Fehlstart: Die Folgen widersprüchlicher Signale und wie man sie
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Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung |
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So wie es anfängt, geht es auch weiter dies ist die Erfahrung
aus unzähligen Change Management-Projekten. Deshalb verdient es in Change-Prozessen höchste professionelle Aufmerksamkeit, den Anfang gut zu gestalten. Und aus dem gleichen Grund bedeutet es
allerhöchste Alarmstufe, wenn ein Veränderungsprojekt einen Fehlstart
nimmt. |
Der Anfang bestimmt die Richtung |
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Wie etwa in den folgenden Fällen: |
Symptome |
- Zwangsbeglückung: Die Teammitglieder wurden
für ihre Mitarbeit an dem Projekt nicht gewonnen, sondern
ohne gefragt worden zu sein bzw. sogar gegen ihren Willen
benannt bzw. "abkommandiert". Sie steckten voll innerer Vorbehalte,
und die einzige Frage, die sie wirklich interessierte, war, wie sie
so schnell wie möglich wieder aus der Sache herauskämen. Die externen Berater wussten davon nichts und wunderten sich nur über die seltsame Stimmung, die bei dem Kickoff-Meeting herrschte.
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- Diffuse Kommunikation: Das Projekt wurde
zwar in einer Info-Veranstaltung
oder Betriebsversammlung angekündigt und offiziell vorgestellt, aber die Veranstaltung
geriet so lustlos und diffus, dass sich Beteiligte wie Unbeteiligt
hinterher fragten, was die ganze Sache eigentlich soll.
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- Widersprüchliche Signale: Bei der Kickoff-Veranstaltung erklärte die Geschäftsleitung, dass das Projekt für sie allerhöchste
Priorität habe; alles andere müsse dahinter zurückstehen. Was alle
Projektbeteiligten als klares Signal und große Aufwertung ihres
Auftrags empfanden. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass
damit keineswegs eine Entlastung von anderen Aufgaben gemeint war:
Das Tagesgeschäft hatte ebenfalls "allerhöchste Priorität"
und die Teammitglieder das Gefühl, in einer Falle zu sitzen.
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Halbherzige Entscheidungen bedingen halbherzige Signale |
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Nach einem solchen Fehlstart stecken die betroffenen Projekte in
einer Krise, noch bevor sie überhaupt die Arbeit aufgenommen
haben. Projektleiter und Teammitglieder sind verunsichert und verärgert,
weil man ihnen einerseits einen Auftrag erteilt, sie aber andererseits
in eine Situation gebracht hat, die es ihnen unmöglich macht, diese
Aufgabe gut zu erfüllen. Das macht es ihnen schwer, sie mit einem guten Gefühl anzunehmen und sich mit Überzeugung
und Engagement an die Arbeit zu machen. Entsprechend wenig Sinn
sehen sie in der Sache. |
Verunsicherung und
Demotivation |
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Wenn in dieser Situation nicht schnell Entscheidendes passiert,
kann man ohne Risiko darauf wetten, dass aus einem solchen
Projekt nichts werden wird: Es wird gar nicht richtig in Gang kommen,
weil die allerwenigsten Teammitglieder einen Grund sehen werden,
sich für die Aufgabe zu engagieren. Bei nächster passender Gelegenheit
werden sich die meisten mit unaufschiebbaren Aufgaben höchster Bedeutung
verabschieden, und das Projekt wird einschlafen. |
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Ein solcher Fehlstart ist kein Zufall, er hat seine Gründe. Man
muss sich, um solch ein Projekt noch zu retten, von der naiven Vorstellung
lösen, dass solch ein Fehlstart "versehentlich" oder aus Ungeschick
passiert, und den Mut haben, das nachlässige oder widersprüchliche
Verhalten des Managements als Ausdruck eines tiefer liegenden Problems
zu verstehen. Es liegt in der Regel darin, dass das Management nicht
