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Managementtheater: Wenn Selbstdarstellung und Profilierung die Sacharbeit behindern

 

Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung

"Gemeinsam sind wir unausstehlich!" lautete eine Sponti-Parole der Achtundsechziger. Dieser Spruch könnte auch das heimliche Motto mancher Management-Meetings sein: Manager, die im persönlichen Gespräch durchaus zugänglich und erreichbar sind, verhalten sich in größerer Runde auf einmal wie ausgewechselt: Vordergründig beinahe übertrieben höflich, aber mit feinen Abstufungen nach Wichtigkeit und Nützlichkeit der Gesprächspartner, gegenüber Außenstehenden kühl und distanziert, vor allem aber bis zur Anbiederung angepasst an die jeweiligen Gruppennormen. Der Grund für diesen seltsamen Wandel ist keine Persönlichkeitsspaltung, und auch nicht, dass, wie einmal ein Kollege sarkastisch vermutete, bei einem Software-Update etwas schiefgegangen wäre. Er ist, dass diese Manager sich ihrer eigenen Akzeptanz in dem jeweiligen Gremium nicht sicher sind und selbst noch um ihre Position kämpfen. Daher sind sie mit Übereifer darum bemüht, sich zu profilieren, indem sie auf eine Art und Weise auftreten, von denen sie glauben, dass sie bei der Gruppenmehrheit und den "Leitwölfen" Eindruck macht.

  • Aggressive Gruppen
  • Besonders schwierig sind dabei zwei Arten von Gruppen: Solche, die sich noch nicht gefunden haben, sowie solche, innerhalb derer ungelöste Konflikte herrschen. Auf höheren und höchsten Ebenen ist das keineswegs besser – im Gegenteil: der Unterschied zwischen den Hierarchieebenen ist eigentlich nur, dass weiter oben härter geschossen und erbarmungsloser gekämpft wird. Personen auf diesen Ebenen zeichnen sich im Schnitt durch eine größeren Ehrgeiz und höhere Durchsetzungsfähigkeit aus. Diese Kombination ist für viele Zwecke vorteilhaft und hat meist auch zu ihrem Aufstieg beigetragen; in Teamsituationen kann sie sich jedoch fatal auswirken: Sie bringt gerade obere Führungsgremien zuweilen an den Rand der Handlungsfähigkeit und darüber hinaus. Wenn diese Teams es nicht schaffen, verhältnismäßig schnell eine belastbare Basis für ihre Zusammenarbeit zu finden, besteht die Gefahr, dass sie sich gerade wegen der besonderen "Kampfkraft" ihrer Mitglieder in eine Pattsituation verstricken, in der kaum noch einen Fortschritt in der Sache möglich ist, weil der Großteil der Energie durch Reibungsverluste verschlissen wird.

  • Auf höheren Ebenen nicht besser, sondern nur härter
  • Doch nicht nur die Qualität von Sachentscheidungen leidet unter solchen gruppendynamischen Findungsprozessen; zu ihren Opfern können auch nachgeordnete Führungskräfte, Projektleiter, Berater oder externe Referenten werden, die an diese Gremien berichten oder dort ihre Inhalte präsentieren. Ihre Präsentationen werden rasch zur Bühne für Selbstdarstellung, Profilierung und Machtkämpfe. Ihre Aussagen werden, wenn es der eigenen Profilierung dient, munter unter Beschuss genommen – nicht, weil die Kritiker sie ernstlich in Zweifel ziehen würden, sondern weil sie eine Gelegenheit dafür bieten, die eigene Klugheit, Härte oder Identifikation unter Beweis zu stellen und/oder einem der Gegner einen Tritt vors Schienbein zu versetzen. Die armen "Gäste" wissen oft nicht, wie ihnen geschieht, wenn ihre sorgfältig erarbeitete Präsentation zerpflückt und in der Luft zerrissen wird. Und sie erfahren meistens auch nicht, dass diese demütigende Erfahrung nur am Rande mit der Qualität ihrer Arbeit zu tun hat, sondern hauptsächlich damit, dass sie zum Spielball eines noch nicht abgeschlossenen Selbstfindungsprozesses in jenem erlauchten Gremium geworden sind, an das sie berichteten (oder zu berichten versuchten).

