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Mitarbeiterbefragung: Praktische Tipps zum Vorgehen
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Falls Sie sich grundsätzlich für die Durchführung einer Mitarbeiterbefragung
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Fragebogen
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Nach der Grundsatzentscheidung für eine Mitarbeiterbefragung
ist der erste wichtige Umsetzungsschritt, einen Fragebogen
zu entwickeln. Investieren Sie hier viel Sorgfalt, denn die
Qualität der Fragen hat entscheidenden Einfluss darauf, ob
die allgemeine Aufmerksamkeit wirklich auf die richtigen Themen
gelenkt wird und ob sich aus Ihrer Befragung sinnvolle Folgemaßnahmen
ableiten lassen. Mit einem unzureichend durchdachten Fragebogen läuft man Gefahr,
von einem Riesenberg von
Daten verschüttet zu werden, der die Sachlage eher verdunkelt als erhellt. Ausführliche Hinweise
zur Erstellung eines zielführenden Fragebogens finden Sie
unter den Stichworten Fragebogen
sowie Fragebogen: Tipps.
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Sprache(n)
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In Unternehmen, in denen größere Teile der Belegschaft nicht fließend
Deutsch (oder Englisch) sprechen, sollte der Fragebogen auch
in den Sprachen dieser Mitarbeitergruppen angeboten werden.
Anderenfalls lautet die unausgesprochene Message: Wir sind
nur an den Meinungen derjenigen interessiert, die unsere Sprache
gut genug verstehen. Das wäre nicht nur eine Zurücksetzung,
sondern wäre ausgesprochen demotivierend für die Betreffenden. Was die Sache schwierig macht, ist, dass es nicht damit getan
ist, den Fragebogen übersetzen zu lassen. Zusätzlich muss
jemand, der das Unternehmen kennt und beide Sprachen gut genug
spricht, die Fragebögen sorgfältig vergleichen, um sicherzustellen,
dass die Versionen wirklich bedeutungsgleich sind. Denn sonst
produziert man Ergebnisse, die keine sind: Wenn sich etwa
die Antworten der türkischen Mitarbeiter deutlich von denen
der Deutschen unterscheiden, ist das nur dann bemerkenswert,
wenn die Fragen bedeutungsgleich waren.
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Marketing für
die Befragung
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Damit Sie eine gute Rücklaufquote erhalten, sollten Sie den
Fragebogen nicht kommentarlos verteilen. Das absolute Minimum
ist ein Begleitschreiben, in dem die Hintergründe und die
Bedeutung der Befragung erläutert werden und alle Adressaten
dringend um Beantwortung gebeten werden. Die Befragung zwei
oder drei Wochen vorher mit einem Rundschreiben
oder einer E-Mail anzukündigen, bringt möglicherweise eine
kleine Verbesserung. Einen noch deutlicheren Anstieg der Aufmerksamkeit
bewirkt die öffentliche Ankündigung und Begründung der Mitarbeiterbefragung
etwa im Rahmen einer Betriebsversammlung
oder einer Info-Veranstaltung.
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Mehr Aufmerksamkeit durch gute Dramaturgie
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Weitere dramaturgische
Möglichkeiten, Aufmerksamkeit auf die Befragung zu lenken,
sind zum Beispiel, sie als Sofortmaßnahme in Reaktion auf
ein spektakuläres Ereignis – etwa einen betrieblichen Störfall
oder einen verlorenen Großauftrag – zu positionieren. Je nach
gegenseitigem Verhältnis ist es auch möglich, eine solche
Befragung gemeinsam mit dem Betriebsrat
durchzuführen. Das ist allerdings nur dann zu empfehlen, wenn
es nicht mit einer Verschiebung des Schwerpunkts in Richtung
Befindlichkeitsfragen erkauft wird, die unrealistische Erwartungen
in Bezug auf Schlaraffen-Arbeitsplätze schaffen.
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Günstigen Zeitpunkt wählen
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Achten Sie bei der Festlegung des Befragungszeitraums darauf,
dass er weder in Abwesenheits- noch in Belastungsspitzen fällt.
Oft kann die Personalabteilung ihren Computern mit wenig Aufwand
eine Statistik von Urlaubs- und Abwesenheitszeiten entlocken.
Ungünstig sind auch Termine, in denen die Zeit und die Aufmerksamkeit
größerer Teile der Belegschaft für Sonderthemen (wie Weihnachtsgeschäft,
Messen, Produkteinführungen, Inventur, Jahresabschluss) gebunden
sind.
