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Arbeitsrecht und Mitbestimmung






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Betriebsversammlung: Zu Gast im eigenen Haus

 

Veranstalter und Hausherr bei Betriebsversammlungen ist nach den Paragraphen 42 ff. des Betriebsverfassungsgesetzes der Betriebsrat. Der Arbeitgeber hat dort Rederecht (§ 43 Abs. 2), ist aber nicht Herr des Verfahrens. Wie wichtig diese Formalie ist, hängt vom gegenseitigen Verhältnis ab. Je selbst- und machtbewusster der Betriebsrat ist, desto mehr wird er Betriebsversammlungen für seinen eigenen Auftritt nutzen – immerhin sind sie sein wichtigstes Forum, um der Belegschaft seine Arbeit im direkten persönlichen Kontakt darzustellen. Dazu gehört meistens auch ein Schuss Polemik gegenüber dem Arbeitgeber.

  • Betriebsrat hat Hausrecht
  • Es ist nützlich, die Rechtslage zu kennen, denn sie steckt den Rahmen für alles Weitere ab. Hier die wichtigsten Bestimmungen:

  • Rechtslage
  • § 42 Zusammensetzung, Teilversammlung, Abteilungsversammlung. (1) Die Betriebsversammlung besteht aus den Arbeitnehmern des Betriebs; sie wird von dem Vorsitzenden des Betriebsrats geleitet. Kann wegen der Eigenart des Betriebs eine Versammlung aller Arbeitnehmer zum gleichen Zeitpunkt nicht stattfinden, so sind Teilversammlungen durchzuführen. (...)

  • Zusammen-setzung
  • § 43 Regelmäßige Betriebs- und Abteilungsversammlungen. (1) Der Betriebsrat hat einmal in jedem Kalendervierteljahr eine Betriebsversammlung einzuberufen und in ihr einen Tätigkeitsbericht zu erstatten. (...) Der Betriebsrat kann in jedem Kalendervierteljahr eine weitere Betriebsversammlung (...) durchführen, wenn dies aus besonderen Gründen zweckmäßig erscheint.

  • Häufigkeit
  • (2) Der Arbeitgeber ist zu den Betriebs- und Abteilungsversammlungen unter Mitteilung der Tagesordnung einzuladen. Er ist berechtigt, in der Versammlung zu sprechen. (...)

  • Arbeitgeber
  • (3) Der Betriebsrat ist berechtigt und auf Wunsch des Arbeitgebers oder von mindestens einem Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer verpflichtet, eine Betriebsversammlung einzuberufen und den beantragten Beratungsgegenstand auf die Tagesordnung zu setzen. (...)

  • Einberufung
  • Auswirkungen der Rechtslage

     

    Wie sich aus diesen Bestimmungen ergibt, hat der Betriebsrat auf Betriebs- und Abteilungsversammlungen das erste und das letzte Wort – und zahlreiche dazwischen. Damit bestimmt er auch das Klima und hat großen Einfluss auf die Tendenz, mit der nicht nur Aussagen des Arbeitgebers, sondern auch jede Art von Berichten über laufende Veränderungsprojekte aufgenommen und bewertet werden.

  • Dominanz des Betriebsrats
  • Was die Kommunikation nicht einfacher macht, ist, dass sich auf Betriebsversammlungen sämtliche Diskussionen in dem starren Rollenkorsett von "Arbeitgeber", "Arbeitnehmer" und "Betriebsrat" abspielen. Das wird noch dadurch verstärkt, dass gemäß § 46 Abs. 1 BetrVG "Beauftragte der im Betrieb vertretenen Gewerkschaften beratend teilnehmen" können. Da hilft es nur wenig, dass zum Ausgleich auch der Arbeitgeber einen Vertreter seines Arbeitgeberverbands mitbringen darf. Denn die externen Funktionäre beider Seiten sind an sozial- und tarifpolitischen Grundsatzfragen oftmals mehr interessiert als an pragmatischen Lösungen für den jeweiligen Betrieb. Und sie dominieren die Versammlung sehr stark, da sie rhetorisch oftmals besser geschult sind als die Betriebsinternen.

  • Gewerk-schaften und Arbeitgeber-
    verband
  • Diese Lagerbildung kann die Projektteams und ihre Leiter in erheblich Verlegenheit bringen. Denn da sie an einem Projekt des Unternehmens mitwirken, sind sie im Auftrag des Arbeitgebers tätig. Dies bringt sie formal in die Nähe der Arbeitgeberrolle, in der sie sich in aller Regel weder sehen noch wohl fühlen. Dadurch geraten sie in einen äußerst unbehaglichen Zwiespalt: Einerseits wollen sie ihr Projekt nicht "verraten", andererseits wollen sich auch nicht unsolidarisch zu den Kollegen und dem Betriebsrat verhalten.

