|
Multimedia: Nicht die Verpackung, die Person muss überzeugen
| |
Ich bin bekennender Skeptiker, was Medienschlachten im
Change Management betrifft. Die meisten Kommunikationsmethoden,
die üblicherweise unter Multimedia zusammengefasst werden
(Video-Clips, CBTs [Computer-based
Trainings], ...), sind zwar schick, haben aber gravierende
Nachteile.
|
Skepsis trotz "Chic"
|
|
Die beiden wichtigsten Nachteile sind:
|
Nachteile
|
 |
Sie sind langsam, weil der Zeitaufwand
für Entwicklung und Herstellung hoch ist. Damit
scheiden sie als Instrument der schnellen Weitergabe
von Informationen aus.
|
 |
Sie sind unpersönlich. Deshalb
eignen sie sich nicht, Überzeugung, Entschiedenheit oder gar Begeisterung zu transportieren.
|
|
Langsam und unpersönlich
|
Natürlich spricht nichts gegen den Einsatz von E-Mails
als schnelle Information über aktuelle Entwicklungen.
Auch eine Website im Intranet, die über den aktuellen
Stand des oder der Projekte berichtet, ist eine ausgesprochen
gute Sache sofern sie auf dem neuesten
Stand ist. (Achtung: Kostet nicht nur guten Willen, sondern
bindet auch Zeit.)
Der Zweifel beginnt für mich bei aufwendig und bunt
gestalteten Animationen, Videos, DVDs usw. Sie wecken zwangsläufig
die Frage: Soll hier das Medium überzeugend wirken oder
die Sache, die durch sie vermittelt werden soll? Oder soll gar eine aufwendige Präsentation über einen nicht ganz so überzeugenden Inhalt hinwegtrösten? Oder haben die ihrer Agentur einfach nur ein zu großes Budget gegeben, das nun verbraten werden muss. |
Medium oder Message?
|
Die Vermittlung und vor allem die Veränderung von Überzeugungen
gelingt am ehesten in der personalen Kommunikation, also
"von Mensch zu Mensch" gleich ob im Einzelgespräch,
in einer "großen
Rede" oder in der Diskussion
auf der Betriebsversammlung.
Die entscheidende Frage ist: Lässt das Management
eine Multimedia-Show vorführen, deren Erstellung fast so teuer wie
die Weltausstellung war, oder steht er persönlich auf der Bühne und kämpft
in freier Rede aus tiefster Überzeugung und voller Leidenschaft für die Ziele, an die er glaubt? |
Medium oder Ringen um Überzeugung?
|
Allerdings scheint die Bewertung von Medien kulturabhängig
zu sein. In meinen Jahren bei BCG habe ich von den amerikanischen
Kolleginnen und Kollegen gelernt, dass der Einsatz von Videos
in Veränderungsprozessen für sie eine völlig
normale Sache ist. |
Kulturelle Besonderheiten
|
Dass sich die Mitarbeiter in den einzelnen Standorten versammeln
und gemeinsam mit voller Aufmerksamkeit ein Video mit
der Ansprache des CEO oder einen Live-Stream davon ansehen, scheint in den USA
durchaus gebräuchlich zu sein. Bei uns löst es selbst
in amerikanisch geprägten Firmen Verwunderungen, Spötteleien
("Hirtenwort") und Sarkasmus aus. Warum? Vielleicht
fehlt uns der amerikanische Pragmatismus, vielleicht liegt
es auch daran, dass in einem so riesigen Land wie den USA
leichter nachvollziehbar ist, dass der CEO nicht jeden Standort
persönlich aufsuchen kann. |
Gefühl der Missachtung |
Wir Deutschen hingegen sind bei "vervielfältigter
Kommunikation" leicht eingeschnappt: "Ist ihm die Sache
nicht so wichtig, dass er sich die Mühe macht, sie uns
direkt mitzuteilen, oder sind wir ihm nicht
so wichtig?" Und ich habe auch nicht den Eindruck, dass in den letzten Jahrzehnten die Akzeptanz für "konservierte Botschaften" gewachsen ist. Doch was auch immer der Grund ist: Es ist wie es ist und muss berücksichtigt werden. |
Es ist wie es ist
|
© 2001 Winfried Berner / letzte Revision 16.12.2017 – vollständige oder auszugsweise Wiedergabe, gleich in welcher Form, honorarpflichtig und nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung / Zitate im üblichen Umfang mit Quellenangabe gemäß wiss. Zitationsregeln zulässig. Näheres siehe Nutzungsbedingungen.
|
|
Verwandte Themen:
E-Mail-Newsletter
Projekt-Website
Diskussionsforum im Intranet
Rede
Info-Veranstaltung
Betriebsversammlung
 | |
|