Die Umsetzungsberatung

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20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung

Change! - 20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung

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Culture Change

Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil

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Winfried Berner, Regula Hagenhoff, Th. Vetter, M. Führing
"Ermutigende Führung"

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Strategie: Das Fundament erfolgreichen Change Managements

 

Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung

 

Zynisch gesagt, kann auch schlechtes Change Management sein Gutes haben: Manchmal verhindert es, dass eine falsche Strategien allzu großen Schaden anrichtet. Denn wenn die Strategie nichts taugt, ist Change Management in der Gefahr, Energien für unsinnige Ziele zu mobilisieren – und dann mit umso mehr Schwung in die Sackgasse zu fahren. Deshalb steht am Anfang erfolgreicher Veränderungsprozesse nicht das Change Management, sondern die Strategie: Eine saubere, analytisch fundierte und gut durchdachte Wettbewerbsstrategie ist das Fundament für jede erfolgreiche Veränderung. Wenn das Fundament wackelt, hilft es nichts, noch so sorgfältig und kunstvoll darauf aufzubauen – die Einsturzgefahr bleibt.

  • Am Anfang steht die Strategie
  • Viele Change Manager machen um das Thema Strategie einen Bogen, weil es für sie ein Buch mit sieben Siegeln ist. Dabei ist Strategie im Grunde einfach und setzt keine betriebswirtschaftlichen Spezialkenntnisse voraus: Im Kern geht es darum, auf welche Aktionsfelder ein Unternehmen (oder ein Geschäftsbereich oder eine Non-Profit-Organisation) seine Kräfte und Ressourcen konzentrieren will, um mittel- bis langfristig den größtmöglichen Erfolg zu erzielen. Diese erfolgversprechenden Aktionsfelder kann man auf zwei Arten bestimmen: entweder "aus dem Bauch heraus" (wie es Mittelständler häufig tun, wenn auch mit sehr unterschiedlichem Erfolg) oder auf der Grundlage von Zahlen, Daten, Fakten und einer rationalen Analyse. (Was den Rückgriff auf Intuition für die endgültige Entscheidung durchaus nicht ausschließt.) Der letztere Weg ist zwar auch kein hundertprozentiger Schutz vor Irrtümern, hat aber sehr viel bessere Chancen, sie frühzeitig zu entdecken und zu korrigieren.

  • Strategie heißt Konzentration
  • Weshalb Change Management mit Strategie zu tun hat

     

    Je besser die Strategie, desto gezielter und nutzbringender werden die Ressourcen des Unternehmens – Kapital, Arbeit, Wissen, Intelligenz, Kreativität – eingesetzt: Dann konzentriert es seine Ressourcen auf die Hebel, die den größten Nutzen bringen, und entsprechend erfreulich schaut hinterher das Ergebnis aus. Ohne Strategie sind Unternehmen (aber auch Individuen) in der Gefahr, sich zu verzetteln. Dann verwenden sie viel Energie auf Dinge, die entweder nichts bringen oder am Ende nicht zusammenpassen. Noch schlechter sind sie unter Umständen mit einer falschen Strategie dran: Im schlimmsten Fall konzentrieren sie die Kräfte dann auf Ziele, die entweder unerreichbar sind oder aber der Mühe nicht wert.

  • Bündelung der Ressourcen
  • Je höher die Veränderungskompetenz, die ein Unternehmen besitzt oder einkauft, desto gefährlicher wird eine falsche Strategie. Wenn zum Beispiel ein mittleres Unternehmen, ohne einen durchschlagenden Wettbewerbsvorteil zu besitzen, beschließt, "die Nummer 1" in seiner Branche werden zu wollen, dann richtet das so lange keinen großen Schaden an, wie sich diese "Strategie" auf vollmundige Reden des Top-Managements beschränkt. Wenn es diese Strategie jedoch umsetzt und den Marktführer frontal angreift, wird es gefährlich. Dann holt sich das Unternehmen mit großer Wahrscheinlichkeit eine blutige Nase, und es kann in ernste Nöte kommen, weil es sich sowohl finanziell als auch kräftemäßig übernimmt.

  • Gefahren einer falschen Strategie
  • Wegen dieser Gefahren ist es unverantwortlich, das Change Management anzupacken, ohne sich kritisch mit der Strategie auseinandergesetzt zu haben, die hinter dem Veränderungsvorhaben steht. Zwar kann es nicht Aufgabe der Change Manager sein, erst mal eine "richtige" Strategie zu entwickeln oder die vorhandene neu zu schreiben. Doch ist für ein verantwortungsbewusstes Change Management notwendig, sich die Strategie sehr genau erklären zu lassen und sie ohne Rücksicht auf Empfindlichkeiten zu hinterfragen.

