Die Umsetzungsberatung

Psychologie der Veränderung






Winfried Berner, Regula Hagenhoff, Th. Vetter, M. Führing
"Ermutigende Führung"

Für eine Kultur des Wachstums

Ermutigende Führung: Für eine Kultur des Wachstums

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Winfried Berner:
Culture Change

Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil

Culture Change: Unternehmenskultur als Wettbewerbsvorteil

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Winfried Berner:
"CHANGE!" (Erweit. Neuauflage)

20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung

Change! - 20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung

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Winfried Berner:
"Bleiben oder Gehen"

Bleiben oder Gehen

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Feedback: Generalschlüssel zu unserer Realitätsanpassung

 

Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung

Feedback ist eigentlich immer unangenehm. Zwar genießen wir es alle, wenn uns andere loben uns und so bestätigen, wie wir uns selbst gerne sehen wollen, nämlich als gescheit, attraktiv und beeindruckend – solch positives Feedback geht natürlich herunter wie Honig. Doch sobald Feedback kritische Hinweise enthält, ist es immer ein wenig frustrierend. Auch wenn es noch so formvollendet den Feedbackregeln entspricht, macht es uns ja darauf aufmerksam, dass wir nicht so gut angekommen sind wie wir geglaubt oder gehofft haben, oder dass wir durch unser Handeln unerwünschte Nebenwirkungen ausgelöst haben. Das ist und bleibt frustrierend. Dennoch sind gerade diese Hinweise besonders wertvoll, denn sie sind das wichtigste Mittel zur Sicherung unserer Realitätsanpassung.

  • Nützliche Zumutung
  • Der Philosoph, Theologe und Managementtrainer Rupert Lay leitet die Bedeutung des Feedbacks aus einer erkenntnistheoretischen Überlegung her. Er knüpft an an die Erkenntnis des alten Sokrates, dass es uns Menschen nicht möglich ist, die Wahrheit zu erkennen. Weil das so ist, gibt es auch keine Möglichkeit, objektiv zu erkennen, wie wir wirklich sind – wie gut oder wie schlecht, wie stark oder wie schwach, wie attraktiv oder wie abstoßend, etc. Trotz dieses Mangels an objektiver Erkenntnis ist es aber nicht so, dass wir orientierungslos über den Globus tappen und nicht die geringste Ahnung haben, was wir tun und was wir lassen sollten. Der Grund dafür ist, dass wir, wenn schon nicht "Wahrheit", so doch Realitätsdichte erreichen können, und damit zugleich eine brauchbare Orientierung für unser Handeln.

    Mit "Realitätsdichte" meint Lay, dass das, was wir denken und tun, einigermaßen im Einklang mit der Realität steht, oder zumindest nicht in allzu krassem Widerspruch dazu. Denn wenn wir vermeiden wollen, ständig anzuecken und einen Fehlschlag nach dem anderen einzustecken, muss das, was wir über uns selbst denken, was wir über andere Menschen denken und wie wir uns infolgedessen verhalten, halbwegs kompatibel mit der Wirklichkeit sein.

  • Nicht Wahrheit, aber "Realitäts-dichte"
  • Das zentrale Mittel zur Herstellung von Realitätsdichte aber ist Feedback. Dabei ist "negatives" Feedback im Grunde sogar noch wichtiger als positives. Denn positives Feedback bestätigt uns nur – das ist zwar angenehm und fördert unser Selbstvertrauen, aber es trägt wenig zu einer besseren Realitätsanpassung bei. Negatives Feedback hingegen zwingt uns dazu, zu lernen und unsere Sicht auf die Realität weiterzuentwickeln. Das ist zwar zuweilen unerfreulich und frustrierend, aber zugleich ist es unverzichtbar für unsere Lebenstauglichkeit.

  • "Negatives" Feedback ist positiv
  • Der Realität eine faire Chance geben

     

    Feedback besteht keineswegs nur aus dem, was uns andere Menschen ungefragt oder auf unsere Bitte hin "zurückmelden". Feedback heißt für einen Baumeister, zu sehen, dass sein Gebäude stehen bleibt – oder einstürzt. Feedback heißt für einen Geigenbauer, zu hören, dass sein Instrument voll und warm klingt – oder wie eine Kreissäge. Feedback heißt für ein produzierendes Unternehmen, zu erfahren, dass seine Produkte reißenden Absatz finden – oder in den Regalen verstauben.