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Laufzeit
2 - 3 Wochen
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Setzen Sie für die Rückgabe der Fragebögen einen Termin an,
der nicht allzu weit in der Zukunft liegt, sonst bleiben die
Fragebögen bloß liegen. Etwa zwei bis drei Wochen, höchstens
vier, je nach Größe des Unternehmens und regionaler Verteilung,
sind realistisch. Einige Tage vor der Deadline versenden Sie
dann noch eine Erinnerung ("Achtung Termin!"). Falls Sie Anonymität
zugesichert haben, senden Sie die Erinnerung unbedingt an
alle Mitarbeiter. Denn wenn erkennbar ist, dass Sie wissen,
wer noch nicht geantwortet hat, entsteht auch dann Misstrauen in Bezug auf die Anonymität, wenn die Auswertung selbst tatsächlich
völlig anonym erfolgt.
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Nachfrist nicht ratsam
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Eine offizielle Verlängerung der Rückgabefrist ist allenfalls
dann sinnvoll, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass
der Zeitraum falsch gewählt war oder die Verteilung der Fragebögen
nicht geklappt hat. Als Rettungsversuch bei enttäuschenden
Rücklaufquoten ist die Wirkung erfahrungsgemäß begrenzt: Mehr
als ein paar zusätzliche Prozentpunkte holt man damit im Allgemeinen
nicht heraus. Zugleich lenkt dieser Nachfrist-Appell die Aufmerksamkeit
natürlich auf die magere Rücklaufquote.
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Anonymität
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Ist Anonymität bei einer Mitarbeiterbefragung überhaupt erforderlich?
Das hängt vom Klima im Unternehmen ab. Beraten Sie dies am
besten mit dem Betriebsrat;
der müsste einer offenen Befragung ohnehin zustimmen.
Im Zweifel ist Anonymität bei einer großen Befragung ratsam,
um ängstlichen Spekulationen
vorzubeugen - und damit die Rücklaufquote zu verbessern. Die
Verwendung von E-Mail und Intranet ist daher problematisch;
bei einem konventionellen Papier-Fragebogen ist Anonymität
besser und vor allem überzeugender zu gewährleisten. Falls
das Klima sehr misstrauisch und ängstlich ist, besteht die
Möglichkeit, die Auswertung von einer externen Beratungsfirma
durchführen zu lassen; eventuell können Sie dem Betriebsrat
zusätzliche Kontroll-Möglichkeiten einräumen (z.B. Überprüfung
der Datenbank-Struktur; Überwachung der Vernichtung der Fragebögen).
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Rücklaufquote
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Was eine gute (oder zumindest annehmbare) Rücklaufquote ist,
lässt sich so allgemein nicht sagen; zu sehr spielen die Größe
und Struktur des Unternehmens eine Rolle. Als Faustregel können
etwa 60 - 70 Prozent gelten; in einem kleinen, homogenen Unternehmen
sollte die Zahl eher bei 70 Prozent liegen, in einem Großkonzern,
der sich auf viele Standorte und Sparten verteilt und/oder
einen hohen Anteil gewerblicher Beschäftigter hat, wären 60
Prozent noch eine sehr zufriedenstellende Zahl.
Bleibt die Rücklaufquote deutlich hinter den Erwartungen zurück,
ist auch das ein Ergebnis, und zwar ein relevantes. Machen
Sie dies offen zum Thema, statt um diesen Punkt, wie es häufig
geschieht, betreten herumzueiern. Dabei sollte, wie es im
kriminalistischen Jargon heißt, "in alle Richtungen ermittelt
werden": Fühlen sich die Mitarbeiter ihrem Unternehmen so
wenig verbunden, dass sie sich nicht einmal die Mühe machen,
einen Fragebogen zu beantworten? Sind die Hoffnungen auf Veränderung
so gering, dass viele Mitarbeiter die Beantwortung deshalb
verweigert haben? Gab es frühere Befragungen, die zu keinen spürbaren Veränderungen geführt haben. oder gibt es andere Enttäuschungen über die Geschäftsleitung?
Oder hat der Fragebogen nichts getaugt, weil er schwer verständlich
war oder, noch schlimmer, an den Themen vorbei
ging, die die Mitarbeiter beschäftigen?
In dieser Situation liegt es nahe, das schwächste Glied der
Kette zum Schuldigen zu erklären, nämlich die Autoren des
Fragebogens. Das löst indes
nur die Schuldfrage, nicht aber das Problem. Gefährlich wird
diese Erklärung dann, wenn es in Wirklichkeit nicht – oder
nicht nur – am Fragebogen lag. Dann ist der Preis der
"Entlastung", dass ein gravierendes Beziehungsproblem im Unternehmen
unter den Teppich gekehrt wird. Es ist eher unwahrscheinlich,
dass es sich dort von alleine löst. |
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Auswertung und Interpretation
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Wenn die quantitative Auswertung vorliegt, beginnt der spannendste
Teil der Arbeit: Was kommt heraus? Welche Hypothesen werden
durch die Daten bestätigt, welche finden keine Untermauerung?
