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Info-Veranstaltung: Vertrauensbildung durch regelmäßige
und offene Kommunikation |
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Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung |
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Eine Info-Veranstaltung durchzuführen, ist kein Hexenwerk
– zumindest so lange nicht, wie das Change Management gut
läuft und es keine nennenswerten Widerstände
gibt. Worauf es ankommt, ist, solche Veranstaltungen tatsächlich
mit hoher Regelmäßigkeit durchzuführen. In vielen Change-Projekten
hat es sich bewährt, hier für einen Automatismus zu sorgen
und sie zum Beispiel fest an Sitzungen des
Lenkungsausschusses zu koppeln. | |
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Sie setzen ein Zeichen für eine offene Kommunikationspolitik,
wenn Sie schon am Beginn eines neuen Projekts festlegen, dass regelmäßig einige
Tage nach den Lenkungsausschuss-Sitzungen Info-Veranstaltungen
stattfinden werden, in denen die wesentlichen Inhalte der
Team-Präsentationen sowie
die getroffenen Entscheidungen allen interessierten Mitarbeitern
(bzw. in großen Unternehmen den Führungskräften mit dem Auftrag
der Weitervermittlung) vorgestellt werden. Wenn Sie das konsequent
durchhalten, können Sie mit verhältnismäßig wenig Aufwand
vielen Ängsten, Sorgen
und Spekulationen
in der Belegschaft vorbeugen. |
- Zeitnah zum Lenkungs-ausschuss
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Die Analysen und Vorschläge des Projekts sollten im Normalfall von den Projektteams selbst bzw. ihren Leitern gegeben werden. Welche Entscheidungen der Lenkungsausschuss dazu getroffen hat, kann jeweils von dem für das Change Management-Projekt verantwortlichen Mitglied der Geschäftsleitung erläutern, bei dem auch die Leitung der Veranstaltung liegen sollte. Schon die Tatsache, dass Sie sich dafür regelmäßig die Zeit nehmen, ist ein unmissverständliches Signal an Beteiligte wie Unbeteiligte, dass Sie dem Projekt hohe Priorität beimessen. |
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Früherkennung von Konflikten und
Prävention |
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Durch regelmäßige Informationsveranstaltungen können Sie zugleich
viel darüber erfahren, wie das laufende Change-Vorhaben
von der Belegschaft bzw. den Führungskräften wahrgenommen wird. Das heißt nicht, dass Sie allen Wünschen, Kritikpunkten
und Erwartungen nachkommen sollten – aber Sie sollten sie
in jedem Fall kennen. In der Diskussion können Sie bzw.
das Projektteam Fragen beantworten, Anregungen, Kritik und
Hinweise aufnehmen, die Meinung zu unterschiedlichen Optionen
einholen und frühzeitig deutlich machen, wohin die Richtung
geht. Wenn es Ihnen gelingt, ein offenes Diskussionsklima
zu schaffen, werden die Mitarbeiter und Führungskräfte auf
diese Weise nicht nur informiert, sondern auch einbezogen:
Sie können aktiv Einfluss auf die Projektentwicklung nehmen.
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Solch ein regelmäßiges Forum für Informationen und Diskussionen schaffen, ist nicht nur in "guten Zeiten" sinnvoll, sondern auch und gerade dann, wenn die Grundstimmung gegen das Projekt gerichtet ist und sich wachsende Widerstände regen. Dann herrscht zwar in der Veranstaltung ein etwas heftigerer Gegenwind, und möglicherweise müssen Sie dann auch kritische Teile der Präsentation selbst übernehmen. Aber gerade eine solche Situation gibt Ihnen die Möglichkeit zu zeigen, dass das Top-Management voll hinter dem Vorhaben steht und sich darin auch durch heftigen Gegenwind nicht beirren lässt – dass Sie zwar über Ausgestaltung und Vorgehensweise, nicht aber über die Ziele mit sich reden lassen. |
- Bearbeitung von Widerständen
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Klare Worte können sehr wichtig sein, um einer sich aufbauenden "Gegenreformation" von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen. Auch wenn diese Klarheit und Entschlossenheit im ersten Moment keinen Jubel auslösen wird, ist sie ein wichtiges Instrument der Konfliktprävention: Es macht allen Beteiligten deutlich, dass eine "Fundamentalopposition" gegen das Projekt keine Aussicht auf Erfolg hat und hilft so, Kräfteverschleiß für nutzlose Auseinandersetzungen zu verhindern. |
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Nur in einem Fall sollten Sie sich mit Timing und Vorbereitung
Ihrer Info-Veranstaltung aufpassen, nämlich wenn sich bereits
eine ausgeprägte Polarisierung im Unternehmen entwickelt hat.
Denn dann besteht die Gefahr, dass sich die Gegner des Veränderungsvorhabens
bei dieser Veranstaltung öffentlich auf ihre Position festlegen
und davon ohne Gesichtsverlust nicht mehr herunter kommen.
Was zur Konsequenz hätte, dass Sie diese Personen öffentlich
zurechtweisen und sich, wenn dies nichts bewirkt, unter Umständen
von ihnen trennen müssten. |
- Vorsicht bei Polarisierung!