  • Die Strategie hinterfragen
  • Das hat nebenbei einen zweiten Nutzeffekt: Wenn Sie die Strategie verstanden haben und von ihrer Schlüssigkeit überzeugt sind, wird Ihnen dies sehr dabei helfen, auch in kritischen Phasen ein überzeugendes Change Management zu betreiben: Wer selbst im Stillen zweifelt, ob das Unternehmen auf dem richtigen Weg ist, kann schlecht andere überzeugen.

  • Überzeugungs- kraft
  • Eine gute, nachvollziehbar aufbereitete Strategie – und ggf. eine Vision – ist darüber hinaus eine wichtige Quelle der Orientierung und der Motivation im Veränderungsprozess. Sie ist für das Change Management auch deshalb wichtig, weil sie dem Projekt so etwas wie einen "magnetischen Nordpol" liefert, an dem alle Mitstreiter ihren inneren Kompass ausrichten können. Angesichts der Komplexität, die Veränderungsprozesse erreichen können, und der Tausend Detailfragen, die irgendwann im Zuge der Umsetzung entschieden werden müssen, ist eine solche gemeinsame Orientierung extrem wertvoll, weil nur so sichergestellt werden kann, dass die Puzzleteile am Ende zusammen passen. Solch ein "magnetischer Nordpol" ist um so wichtiger, je dezentraler ein Unternehmen geführt wird und je mehr Entscheidungsbefugnisse der einzelne Mitarbeiter hat.

  • Magnetischer Nordpol
  • Nicht für das Entwickeln einer Strategie, sondern für deren Hinterfragen liefert Ihnen dieser Beitrag einige Leitlinien.

     

    Grundwissen Strategie

     

    Wenn die Essenz von Strategie darin besteht, die Energien auf die richtigen Aktionsfelder zu bündeln, stellt sich natürlich die Frage, wie man die erfolgversprechendsten Aktionsfelder identifizieren kann. Dabei hilft folgende Vorüberlegung: Angenommen, zwei Unternehmen bieten exakt das gleiche Produkt bzw. die gleiche Leistung an. Dann wird der Kunde in der Regel dort kaufen, wo er den günstigsten Preis bekommt. Das ist schön für den Kunden, aber schlecht für die Unternehmen, weil ihnen dann, wenn überhaupt, nur sehr geringe Gewinnmargen verbleiben.

  • Überleben trotz Konkurrenz
  • Das können Sie zum Beispiel auf der Amazon-Website sehen, wenn für ein- und dasselbe Produkt mehrere Händler anbieten. Da das Produkt identisch ist, konkurrieren die Anbieter hier fast ausschließlich über den Preis: Sie unterbieten sich gegenseitig, bis keinem mehr eine Marge bleibt, von der er wirklich leben kann. Eine gute Strategie, mit der man viel Geld verdient, ist das nicht – außer vielleicht für den, der die günstigsten Einkaufspreise hat. (Und wer das ist, wenn der mit Abstand größte Online-Händler die Seite betreibt, muss man nicht lange raten.)

  • Reiner Preiswettbewerb
  • Eine höhere Marge bekommt ein Anbieter nur dann, wenn sich sein Angebot erstens von seinen Konkurrenten unterscheidet und wenn dieser Unterschied zweitens für den Kunden ausreichend wichtig ist. Wenn beides gegeben ist, spricht man von einem "Wettbewerbsvorteil". Ob der eine Internet-Shop eine blaue Hintergrundfarbe verwendet und der andere eine grüne oder gelbe, ist zwar ein Unterschied – aber vermutlich keiner, der für den Kunden eine kaufentscheidende Rolle spielt. Hier gilt der Merksatz: "A difference that makes no difference is no difference."

  • Große und k(l)eine Unterschiede
  • Differenzierung vs. Kostenführerschaft

     

    Die Zahlungsbedingungen hingegen können bei Internet-Shops ein Wettbewerbsvorteil sein, weil es für viele potenzielle Kunden einen Unterschied macht, ob sie einer Firma, die sie nicht kennen, den Kaufpreis per Vorauszahlung leisten sollen, oder ob sie erst nach Lieferung zahlen. Dieser Unterschied ist manchen Kunden möglicherweise so wichtig, dass sie nur (oder zumindest bevorzugt) bei Anbietern kaufen, die Kauf auf Rechnung (oder vielleicht per Kreditkarte) anbieten. Dann fallen die Anbieter heraus, die auf Vorauszahlung bestehen – aber unter den verbleibenden zählt wieder in erster Linie der Preis. Große Preisunterschiede akzeptieren Kunden nur dort, wo sie Unterschiede feststellen (oder vermuten), die für sie von erheblicher Bedeutung sind.