  • "Kollateral-
    schäden"
  • Kampf um Zugehörigkeit und eine akzeptierte Position

     

    Solange sich eine Gruppe nicht gefunden hat, ist sie nur eingeschränkt arbeitsfähig. Denn dann geht die Energie ihrer einzelnen Mitglieder nicht so sehr in die Sacharbeit, sondern zum großen Teil in Selbstdarstellung und Profilierung. Selbst wenn nur ein einziges neues Mitglied zu einer Gruppe hinzugestoßen ist, muss es dort erst einmal Akzeptanz finden und sich einen Platz erringen. Damit kommt damit zwangsläufig die bestehende Rollen- und Kräftebalance aus dem Gleichgewicht, sodass die Gruppe im wahrsten Sinne des Wortes "mit sich selbst beschäftigt" ist. Diese gruppendynamische Gesetzmäßigkeit gilt für jede Gruppe, doch der dann entstehende Prozess der Rang- und Rollenklärung wird umso heikler und komplizierter, je wichtiger den Akteuren ihr Ansehen und Status in der jeweiligen Gruppe ist und je komplizierter und indirekter die Rituale der Positionsklärung sind.

  • Der eigene Platz in der Gruppe
  • Vor allem auf höheren Hierarchieebenen kommt dann oft ein Prozess in Gang, der sich mit nur wenig Sarkasmus als "Managementtheater" charakterisieren lässt: Manche Akteure – und zwar vor allem diejenigen, die sich ihrer Position und Akzeptanz nicht sicher sind – verwenden den Großteil ihrer Energie vor allem darauf, den anderen zu beweisen, was für gescheite Kerlchen, harte Burschen und/oder konsequente Verfechter der Unternehmensinteressen sie sind.

  • "Management-
    theater"
  • Die jeweilige Sachfrage wird dabei zur Plattform für Profilierung und Positionierung – was der Qualität der gefundenen Lösungen nicht unbedingt zugute kommt. Welche Entscheidung bei solchen Prozessen herauskommt, orientiert sich nicht in erster Linie daran, was inhaltlich sinnvoll ist, sondern vor allem daran, was den Normen entspricht, denen kein Mitglied der Gruppe zu widersprechen wagt. Da wird dann leicht ein "knallhartes Vorgehen" gegenüber Lieferanten, Geschäftspartnern oder gegenüber dem Betriebsrat beschlossen, obwohl viele der Beteiligten im Stillen ahnen, dass sie damit kaum durchkommen werden. Aber eiserne Entschlossenheit verkauft sich nun einmal besser in einem Umfeld, das möglichst tough und heldenhaft wirken möchte, als die nachdenkliche Suche nach einer Lösung, auch den Interessen und Bedürfnissen der anderen beteiligten Parteien gerecht wird.

  • Die Sache tritt in den Hintergrund
  • Solche gruppendynamischen Findungsprozesse gibt es natürlich nicht nur im Management; es gibt sie auch in Lehrerkollegien, Kirchengemeinden und Kindergärten, in Betriebsräten, Behörden, Männer- und Frauengruppen, gar nicht zu reden von Beratungsfirmen, Parteigremien und NGOs. Der Unterschied ist lediglich, auf welches Wertesystem sich die Profilierungsbemühungen ausrichten und nach welchen kulturellen Spielregeln sie verhandelt werden. In einer Management-Tagung sind andere Profilierungsstrategien angesagt als in einer Männergruppe, und zwar selbst dann, wenn – wagen wir das vorwitzige Gedankenexperiment! – die Teilnehmer rein zufällig identisch sein sollten. Während der Wettbewerb in der Männergruppe vielleicht eher auf dem Feld besonderer Sensibilität ausgetragen wird, geht es in der Management-Tagung eher darum, wer besonders "business-minded", "hard-nosed" und clever ist.

  • Findungs-
    prozesse sind allgegenwärtig
  • Wettbewerb um Status und Geltung

     

    Solche Profilierungsbestrebungen sind keineswegs, wie zuweilen behauptet oder auch gehofft wird, "typisch männlich". Auch Frauen werden dort, wo es ihnen wichtig ist, aktiv, um sich zu profilieren – nur die bevorzugten Profilierungsstrategien von Männern und Frauen unterscheiden sich. Dabei hat auch die Zusammensetzung der Gruppe einen Einfluss: Eine Frau unter lauter Männern wird sich (zweckmäßigerweise!) auf andere Weise profilieren als in einer überwiegend weiblichen Umgebung. Doch das Grundmuster ist geschlechtsunabhängig: Wer sich seines Platzes nicht sicher ist, strengt sich an, ihn zu erringen, und wer mit seiner Position nicht zufrieden ist, strengt sich an, sie zu verbessern.