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Um eine öffentliche Konfrontation und ihre Folgen zu vermeiden, ist es in solchen Fällen oftmals besser, sich dieser Person(en) zuvor in einem intensiven Vier-Augen-Gespräch anzunehmen. Die andere Option ist, dass Sie solch einen "Show-Down" dazu nutzen, in einer zugespitzten Lage Ihre eiserne Entschlossenheit zu beweisen. Sie sollten dann allerdings aufpassen, dass Sie bei solch einer Gelegenheit niemanden "erschießen", den Sie eigentlich nicht verlieren möchten. |
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Zahlreiche Fallbeispiele zu den unterschiedlichsten Typen von Change-Projekten finden Sie in meinem Buch "Change! – 20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung" (Schäffer-Poeschel, 2. erweiterte Auflage 2015). Es vermittelt Ihnen einen breiten Überblick über die unterschiedlichsten Arten von Veränderungsprozessen und zeigt Ihnen, worauf es jeweils ankommt, um Ihre Change-Vorhaben zum Erfolg zu führen.
Mehr Informationen über das Buch "Change! – 20 Fallstudien"
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Praktische Tipps |
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Achten Sie bei Vorbereitung und Durchführung von Info-Veranstaltungen
auf folgende Punkte:
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Häufig müssen die Präsentationen der Projektteams für die Info-Veranstaltung(en) aus Zeitgründen gekürzt werden. Achten
Sie bei allen Kürzungen darauf, dass die große Linie
und die Kernaussagen erhalten bleiben; nehmen Sie Darstellungen
heraus, die zu tief ins Detail gehen und/oder zu viel
Erklärungszeit erfordern, ohne zu grundlegenden Einsichten
zu führen. |
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Widerstehen Sie der Versuchung, Punkte
deshalb herauszunehmen, weil sie "zu brisant" sind.
Die Glaubwürdigkeit Ihres Kommunikationsversprechens – und damit Ihre eigene
– hängt daran, dass gerade die brisanten Inhalte offen
kommuniziert werden. In der Regel sickert es sehr schnell
durch, wenn Präsentationen "zensiert" oder entschärft
wurden. Und dann ist das Vertrauen in Ihre Kommunikation
dahin. |
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Trennen Sie in der Kommunikation, so
klar es geht, zwischen den Vorschlägen der Projektteams und den Entscheidungen, die der Lenkungsausschusses oder die Geschäftsleitung getroffen hat. |
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Falls Sie mit Ihrer Entscheidung von
den Vorschlägen der Projektgruppe abgewichen sind, erläutern
Sie kurz (!) die Gründe. Gehen Sie dabei möglichst wohlwollend
mit den Vorschlägen des Projektteams um und vermeiden
es, deren Vorschläge "niederzumachen" oder sich auf deren Kosten zu profilieren. (Bitte entschuldigen Sie
diesen "selbstverständlichen" Hinweis – dahinter stehen
konkrete Erfahrungen.) |
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Denken Sie nicht nur darüber nach, welche
Informationen Sie zeigen, sondern fragen Sie sich bei
der Vorbereitung auch, was die Mitarbeiter bei dieser
Thematik sonst bewegen könnte. Oft beziehen sich Sorgen weniger auf die Arbeitsergebnisse der einzelnen Projektteams
als auf die daraus möglicherweise resultierenden Konsequenzen.
Sprechen Sie solche Sorgen von sich aus an – es ist
besser, sie aktiv beim Namen zu nennen als zu hoffen, dass sie nicht angesprochen werden. Denn was nicht auf den Tisch gebracht wird, schwelt unter der
Decke weiter. |
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Lassen Sie genügend Raum für Fragen
und Antworten. Kündigen Sie diesen Teil schon bei der
Einführung an und ermutigen Sie die Teilnehmer, frei
von der Leber weg ihre Fragen zu stellen. Wenn die Diskussion schwer anspringt oder Sie damit rechnen müssen, dass keine Fragen kommen, können Sie die Teilnehmer bitten, zehn Minuten lang in Dreiergruppen ihre Eindrücke über die Präsentationen auszutauschen und Fragen zu sammeln. |
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Gehen Sie auch mit heiklen, provokativen
und unangenehmen Fragen freundlich und konstruktiv um. Insbesondere
mit den ersten, denn die Mitarbeiter werden testen,
wie weit sie mit ihren Fragen gehen dürfen. Und wenn
einer der ersten Mutigen sich eine kalte Dusche einhandelt,
werden die anderen Teilnehmer ihre Lehre daraus ziehen. |
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Falls Ihnen eine Frage unangemessen,
dreist oder gar unverschämt vorkommt, fragen Sie sicherheitshalber
noch mal nach, was der Frager gemeint hat, bevor Sie
zurückschießen. Möglicherweise hat er sich nur ungeschickt
ausgedrückt. Aber selbst wenn nicht, lenken Sie dadurch,
dass Sie sich die Frage noch einmal erläutern lassen,
die Aufmerksamkeit der übrigen Teilnehmer auf sie, mit
der Folge, dass sie von einer deutlichen Antwort weniger
überrascht und erschrocken sein werden. |
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Beantworten Sie die Fragen nicht zu
ausführlich. Denn wenn jede Frage mit einem zehnminütigen
Referat bestraft wird, werden potenzielle Frager bald
verstummen, um hinterher nicht von ihren Kollegen gelyncht
zu werden. |
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- Leitlinien zur praktischen Durchführung
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© 2001 Winfried Berner / letzte Revision 30.11.2017 – vollständige oder auszugsweise Wiedergabe, gleich in welcher Form, honorarpflichtig und nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung / Zitate im üblichen Umfang mit Quellenangabe gemäß wiss. Zitationsregeln zulässig. Näheres siehe Nutzungsbedingungen. |
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