  • Differenzierung als Schlüssel
  • Das zentrale Anliegen jeder Strategie ist deshalb, nachhaltige oder, wie es auch oft heißt, "verteidigungsfähige" Wettbewerbsvorteile zu schaffen. Verteidigungsfähig ist ein Wettbewerbsvorteil genau dann, wenn er von der Konkurrenz entweder gar nicht oder nur sehr schwer aufzuholen ist. Beispiel Arzneimittel: Wenn ein Unternehmen ein Medikament entwickelt und patentiert hat, das eine bestimmte Krankheit wirksamer bekämpft als alle anderen angebotenen, ist dieser Vorsprung für die Konkurrenz schwer aufzuholen – der Wettbewerbsvorteil ist nachhaltig ("sustainable") und rechtfertigt einen Mehrpreis ("Preisprämie").

  • Nachhaltige Wettbewerbs-vorteile
  • Senkt ein Unternehmen hingegen seine Preise, um seine Produkte besser verkaufen zu können, ist das zwar auch ein Wettbewerbsvorteil, aber er ist nicht verteidigungsfähig: Die Konkurrenz kann ihre Preise ebenfalls senken, und dann ist der Wettbewerbsvorteil dahin – am Ende haben alle Anbieter verloren, weil sie gemeinsam das Preisniveau verdorben haben. Deshalb ist es in aller Regel ein strategischer Fehler, seinen Absatz durch Preissenkungen ("Kampfpreise") steigern zu wollen. Zwar kann man sich auf diese Weise leicht Marktanteile kaufen – aber die Konkurrenz kann sie ebenso leicht zurückkaufen.

  • Kampfpreise
  • Aussichtsreich ist ein Angriff auf der Preisschiene allenfalls dann, wenn man auf der Kostenseite einen verteidigungsfähigen Wettbewerbsvorteil hat, also dauerhaft zu günstigeren Kosten produziert als die Konkurrenten, weil man zum Beispiel billiger einkauft oder geringere Personalkosten hat. Dann verdient man auch dann noch Geld, wenn die anderen Anbieter schon Geld verlieren. Doch selbst dann stellt sich die Frage, ob dieser Anbieter nicht ohne die Kampfpreise besser fahren würde. Denn der Ertrag errechnet sich aus Stückzahl mal Marge, und da liefert eine etwas niedrigere Stückzahl mit einer guten Marge oft ein besseres Resultat als eine höhere Stückzahl mit einer verschwindenden Marge.

  • Kostenführer-schaft
  • Spitze Positionierung: Konzentration auf ein spezielles Marktsegment

     

    Ein anderer häufiger Strategiefehler ist, "das perfekte Produkt für alle" besitzen zu wollen (Schlagwort: "One size fits all"). Ein typisches Beispiel sind jene "Universalwerkzeuge", die von Zeit zu Zeit im Handel auftauchen. Theoretisch sind sie ungeheuer praktisch, weil man sie für beinahe jeden Zweck verwenden kann: sowohl zum Schneiden und Sägen als auch als Schraubenzieher, als Zahnstocher, Löffel oder Bohrer. Im praktischen Gebrauch aber sind für jede dieser Verwendungen ein Alptraum.

    Ein ähnliches undankbares Schicksal erleiden oft Dienstleister wie zum Beispiel Trainer und Berater, die von sich behaupten, "alle Themen abdecken zu können". Das Problem dieser "Alleskönner" ist, dass sie, wenn sie gut sind, zwar auf jedem dieser Gebiete besser sind als die meisten anderen, aber trotzdem immer hinter den besten Spezialisten zurückbleiben. Denn niemand kann auf vielen Gebieten so gut sein wie einer, der sich voll auf ein Gebiet konzentriert.

  • Universal-
    lösungen können alles – schlechter
  • Es gibt aber im Wettbewerb nichts Unangenehmeres, als ständig die "Silbermedaille" zu gewinnen. Wenn der Kunde nur einen Auftrag zu vergeben hat, dann ist es egal, ob man Platz 2 oder Platz 32 errungen hat. Deshalb geht es in der Wettbewerbsstrategie darum, auf mindestens einem Gebiet, das für den Kunden wesentlich ist, besser zu sein als der beste Wettbewerber. Dies ist nur durch die Konzentration auf ein Spezialgebiet, genauer auf einen spezifischen Kundennutzen zu erreichen. Was in der Theorie leicht einleuchtet, erfordert in der Praxis sehr viel Mut, weil es zugleich bedeutet, von all jenen potenziellen Kunden Abschied zu nehmen, für die diese spezielle Stärke nicht von Interesse ist.