  • Das Feedback der Realität
  • Auch sämtliche empirischen Forschungsmethoden in der Wissenschaft zielen letztlich nur darauf, in geordneter und reproduzierbarer Weise ein Feedback der Realität zu den eigenen Theorien (oder denen der Kollegen) einzuholen. Das gesamte Forschungskonzept des Kritischen Rationalismus' besteht im Kern darin, der Realität eine faire Chance gegen die eigenen gedanklichen Konstrukte zu geben. Denkmodelle, die diesen Realitätstest bestanden haben, sind damit zwar nicht als "wahr" bewiesen, dürfen aber bis auf weiteres als unwiderlegt gelten (bzw., in der Sprache des Kritischen Rationalismus', als "nicht falsifiziert"). Für die Praxis kommt das beinahe aufs Gleiche heraus, denn auf solche unwiderlegten Theorien stützen wir uns, als ob ihr Wahrheitsgehalt unwiderlegbar erwiesen wäre. Doch genau genommen steht jede gültige Theorie und jedes als gesichert geltende Denkmodell unter dem Vorbehalt neuerer Erkenntnisse.

  • Empirische Forschungs-methoden
  • Aber was soll mit Theorien oder Denkmodellen geschehen, die diesen Realitätstest nicht bestanden haben? Sie müssen entweder aufgegeben oder grundlegend modifiziert werden. Genau das Gleiche muss mit Produkten geschehen, die als unverkäuflich im Lager liegen bleiben, oder mit Konstruktionsmethoden, die zu Einstürzen oder anderen unerwünschten Effekten führen: Auch sie müssen entweder aufgegeben oder substanziell verbessert werden. Anschließend muss ein erneuter Praxistest das Feedback darüber einholen, ob die erhoffte Verbesserung auch von der Realität anerkannt wird oder nicht. Auch hier kann Feedback frustrierend sein – nämlich immer dann, wenn sich die Realität hartnäckig weigert, die beabsichtigte Verbesserung als solche zu bestätigen (bzw. wenn sie diese Hoffnung starrsinnig "falsifiziert").

  • Der Weg der Realitäts-anpassung
  • Doch so unangenehm "negatives" Feedback sein kann, wenn es unsere Hoffnungen und Illusionen durchkreuzt: Es ist keine gute Alternative, Feedback zu vermeiden. Wer vor der Realität die Augen verschließt, erspart sich zwar sowohl die frustrierende Erkenntnis, immer noch nicht am Ziel zu sein, als auch die Kränkung des Selbstwertgefühls, doch nicht so klug und kompetent zu sein wie er es gerne wäre. Doch der Preis der Feedback-Vermeidung ist die Realitätsablösung: Wer sich der Frustration des Feedbacks entzieht, lebt kurzfristig komfortabler, aber er läuft Gefahr, sich häuslich in einer illusionären Welt einzurichten, so wie ein Politiker, der die wirkliche Stimmung im Volk nicht mehr zur Kenntnis nimmt, sondern unerschütterlich an seine Popularität glaubt.

  • Gefahr der Realitäts-ablösung
  • Mit der Weigerung, das Feedback der Realität zur Kenntnis zu nehmen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es früher oder später zu einem schmerzhaften Zusammenprall mit eben dieser Realität kommt. Wer sich Illusionen über seine Wettbewerbsposition macht, kann diese Fiktion eine ganze Weile aufrechterhalten, doch spätestens in der Liquiditätskrise bricht die Traumwelt zusammen. Aber dann ist es oft schon zu spät – manchmal für das Unternehmen, fast immer für das bisherige Management.

  • Schmerzhafter Zusammenprall mit der Realität
  • Feedback im Alltag

     

    Eigentlich mangelt es uns im täglichen Leben nicht an Feedback – im Gegenteil: Der Alltag ist voll davon. Kaum dass wir morgens aus dem Haus gehen, meldet uns ein Kältegefühl auf der Haut, dass wir uns zu leicht angezogen haben. Beim Blick auf die Benzinuhr stellen wir fest, dass es mal wieder Zeit zum Tanken wäre, und beim Blick auf die Armbanduhr, dass wir ausnahmsweise mal wieder zu spät dran sind. Ein Hungergefühl signalisiert uns, dass ein kleines Frühstück doch angebracht gewesen wäre, und der Druck auf die Blase macht uns darauf aufmerksam, dass ein kurzer "Boxenstopp" vor der Abfahrt kein Fehler gewesen wäre.