  • "Typisch männlich?"
  • Nur die Taktiken, die dabei zum Einsatz kommen, unterscheiden sich von Mensch zu Mensch, sie unterscheiden sich in Abhängigkeit von dem jeweiligen sozialen Umfeld, und sie unterscheiden sich tendenziell auch zwischen den Geschlechtern. (Wobei der spöttisch-genervte Hinweis, wie sehr "die Männer" sich "wieder mal" für Profilierung verausgaben, bei genauerem Hinsehen selbst eine Profilierungstaktik ist, sagt sie doch implizit: "Wir Frauen sind (bzw. ich persönlich bin) da ganz anders: in keiner Weise auf Selbstdarstellung und Profilierung bedacht, sondern ausschließlich an der Sache orientiert!" Was natürlich mit der Wahrheit nur lose zu tun hat, aber darauf kommt es bei der Profilierung ja auch am allerwenigsten an. Wie wirksam diese Taktik ist, sieht man schon daran, wie belämmert die meisten Männer nach solch einem Einwurf gucken.)

  • Unterschiede in den Taktiken
  • Wie heftig und wie störend die Profilierungsbemühungen sind, hängt vor allem von zwei Einflussfaktoren ab, nämlich erstens, welche Bedeutung Position und Status für die einzelnen Gruppenmitglieder hat, und zweitens, welches Ausmaß an interner Konkurrenz in der jeweiligen Gruppe herrscht. Diese beiden Faktoren hängen zwar zusammen, weil die Teilnahme mehrerer "ehr-geiziger" (!) Personen fast zwangsläufig zu einem Ansteigen der internen Konkurrenz führt; trotzdem sind es zwei verschiedene Dinge: Das Ausmaß an interner Konkurrenz ist nicht ausschließlich die Folge von übertriebenem Ehrgeiz, sondern ein eigenständiger Einflussfaktor. So können auch die Führung oder "geeignete" Anreizsysteme die interne Konkurrenz anheizen – und lasssen dann sofort auch den Aufwand für Selbstdarstellung und Profilierung ansteigen. Umgekehrt kann eine besonnene Führung, die Freundlichkeit mit Festigkeit verbindet, in erheblichem Maße dazu beitragen, das Ausmaß der internen Konkurrenz in einer Gruppe zu dämpfen – und zwar selbst dann, wenn ihr etliche "kompetitive" Individuen angehören.

  • Statusstreben und Konkurrenz
  • Zwei weitere Einflussfaktoren kommen hinzu: Je größer ein Gremium ist und je seltener es zusammentritt, desto schwieriger und langwieriger ist der beschriebene Findungsprozess. Um so mehr ist das betreffende Gremium daher in der Gefahr, dauerhaft zum "Managementtheater" zu verkommen. Kleinere Teams, gleich ob Vorstände oder Projektgruppen, haben es da leichter: Sie haben sich in der Regel nach ein paar Sitzungen "zusammengerauft", das heißt sie haben eine interne Struktur und Rollenverteilung entwickelt, mit der alle Beteiligten leben können und in der die Gruppe arbeitsfähig ist. (Zumindest wenn ihnen auf dem Weg dorthin nicht ein ungelöster Konflikt in die Quere kommt, der zu einer Lagerbildung geführt hat.)

    Je größer ein Gremium ist, desto länger dauert zwangsläufig die Rollendifferenzierung, denn desto mehr unterschiedliche Rollenansprüche und -erwartungen müssen zu einem Ausgleich gebracht werden. Und je seltener es zusammentrifft, desto weniger Gelegenheit hat es, die Rollendifferenzierung zu einem Abschluss zu bringen: Nach einer längeren Unterbrechung beginnt der Prozess immer wieder (fast) von vorne.