  • Mut zur Spezialisierung
  • Natürlich muss das Marktsegment, auf das man sich konzentriert, umso größer sein, je größer das Unternehmen ist (bzw. werden will). Ein Großkonzern kann sich nicht auf Nischen spezialisieren, sondern muss, weil er größere Absatzmengen braucht, breitere Marktsegmente abdecken. So muss VW seinen Golf so positionieren, dass sich davon einige Millionen Stück absetzen lassen – trotzdem ist er als das "brave, zuverlässige Auto für jeden Tag" angelegt und versucht nicht, zusätzlich als "Fun Car" oder als Luxuskarrosse aufzutreten. Gerade deshalb lassen die Großen aber zwangsläufig Nischen für kleinere Anbieter. Dennoch haben auch die Großen nur dann Erfolg, wenn sie auf mindestens einem kaufentscheidenden Gebiet besser ist als alle Konkurrenten. Die Entwicklung von Ford und Opel in den letzten Jahren zeigt, was aus Anbietern wird, die das in den Augen ihrer Kunden nicht schaffen.

  • Marktsegmente und Nischen
  • Eine bewährte Faustregel, um die Vollständigkeit einer Strategie zu überprüfen, ist, ob sie die "4 K" abdeckt: Kunden, Konkurrenten, (Vertriebs-)Kanäle und Kosten (Customers – Competitors – Channels – Costs). Von dreien war schon die Rede; das vierte strategische Handlungsfeld, das erheblichen Einfluss auf den Erfolg eines Unternehmens haben kann, ist die Wahl der Vertriebskanäle. Beispielsweise kann es für den Erfolg entscheidend sein, ob ein Hersteller seine Produkte über den Handel, über eine eigene Verkaufsorganisation oder über das Internet vertreibt.

  • "4 K" Strategie-Check

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    Häufige Fehlerquellen in Strategien

     

    Ein Ziel unbedingt erreichen zu wollen und inbrünstig daran zu glauben, macht noch keine Strategie aus – auch dann nicht, wenn es die Inbrunst des Vorstandsvorsitzenden höchstpersönlich ist. Eine Strategie muss nicht bloß schlüssige Aussagen darüber machen, was das Ziel ist, sondern auch und vor allem, auf welchem Weg, mit welchem Vorgehen es erreicht werden soll, und aufgrund welcher Wettbewerbsvorteile dieser Weg effektiver ist als alle anderen. Diese Aussagen dürfen nicht nur der felsenfesten Überzeugung eines Einzelnen oder einer Gruppe entspringen – vor allem müssen sie rational belastbar sein. Nicht, dass Entschlossenheit unwichtig wäre für den Erfolg einer Strategie, aber sie ist nicht hinreichend. Die andere notwendige Bedingung ist, dass eine klare, logische Verbindung zwischen dem angestrebten Ziel und den vorgesehenen Maßnahmen besteht.

  • Emotionaler Konsens
    reicht nicht
  • Hier die mutmaßliche Hitliste der "drei häufigsten strategischen Fehler aus vier Jahrhunderten und fünf Kontinenten":

     
    • Wunschdenken. Was in der Lyrik "Reim dich oder ich fress dich" heißt, hat seine Entsprechung in der Strategie. Wenn man lange hin und her überlegt hat, wie ein wichtige Ziel erreicht werden soll, und trotz allem immer noch Lücken und Schwachpunkte bleiben, ist es psychologisch verständlich, wenn man die Sache irgendwann satt hat und die noch offenen Punkte sozusagen qua Beschluss erledigen möchte: "Das muss einfach so gehen, da müssen sich die Leute eben entsprechend dahinterklemmen!" Doch so verständlich das psychologisch ist, so fatal kann solche "Realitätsbegradigung" ökonomisch sein.

      Das Paradebeispiel für Wunschdenken ist das erwähnte "Wir-wollen-Nummer-1-werden"-Syndrom. Man darf davon ausgehen, dass etliche andere Wettbewerber diesen Wunsch auch hegen – aber nur bei einem wird er in Erfüllung gehen. Die Frage ist daher nicht, wie sehnlich Sie Nummer 1 werden wollen, sondern aus welchem vernünftigen Grund dies ausgerechnet bei Ihnen gelingen soll: "Was ist die Logik? Wo liegt der entscheidende Wettbewerbsvorteil, dem alle anderen nichts entgegenzusetzen haben?"
  • Wunschdenken
    • Vor-innen-Nach-Außen-Denken ("Inside-Out Thinking"). Vor allem technisch und naturwissenschaftlich geprägte Unternehmen neigen dazu, bei ihren Produktentwicklungen vor allem auf die fachliche Seite zu schauen und Markt und Kunden nicht ausreichend zu beachten. So entstehen dann die berühmten "goldenen Wasserhähne" – Produkte, die, wie es mal ein amerikanischer Kunde sagte, "einfach zu gut sind für diese Welt" (und vor allem zu teuer). Sie haben zwar oft einen klaren Wettbewerbsvorteil, aber leider einen, der dem Kunden keinen so großen Mehrpreis wert ist.

