsberatung.de

    oder Telefon +49 / 9961 / 910044


  • Wir helfen Ihnen gerne!
  •  


    Verwandte Themen:

    Unternehmenskultur
    Unternehmenswerte
    Kulturveränderung
    Indikatoren
    Leistungsbeurteilung
    Vorgesetztenbeurteilung

    Plagiate dieser Website werden automatisiert erfasst und verfolgt.