  • Verschärft in großen Gremien
  • In besonderer Gefahr, zum Management-Theater zu verkommen, sind daher Führungstagungen, größere Management-Konferenzen und leider auch Lenkungsausschüsse. Hier kommt noch eine Komplikation hinzu, welche die Tendenz zur Selbstdarstellung und Profilierung zusätzlich anheizt, nämlich das Zusammentreffen unterschiedlicher Hierarchieebenen in einem öffentlichen Forum. Vor allem die obersten Chefs stehen hier in ihrem Umgang untereinander unter sorgfältiger Beobachtung durch ihre jeweiligen Mannschaften. Sie stehen damit unter einem gewissen Zugzwang, in der Interaktion mit den Kollegen eine gute Figur zu machen.

    Das macht sie besonders empfindlich für jene subtilen Entwertungen, die oft das Nebenprodukt von Selbstdarstellung sind. Wenn einer etwas zu stark die besondere Bedeutung seines Bereiches oder die besonderen Verdienste der eigenen Person betont, wertet er damit indirekt die anderen ab. Die unmittelbare Folge ist in aller Regel eine Zunahme der Selbstdarstellungen bei den Kollegen, samt entwertender Nebentöne, gemäß der simplen Regel: "Selbstdarstellung löst Selbstdarstellung aus". Aus solchem Geplänkel können sich rasch fühlbare Spannungen entwickeln, die von den nachgeordneten Ebenen deutlich wahrgenommen und aufmerksam registriert werden: "So richtig können die nicht miteinander!"

  • Öffentlichkeit verschärft die Sensibilität

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  • Schneidige Anbiederung an den jeweiligen Mainstream

     

    Was das "Managementtheater" speziell macht, sind die Rituale, nach denen dabei gespielt wird. Profilierungsbemühungen finden ja nicht im luftleeren Raum statt: Wer sich einen anerkannten Platz in einer Gruppe erobern will, muss als erstes eine Antwort auf die Frage finden: Was kann oder muss ich in diesem Umfeld eigentlich tun, um mich besonders hervorzutun? Es liegt auf der Hand, dass das nicht in jeder Gruppe dasselbe ist: Zur Profilierung unter pubertierenden Jugendlichen taugen nicht die gleichen Strategien wie in einem Pfarrgemeinderat. Welches Verhalten bei der jeweiligen Zielgruppe Pluspunkte bringt, hängt vor allem von zwei Dingen ab: Zum einen von den Werten und Normen dieser Gruppe, zum anderen davon, was bei den einflussreichen Mitgliedern dieser Gruppe gut ankommt (also letztlich von deren persönlichen Werten und Normen). Diese "Leitwölfe" haben deshalb einen besonderen Stellenwert, weil sie maßgeblichen Einfluss darauf haben, ob jemand in die Gruppe aufgenommen wird und welchen Platz er in ihr zugewiesen bekommt.

  • Profilierung bezogen auf offizielle Gruppennormen
  • Die Normen und Werten der "Leitwölfe" müssen dabei durchaus nicht deckungsgleich mit den offiziell anerkannten und bekundeten Normen der Gruppe sein. Beispielsweise gibt es unter Umständen erhebliche Diskrepanzen zwischen den hohen Idealen eines Unternehmens, wie sie sich in Leitbildern und Führungsgrundsätzen manifestieren, und den tatsächlichen Zielen und gelebten Werten des Top-Managements.

  • Tatsächliche Werte der "Leitwölfe"
  • Dies eröffnet die Chance für eine clevere Profilierungsstrategie, die vor allem in hierarchischen Strukturen gut funktioniert: Wer sich der besonderen Sympathie der Mächtigen und Wichtigen versichern will, sollte sich zwar verbal zu den offiziellen Normen und Werten der Gruppe bekennen, zugleich aber deutlich zu verstehen geben, dass er in der konkreten Sachfrage für ein "pragmatisches Vorgehen" plädiert, das "auch den berechtigten Interessen des Unternehmens Rechnung trägt". Die jeweiligen Platzhirsche hören das in aller Regel mit ausgesprochenem Wohlgefallen. Sie sind erfreut, dass der neue Mitstreiter ganz ähnlich denkt wie sie, und nehmen "solch einen intelligenten Menschen" huldvoll in ihren Kreis auf – womit das Manöver seinen Zweck erfüllt hat. (Solch Anbiederungsstrategien sind selbstverständlich nicht nur im Management möglich, sondern auch in Betriebsräten, Parteigremien und Bischofskonferenzen.)