voll (bzw. nicht geschlossen) hinter dem Projekt steht, sich aber
auch nicht zu einer klaren Entscheidung dagegen durchringen konnte:
Halbherziges Handeln als Ausdruck einer halbherzigen Entscheidung. |
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Einen Fehlstart halbwegs reparieren |
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Im Grunde ist solch ein Projektstart eine Katastrophe so
etwas dürfte eigentlich nicht passieren, denn es heißt, engagierte
Mitarbeiter für eine Sache zu verheizen, die keinerlei Aussicht
auf Erfolg hat, und sie damit nachhaltig zu demotivieren. Aber alles
"sollte nicht" und "dürfte nicht" hilft nichts, wenn man vor dem
Problem steht. In diesem Fall hilft nur eines, nämlich so rasch
wie möglich eine Klärung herbeizuführen entweder so oder
so. Entweder muss das missverständliche Signal überzeugend korrigiert
werden oder konsequent umgesetzt werden: Zwar wird ein Projektabbruch in dieser Phase allgemeines Kopfschütteln auslösen, trotzdem ist
er allemal besser als ein "Scheitern auf Raten". |
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Falls sich die Geschäftsleitung für eine Fortführung entscheidet,
ist ein Projekt-Relaunch angesagt: Dann muss sie schleunigst bei dem Projektteam durch klärende Gespräche
und ein eindeutiges (und nachprüfbares!) Bekenntnis zu den Zielen und Ressourcen des Projekts nachträglich für Orientierung und Motivation sorgen. Das wird nicht ganz einfach werden, weil sie hier die Skepsis
zerstreuen muss, die sie durch ihr eigenes Verhalten hervorgerufen
hat. |
... und intensive
Kommunikation |
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Selbst wenn dies gelingt, ist das Problem nicht vollständig gelöst:
Die Erinnerung an den Fehlstart und die eigene Enttäuschung oder
Verärgerung lässt sich nicht auslöschen. Soziale Systeme haben keine Reset-Taste, mit der man das System neu starten kann, wenn man den Start vermurkst hat. Damit bleiben solche Projekte besonders
anfällig für unklare Signale und Vertrauenskrisen. Dies erfordert
über den gesamten Projektverlauf hinweg erhöhte Sorgfalt in der
Kommunikation. |
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Prävention ist kostengünstiger als Therapie |
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In der Theorie ist die Prävention von Fehlstarts sehr einfach.
In der Praxis auch man muss es nur tun.
Erstens Projekte nur dann beginnen, wenn man fest von ihrem Nutzen überzeugt ist und bereit, den "Preis" in Form von Ressourcen und eigenem Zeiteinsatz zu bezahlen. Zweitens, sie dann auch mit der entsprechenden Sorgfalt vorbereiten und starten. Und drittens beim Start keine Aussagen zu machen, die man nicht einzuhalten entschlossen und in der Lage ist. |
Klarheit
und Entschiedenheit von Anfang an
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Natürlich sagt sich das leicht aber so arg kompliziert ist
es auch wieder nicht; es erfordert nur Konsequenz. Wenn man jedoch
bedenkt, wie viel Zeit und Anstrengung die Reparatur eines Fehlstarts,
wie oben beschrieben, kostet, ist es kein billiger, sondern ein
kostensparender Rat, das Projekt durch eine gute Vorbereitung
von vornherein richtig aufs Gleis zu setzen. Wenn es diese Zeit
nicht wert ist, ist das Projekt wahrscheinlich insgesamt die Mühe
nicht wert oder es findet zumindest zum falschen Zeitpunkt statt. |
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© 2001 Winfried Berner / letzte Revision 17.12.2017 – vollständige oder auszugsweise Wiedergabe, gleich in welcher Form, honorarpflichtig und nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung / Zitate im üblichen Umfang mit Quellenangabe gemäß wiss. Zitationsregeln zulässig. Näheres siehe Nutzungsbedingungen.
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