  • Lagerbildung
  • Nur bei einem ausgesprochen konstruktiven Verhältnis zum Betriebsrat bzw. zur Abwendung einer existenzbedrohenden Krise eignen sich Betriebsversammlungen daher als Forum, um umfassend über Fortgang und Ergebnisse laufender Change Management-Projekte zu berichten. In den meisten anderen Fällen ist es zweckmäßiger, hierfür eigene Versammlungen einzuberufen. Sie sollten dann allerdings, um rechtliche Komplikationen zu vermeiden, nicht Betriebsversammlungen genannt werden – nennen Sie sie z.B. Belegschaftsversammlung, Mitarbeiterversammlung oder, etwas weniger förmlich, ganz einfach Informationsveranstaltung.

  • Alternative eigene Versammlung
  • Mögliche Strategien

     

    Wenn Sie sich dennoch entscheiden, das Forum einer Betriebsversammlung für die Kommunikation wichtiger Nachrichten zu nutzen, haben Sie zwei Möglichkeiten: Entweder Sie treffen im Vorfeld klare Absprachen mit dem Betriebsrat, wie Ablauf und zentrale Aussagen sein werden. Das hat nichts mit Kungelei zu tun, sondern nur damit, ob man trotz teilweise unterschiedlicher Interessen auf vernünftige Art und Weise zusammenarbeiten kann. Schließlich ist es im Interesse beider Seiten, Überraschungen zu vermeiden, die den jeweils anderen zur spontanen Improvisiation zwingen. Oder Sie agieren ohne Absprache und damit in der Regel in der klassischen Betriebsrat-Arbeitgeber-Konfrontation. Auch das ist ein gangbarer Weg, allerdings mit offenem Ausgang: Dann spielt eben jeder so gut, wie der Gegner es zulässt.

  • Mögliche Rollen-
    verteilungen
  • Man sollte sich nur rechtzeitig entscheiden, welchen dieser Wege man wählt. Auftritte ohne Absprache eignen sich eher für Richtungsaussagen sowie zur Wiederholung und Bekräftigung zentraler Botschaften, nicht jedoch für ausführliche Darlegungen. Denn sowohl der Betriebsrat als auch die Belegschaft werden ungehalten reagieren, wenn der Arbeitgeber oder seine Stellvertreter auf Erden auf ihrer Veranstaltung ohne vorherige Absprache sehr viel Redezeit in Anspruch nimmt. Entsprechend würde man Gefahr laufen, einer Polarisierung Vorschub zu leisten, die die Mehrzahl der versammelten Mitarbeiter eher auf Distanz zum Management und damit zu den Vorschlägen des Projekts bringt.

  • Klare Linie festlegen
  • In jedem Fall sollten Sie auf Betriebsversammlungen aber Flagge zeigen, wenn Sie für ein größeres Veränderungsvorhaben (mit-)verantwortlich sind. Denn es ist gut möglich, dass ihr Projekt dort zur Sprache kommt, und dann ist es gut, wenn Sie anwesend sind, denn nur dann können Sie dann Erläuterungen geben, Missverständnisse ausräumen und falschen Darstellungen widersprechen. Wenn Sie bei einer solchen Gelegenheit zu Kritik Stellung nehmen, bemühen Sie sich, mit ihr möglichst offen und konstruktiv umzugehen – auch dann, wenn die Kritik polemisch ist oder sogar unter der Gürtellinie geht. Denn wenn Sie mit gleicher Münze zurückzahlen und den Betriebsrat oder einzelne Redner attackieren, lösen Sie allenfalls Solidarisierungseffekte aus und vertiefen vorhandene Gräben bzw. reißen neue auf. Allerdings bedeutet das weder Unterwürfigkeit noch, dass Sie alles schlucken müssen: Grenzen Sie sich gegenüber falschen, polemischen oder irreführenden Aussagen ruhig deutlich (aber dennoch sachlich) ab!

  • Flagge zeigen
  • Nicht immer wird es Ihnen bei solchen Gelegenheiten gelingen, alle Teilnehmer zu überzeugen. Je nach vorhandener Grundstimmung werden Sie dort sogar heftigen Gegenwind zu spüren bekommen – auch deshalb, weil sich im Rahmen einer Betriebsversammlung eher die Kritiker als die Befürworter Ihres Vorhabens äußern. Lassen Sie sich daher nicht beirren, wenn Sie kaum Rückendeckung aus dem Publikum bekommen. Zielen Sie mit einer gelassenen, abgewogenen Argumentation weniger auf die schärfsten Kritiker, sondern in erster Linie auf die noch Unentschiedenen. Und vermeiden Sie es unbedingt, sich in wütende Gegner oder destruktive Polemiker zu verbeißen.

  • Sachliche Argumentation
  • Bitte beachten Sie: Die Informationen auf dieser Website dienen lediglich einer ersten groben Orientierung über die arbeitsrechtlichen Rahmenbedingungen bei betrieblichen Veränderungsprozessen in Deutschland. Sie können und sollen weder die Rechtslage erschöpfend darstellen noch den Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht ersetzen. Deshalb wird ausdrücklich davon abgeraten, allein auf dieser Grundlage das Vorgehen für eine konkrete Situation festzulegen. Diese Seiten wurden mit Sorgfalt und im Bemühen um Aktualität erstellt; jegliche Haftung ist jedoch ausdrücklich ausgeschlossen.
     

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