  • Ein cleverer Trick, sich beliebt zu machen
  • Selbst wenn nicht jeder von sich aus auf diesen Trick kommt, ist doch fast jeder dazu in der Lage, ihn nachzuahmen, wenn er ihn einige Male von Kollegen bzw. Konkurrenten vorgeführt bekam. Vor allem in hierarchischen Strukturen setzt daher zuweilen ein heftiger Anbiederungswettbewerb an die heimlichen Normen der Leitwölfe ein, bei dem sich die Mitwirkenden in dem Bemühen überbieten, sich als besonders vorbildliche Vertreter dessen darzustellen, was sie für die Normen und Wertvorstellungen der Rudelführer halten.

    Aus dem Ausmaß der Abweichung von den offiziellen Normen und deren Richtung kann man viel darüber lernen, was die wirklichen Normen und Werte der Gruppe und ihrer Führer sind – bzw. wo die Akteure sie vermuten. Dabei stellt sich oft heraus, dass es keineswegs die offiziellen Unternehmenswerte, Führungsgrundsätze und Leitbilder sind, in deren Erfüllung oder Übererfüllung die Beteiligten wetteifern, sondern ziemlich kaltschnäuzige, egoistische und von einem negativen Menschenbild geprägte Wertvorstellungen, die dem Zerrbild des rücksichtlosen Managers zuweilen auf beunruhigende Weise ähneln.

  • Die heimlichen Normen
  • Die heimlichen Gruppennormen

     

    Aufschlussreich in Bezug auf die "heimlichen" Gruppennormen ist, welche Vokabeln in diesem Anbiederungswettstreit bevorzugt eingesetzt werden. Im Managementtheater ist "Pragmatismus" solch ein häufig gebrauchtes Wort. Es transportiert die Bereitschaft, die jeweiligen Ideale zwar nicht aufzugeben, sie aber so hoch zu halten, dass man leichter unter ihnen hindurch kommt. Diese "Pragmatiker" grenzen sich in aller Regel scharf von den sogenannten "Vertretern der reinen Lehre" ab, die angeblich "päpstlicher als der Papst sein wollen" und dabei "völlig unrealistische" und "weltfremde Vorstellungen" verfechten. Auch der Begriff "Realismus" wird in solchen Diskussionen gern in den Mund genommen, und bei näherem Hinsehen bringt er nichts anderes zum Ausdruck als dass es "überhaupt nicht machbar" sei, die offiziellen Normen und Werte im geschäftlichen Alltag "eins zu eins umzusetzen".

  • Das Vokabular der Anbiederung
  • Wichtig für den Erfolg dieser Bemühungen ist allerdings, die jeweilige Stimmungslage bei den "Platzhirschen" richtig einzuschätzen. Denn wenn die Hierarchen zum Beispiel äußert unzufrieden sind mit der halbherzigen Umsetzung getroffener Entscheidungen, wäre es äußerst unclever, die "Verfechter der reinen Lehre" zu geißeln und zu einem gesunden Pragmatismus aufzurufen. Unter solchen Umständen bringt es weit mehr Punkte, scharf die Bremser und Blockierer auf den nachgeordneten Hierarchieebenen zu kritisieren, vor halbherzigen Kompromissen zu warnen und zu fordern, dass die Führungskräfte und Mitarbeiter endlich die Komfortzone verlassen und sich den veränderten Anforderungen von Markt und Wettbewerb stellen.

  • Anpassung an die jeweilige "Großwetterlage"
  • Wer gelernt hat, die Sprache von Management-Sitzungen zu lesen, kann durch aufmerksames Zuhören mehr darüber erfahren, was die tatsächlichen Werte einer Organisation sind, als durch aufwändiges Studium sämtlicher verfügbaren Dokumente. Auch wenn die gemachten Aussagen zunächst einmal nur Mutmaßungen darüber sind, was das Top-Management oder die Mehrheit der Anwesenden gerne hören möchte, gewinnen deren Inhalte doch auch ohne offizielle Bestätigung in dem Maße Gültigkeit, wie sie unwidersprochen bleiben oder sogar wohlwollende Reaktionen auslösen.