      Das Dilemma ist: Einerseits hat technische Innovation eine große Bedeutung für die Strategie, weil sie eine wichtige Quelle nachhaltiger Wettbewerbsvorteile ist; andererseits muss die Strategie sehr eng an den Kunden und deren wirklichen Prioritäten ausgerichtet sein. Denn der Markt ist der alleinige Richter darüber, ob eine technische Innovation zum Wettbewerbsvorteil wird. Die Testfrage dafür lautet nicht: "Finden die Kunden diese Idee gut?", sondern: "Welchen Mehrpreis sind sie bereit, hierfür zu bezahlen?"
  • Inside-Out-Denken
    • Bottom-Up-Strategien. Richtig ist, dass eine gute Strategie auf die einzelnen Abteilungen und Funktionen herunter gebrochen werden muss: Jeder einzelne Bereich muss verstehen, welche Handlungskonsequenzen aus der Strategie für ihn folgen, und er muss dies umsetzen. Grundfalsch ist, wenn die Strategieentwicklung auf der Bereichs- und Abteilungsebene begonnen wird. Denn wenn alle Abteilungen ihre Strategien aufgeschrieben haben und man die Puzzleteile zusammenzusetzen versucht, stellt sich heraus, dass sie nicht zusammenpassen: Das Resultat ist keine Gesamtstrategie, sondern ein Flickenteppich, der ebenso inkonsistent ist wie nutzlos.

      Aus Patchwork, also dem Zusammenfügen kleiner Stücke, entsteht nur dann ein brauchbares Ganzes, wenn von Anfang ein eine übergeordnete Idee da ist, die bestimmt, wie die Einzelstücke geschnitten und zusammen genäht werden. Diese Idee, also die übergeordnete Strategie, muss vorhanden und verankert sein, bevor die einzelnen Abteilungs- und Bereichsstrategien ausgearbeitet werden. Eine gute Testfrage hierfür ist: "Wie lässt sich der gemeinsame Nenner aller Teilstrategien in maximal drei konkreten (!) Sätzen zusammenfassen? Wie lautet das gemeinsame Dach, unter das sich die Teilstrategien einfügen?" (Und Sie ahnen es schon: "Wir wollen Nummer 1 werden" wäre keine gültige Antwort.
  • Flickwerk
  • Doch so notwendig und wichtig ein kritisches Hinterfragen der Strategie ist: Am Ende müssen (und dürfen!) wir als Change Manager die Kirche im Dorf und die Verantwortung für die Strategie beim Top-Management lassen. Im Sinne eines ganzheitlichen Vorgehens sollten wir uns die Strategie erklären lassen und sie mit gesundem, analytischem Menschenverstand auf ihre Plausibilität und Schlüssigkeit abklopfen. Aber wir müssen nicht jedes Detail nachvollziehen und sollten – auch im Sinne unserer eigenen Strategie – nicht versuchen, zum Alleswisser und Alleskönner zu werden.

  • Selbst-
    beschränkung
  • Literatur zum Thema Strategie:

  • Literatur
  • Ries, Al; Trout, Jack (1981): Positioning – The Battle For Your Mind; 213 S.; McGraw-Hill
    (Auch auf Englisch sehr leicht und amüsant zu lesen; behandelt nur den Marketing-Aspekt der Strategie, den aber brillant.)

     

    Oetinger, Bolko von (Hrsg.): Das Boston Consulting Group Strategie-Buch; 635 S.; Econ
    (Eine Auswahl von prägnanten Einzelartikeln aus dem Hause der führenden Strategieberatung, die auch portionsweise gut zu lesen sind und zugleich ein Geschichtsbuch der Unternehmensstrategie darstellen.)

     

    Porter, Michael E.: Wettbewerbsstrategie – Methoden zur Analyse von Branchen und Konkurrenten; 489 S.; Campus
    (Wird wohl sehr viel häufiger gekauft als gelesen – für diejenigen, die wirklich tief einsteigen und sich dabei auch schwerere Kost zumuten wollen.)

     


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