Und was folgt daraus? Jetzt macht es sich bezahlt, wenn Sie
den Fragebogen, wie empfohlen,
"von der Auswertung her" konzipiert haben. Dann sollte es jetzt relativ
leicht fallen, die Ergebnisse auszuwerten und zu interpretieren.

Wichtig ist, bei den Befunden auch den Mut zu haben, zur Kenntnis
zu nehmen, welche Hypothesen sich nicht bestätigen. Denn
wenn man argumentiert: "Das ist nicht so deutlich
herausgekommen, aber eigentlich glauben wir trotzdem, dass
es so ist", dann hätte man sich die Befragung sparen
können.
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Wahrheit und Wahrnehmung
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Allerdings muss man bei der Interpretation der Befunde immer
im Kopf haben, dass Befragungsergebnisse immer nur Aussagen
über Wahrnehmungen machen, nicht über Wahrheit.
Wenn also die meisten Mitarbeiter angekreuzt haben, dass die
Kundenorientierung ausgezeichnet sei, heißt das nicht, dass die Kundenorientierung
tatsächlich ausgezeichnet ist, sondern nur, dass sie das so sehen (oder
es jedenfalls behaupten).
Bei sorgfältiger Betrachtung lässt sich aus diesem Befragungsergebnis
weder ableiten, dass die Kundenorientierung hoch ist noch dass sie
niedrig ist. Vielmehr ist aus der Befragung
schlicht nicht entscheidbar, wie es sich damit "in Wahrheit"
verhält. Dafür müssten andere Instrumente verwendet werden,
entweder eine
Kundenbefragung oder,
noch besser, objektive Messgrößen. (Das ist auch der Schwachpunkt vieler Expertenbefragungen, wie sie von den Magazinen ebenso begeistert wie kritiklos publiziert werden: Sie liefern keine Informationen über die Wahrheit, sondern sind nur quantifizierte Meinungs- bzw. Vorurteilsbilanzen.)
Zwar ist Wahrnehmung zwar auch Realität – immerhin bestimmt
sie, wie Menschen handeln, und schafft dadurch neue Tatsachen.
Dennoch sind Wahrnehmungen manchmal auch falsch, und sie ziehen ein ungeeignetes Handeln und seine Folgeprobleme nach
sich. Doch gerade deshalb ist es nützlich, auch die Wahrnehmungen
zu kennen. Denn wenn Sie zum Beispiel der Überzeugung sind, dass Sie die Kundenorientierung
verbessern müssen, dann ist es ganz entscheidend zu wissen, ob Ihre
Mitarbeiter dies auch so sehen oder ob sie keinerlei Handlungsbedarf
erkennen. |
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Aufbereitung
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Da sich nur wenige Personen die Zeit nehmen werden, persönlich
tief in die Datentabellen einzutauchen und daraus Erkenntnisse
abzuleiten, ist es wichtig, wesentliche Befunde in Form von
Grafiken und Text aufzubereiten. Grafiken haben den Vorteil,
dass man Größenordnungen sehr viel schneller erkennen und
besser Vergleiche anstellen kann als in Tabellen. Text gibt
die Möglichkeit, gezielt auf Zusammenhänge hinzuweisen und
Interpretationen zu geben. Nach aller Erfahrung ist die Aufbereitung
auch für einen selbst ein Lernprozess, denn manche Ergebnisse
und Zusammenhänge werden erst nach mehrfacher Beschäftigung
deutlich.
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Kommunikation
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Wenn die Mitarbeiterbefragung als Einstieg in und Synchronisation
für ein Veränderungsvorhaben dienen soll, dann kommt der Kommunikation
und intensiven Diskussion der Ergebnisse ganz entscheidende
Bedeutung dazu. Wie Sie dabei am besten vorgehen, lesen Sie
im Abschnitt Mitarbeiterbefragung.
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© 2001 Winfried Berner / letzte Aktualisierung 17.7.2017 – vollständige oder auszugsweise Wiedergabe, gleich in welcher Form, honorarpflichtig und nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung / Zitate im üblichen Umfang mit Quellenangabe gemäß wiss. Zitationsregeln zulässig. Näheres siehe Nutzungsbedingungen.
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