  • Indirekte Bestätigung
    der Gültigkeit
  • Nach einiger Zeit binden die so verankerten Werte nicht mehr nur die Gruppe, sondern auch ihre Führer. Auch sie können sich nicht mehr ohne Weiteres von den mit ihrer Billigung oder Duldung verankerten Normen und Werten entfernen. Insofern ist der Einwand, dass das die in den Profilierungsversuchen zum Ausdruck kommenden Normen und Werte keineswegs die offizielle Position des Top-Management darstellten, zwar formal richtig, aber dennoch nicht mehr als eine Ausrede. Denn durch die schlichte Tatsache, dass sie die Betonung dieser Wertvorstellungen unwidersprochen zuließen, haben die Verantwortlichen zumindest durch Unterlassen – Juristen würden sagen: durch konkludentes Handeln –, meist aber auch durch wohlwollende Reaktionen bewirkt, dass sie Gültigkeit erlangt haben.

  • Bindung an die inoffiziellen Werte
  • Informelle Normen entstehen nun einmal weder über formale Beschlüsse noch über deren amtliche Bekanntgabe auf der Website "Corporate Social Responsibility". Sie entstehen, indem sich über das, was die in der jeweiligen Gruppe Einflussreichen fordern, was sie zulassen oder nicht zulassen, ein Standard herausbildet, der für alle Beteiligten mehr oder weniger verbindlich ist – auch für die Einflussreichen selbst. So kommt es, dass manchmal nicht nur einzelne Teammitglieder unter Gruppennormen leiden, mit denen sie in ihrem Innersten nicht einverstanden sind, sondern auch manche Chefs.

  • Wie informelle Normen entstehen

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  • Zugehörigkeitsgefühl als Voraussetzung für gute Arbeit

     

    Da dieses Managementtheater mit all seinen Profilierungsbemühungen, seinen Entwertungstendenzen und seinem verengtem Gruppendenken weder für das Arbeitsklima gut ist noch für die Qualität der getroffenen Entscheidungen, stellt sich die Frage, was sich dagegen tun lässt – und wer etwas dagegen tun kann. Den größten Einfluss haben sicherlich diejenigen, die in der jeweiligen Gruppe eine unangefochtene und hinreichend einflussreiche Position innehaben, also wiederum die "Leitwölfe". Dazu zählen in der Regel die obersten Vorgesetzten, aber keineswegs immer: Ein neues, unerfahrenes Vorstandsmitglied kämpft vielleicht selbst noch um seine Anerkennung in der Gruppe – und sei es auch nur subjektiv.

    Großen Einfluss auf das Teamklima haben häufig auch erfahrene, altgediente Haudegen, die gut verdrahtet sind, hohes Ansehen genießen und nichts mehr werden wollen oder müssen. Ähnliches gilt für manche Führungskräfte und Spezialisten, die – sei es wegen ihrer Persönlichkeit oder wegen ihrer Schlüsselrolle für das Geschäft – den Status eines "Platzhirschs" erworben haben.

  • Eindämmen des Theaterspiels
  • Was müssen und was können jene einflussreichen Personen tun, damit die Gruppe zur Ruhe kommt und nicht mehr so viel Managementtheater aufführt? In erster Linie sollten sie den Teilnehmern, die sich ihrer Position nicht sicher sind, ein Gefühl von Akzeptanz und Zugehörigkeit vermitteln. Das heißt, sie sollten der Versuchung widerstehen, in die allgemeine Selbstdarstellung einzustimmen und auch ein bisschen auf den Putz zu hauen. Stattdessen könnten sie sich darum bemühen, gerade die neuen Mitglieder freundlich in die Runde aufzunehmen und unsicheren Teilnehmern freundlich und wertschätzend zu begegnen.

    Denn nicht nur für "einfache Menschen", sondern auch für Top-Manager gilt: Voll leistungsfähig ist ein Team nur dann, wenn sich alle seine Mitglieder in der Gruppe akzeptiert und zugehörig fühlen. Denn nur wenn sich alle Beteiligten sicher sind, einen respektierten Platz in der jeweiligen Gruppe einzunehmen, werden sie damit aufhören, sich um das Erringen und Sichern ihrer Position zu bemühen, und sich den anstehenden Sachaufgaben zuwenden. Mit anderen Worten, wenn das Teamklima von Selbstdarstellungen und Profilierungsbemühungen belastet ist, bringt es überhaupt nichts, auf den Tisch zu hauen und die Betreffenden zur Ordnung zu rufen. Das schafft allenfalls für eine kurze Weile Ruhe; da das hinter der Profilierung stehende Bedürfnis nach Zugehörigkeit damit aber lediglich unterdrückt wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Spiel von Neuem beginnt.

  • Ruhe in Gremien bringen
  • Weshalb interne Konkurrenz die Produktivität verschlechtert

     

    Äußerst kontraproduktiv ist, wenn die "Platzhirsche" die interne Konkurrenz zusätzlich anheizen, etwa indem sie Mitarbeiter gegeneinander ausspielen, öffentlich "Noten verteilen", Leistungsvergleiche anstellen oder zum Wettbewerb um ihre huldvolle Zustimmung anstacheln. Manche machen das aus machtpolitischen Überlegungen ("divide et impera"), andere, weil sie meinen, dass es die Leistungsmotivation fördere, wieder andere tun es aus spielerischen Motiven, in denen sich zuweilen ein Schuss Überlegenheitsgefühl mit Anflügen von Sadismus paart.

  • Anstacheln der internen Konkurrenz
  • In der Regel sind sie sich aber nicht bewusst, dass sie damit die Produktivität der jeweiligen Gruppe in dreifacher Weise verschlechtern: Erstens weil die Sitzungen, belastet durch nutzlose Selbstdarstellungen und Rangeleien, unnötig lange dauern, zweitens, weil unter solchen Rahmenbedingungen nicht offen diskutiert wird, da niemand sich eine Blöße geben oder gar angreifbar machen möchte, und drittens, weil in einem solchen Klima aus naheliegenden Gründen wenig gegenseitige Unterstützung erfolgt. Was in Summe heißt: Mehr Aufwand, schlechtere Ergebnisse, angespanntes Klima – kein wirklich gutes Geschäft.

  • Hoher Preis der "Kompetitivität"
  • Weitaus besser ist es sowohl für die Qualität der Diskussion als auch für die der Ergebnisse, wenn sich die Verantwortlichen bewusst darum bemühen, ein akzeptierendes, konkurrenzarmes Klima zu schaffen, in dem jeder sich geschätzt fühlt und in dem auch ungewöhnliche Sichtweisen ohne Angst vor "Sozialstrafen" vorgebracht werden können. Das beginnt damit, dass sich die gestandenen Mitglieder der Runde ein Stück wie gute Gastgeber verhalten und auf neue Mitglieder zugehen und sie in ihren Kreis einbeziehen, statt sie, in wichtige Gespräche vertieft, am Rande stehen zu lassen. Es setzt sich fort mit einer straffen, aber wohlwollenden Leitung, die gerade neue und unsichere Mitglieder dazu ermutigt, ihre Sichtweisen und Erfahrungen einzubringen. Und es erfordert schließlich ein bewusstes "Beschützen" des guten Klimas, wenn die Diskussion einmal hitziger wird.

  • Freundliches, konkurrenzarmes Klima schaffen
  • In solchen Phasen ist zum einen wichtig, dafür zu sorgen, dass die unterschiedlichen Standpunkte und ihre Begründungen klar herausgearbeitet werden, ohne unerwünschte Positionen unterzubuttern, zum anderen keine offenen oder verdeckten Fouls zuzulassen. Denn wenn solche Fehlgriffe nicht sofort unterbunden werden, verschlechtert sich rasch das Klima, und mit ihm die Qualität der Diskussion: Die entstandenen offenen Rechnungen werden mit Retourkutschen beglichen, die wiederum neue Retourkutschen nach sich ziehen. Alsbald werden die Teilnehmer vorsichtiger und "taktischer"; die Offenheit schwindet.

  • Konstruktives Streiten fördern
  • Reife und unreife Management-Teams

     

    Selbstdarstellung und Profilierung lassen sich nicht dadurch eindämmen, dass ein starker Führer sie effektiv genug unterdrückt, sondern dadurch, dass sie überflüssig werden. Weitgehend überflüssig sind sie dann, wenn jedes Teammitglied sich akzeptiert und zugehörig fühlt und mit seiner Position in der Gruppe im Reinen ist. Wenn es gelingt, solch ein Klima zu schaffen, kehrt ganz von alleine Ruhe ein. Und je mehr die Teammitglieder dann die Erfahrung machen, dass man auch abweichende Meinungen vertreten kann, ohne seine Akzeptanz und seine Zugehörigkeit zu gefährden, desto mehr entwickelt sich ein belastbares Vertrauen zu der Gruppe insgesamt sowie zu ihren einzelnen Mitgliedern.

    Wenn es dann noch gelingt, sehr unterschiedliche Sichtweisen und Perspektiven zu fruchtbaren und realitätstauglichen Lösungen zusammenzuführen, ist die Entwicklung zu einem "reifen Team" gelungen, das heißt zu einem Team, das – weitgehend ohne Managementtheater! – die verfügbaren Informationen ausschöpft und sie ebenso effizient wie effektiv in tragfähige Entscheidungen ummünzt.

  • Entwicklung
    zu einem reifen Team
  • Was ist der Unterschied zwischen einem reifen und einem unreifen Team? Ähnlich wie selbstunsichere Individuen sind auch unreife Gruppen wenig kritikfähig: Sie fühlen sich leicht in Frage gestellt und reagieren darauf gereizt und abwehrend. Der tiefere Grund ist auch hier ein eingeschränktes Zugehörigkeitsgefühl: Die Teammitglieder glauben, dass sie nur dann akzeptiert sind, wenn sie sich in bedingungsloser Loyalität zu ihrer Gruppe und deren Führern bekennen und sie gegen jeden "Angriff" von innen und außen verteidigen.

    Infolgedessen neigen unreife Teams zu dem, was man in der Soziologie "Group-Think" nennt: Sie nutzen das Meinungs- und Erfahrungsspektrum ihrer Mitglieder nicht aus, sondern verengen sich allzu eilfertig zu einer einheitlichen Meinung. Das heißt, sie setzen sich mit Gegenpositionen, Kritik und mangelnder Zustimmung nicht auseinander, sondern reagieren darauf mit einem "Dominanz-Reflex". Die Gruppe hat immer Recht, und wer nicht so will, wie sie es will, muss entweder dumm oder bösartig sein und wird daher bekämpft.

  • Unreife Teams und "Group Think"
  • Solange solche unreifen Gruppen keine große Macht haben, sind sie nur nervig; mit ihrer aggressiven Selbstbehauptung schaden sie dann eher sich selbst als anderen. Wenn sie jedoch Macht besitzen, werden sie gefährlich, weil sie sich dann allzu leicht in realitätsabgelöste Positionen verbohren und sie aggressiv verteidigen. Auf diese Weise erhöht das Zusammenrücken der Gruppe das Risiko folgenschwerer Fehlentscheidungen.

    Ein Vorstadtverein, der von einem unreifen Team geführt wird, sorgt allenfalls für gelegentliche Schlagzeilen und Beleidigungsprozesse; an der Spitze eines Großunternehmens oder gar eines Staates hingegen wird ein unreifes Team zum Höchstrisiko, weil es den Bestand und die Zukunft des Ganzen in Gefahr bringen kann. Daher müsste es für den Kapitalmarkt eigentlich von einigem Interesse sein, ein Maß für die Reife oder Unreife des Top-Teams von Unternehmen zu haben; vermutlich wäre das ein guter Prädiktor ihrer Ergebnisentwicklung.

  • Gefährliche Verbindung
    mit Macht
  • Fassen wir zusammen: Gerade für die Arbeits- und Leistungsfähigkeit von Führungsteams hat das Thema Zugehörigkeitsgefühl eine zentrale Bedeutung – auch wenn manche starken Männer erst einmal Mühe mit solch einen nach Schwäche und emotionalen Bedürfnissen klingenden Begriffen haben. Ein "reifes Team" zeichnet sich dadurch aus, dass es auch nachdenkliche Positionen zulässt und insbesondere bereit ist, sich auch mit Gegenpositionen von Teammitgliedern wie von Außenstehenden auf interessierte, wertschätzende Weise auseinanderzusetzen. Es lehnt andere Positionen also nicht von vornherein ab und kommt deshalb auch nicht so leicht in die Gefahr, sich nicht auf ein selbstgerechtes "Mir samma mir" zu versteifen. Das ist wichtig, wenn es um die Bewältigung von Spannungen und Konflikten mit anderen Gremien (wie dem Betriebsrat) geht, aber auch für die Steuerung von Veränderungsprozessen und den einfühlsamen Umgang mit ängstlichen oder skeptischen Teilen der Organisation.

  • Reife Teams

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