    Dann klappen wir die Sonnenblende herunter, weil unsere Augen von dem Gegenlicht geblendet sind. Unser Hintermann blinkt uns an, weil er offenbar findet, dass wir seinem Fortkommen im Wege stehen; einer Hinweistafel entnehmen wir, dass es ab hier noch 12 Kilometer bis zu unserem Ziel sind, und ein rötlicher Blitz meldet uns zurück, dass wir gerade eine Geschwindigkeitskontrolle passiert haben. Und das alles, noch bevor wir unser Büro erreicht haben: Über einen Mangel an Feedback brauchen wir uns also wahrlich nicht beklagen.

  • Feedback auf allen Kanälen
  • Auch im zwischenmenschlichen Bereich erhalten wir, genau besehen, reichlich Feedback. Die meisten Kolleginnen und Kollegen grüßen Sie schon morgens bei Ihrer Ankunft freundlich – und signalisieren Ihnen damit, dass ihre Beziehungen soweit in Ordnung sind. Nur eine Mitarbeiterin reagiert deutlich reservierter – vermutlich ist sie noch verschnupft, dass Sie ihr vorgestern eine Zusatzaufgabe aufs Auge gedrückt haben. Ein externer Anrufer spricht sie geradezu überschwänglich an – und gibt Ihnen damit zu erkennen, dass er etwas von Ihnen möchte. Etwas schwieriger ist, wie üblich, das verschlossene Gesicht Ihres Chefs zu deuten. Täuscht es Sie, oder schaut er noch grimmiger drein als sonst? Vielleicht wegen des immer noch ausstehenden Berichts? Aber Sie sind wegen all der anderen Aufgaben wirklich nicht dazu gekommen! Oder hatte er bloß mal wieder Zoff mit seiner Frau? Die beiden streiten sich ja ständig; da wäre es kein Wunder, wenn das auch auf seine Stimmung im Betrieb abfärbte ...

  • Indirektes Feedback
  • Das Problem mit dem Feedback im Alltag ist nicht, dass es uns daran fehlt, sondern dass es meistens uneindeutig ist. Erstens bleibt oftmals – siehe Chef – im Unklaren, was die Signale wirklich zu bedeuten haben, zweitens wird – siehe Mitarbeiterin – deren Hintergründe und Ursachen in aller Regel nicht entschlüsselt. Die Folge: Wir rätseln. Trotz all des Feedbacks wissen wir häufig nicht, woran wir wirklich sind, und noch weniger, was die Gründe dafür sind: Wir spüren oder ahnen zwar, dass "etwas ist", aber wir können nur raten, was es genau ist und was die Ursachen dafür sind – und dabei können wir natürlich auch falsch raten. Erst recht wissen wir nicht, was wir tun könnten oder sollten, um die Situation zu verbessern – bzw. ob wir überhaupt etwas tun sollten.

  • Feedback oft verschlüsselt
  • Was die Lage noch vertrackter macht, ist dass wir in solch diffusen Situationen oft gar nicht daran interessiert sind, die Beziehung zu klären, sondern daran, sie (auf der Basis unserer ungeprüften Interpretation) in unserem Sinne zu gestalten. Theoretisch könnten wir die Mitarbeiterin natürlich fragen, ob sie sauer auf uns ist – doch das würden die meisten Vorgesetzten schon deshalb nicht tun, weil sie sich sagen, dass sie auf die vorhandene Verstimmung keine Rücksicht nehmen dürfen: "Die muss endlich mal lernen, dass man sich nicht nur die angenehmen Aufgaben heraussuchen kann!" Infolgedessen geben sie sich betont unbeeindruckt – was durchaus eine sinnvolle Strategie sein kann, falls die gemachte Annahme über die Gründe der wahrgenommenen Kühle zutreffend sind, aber zu allerlei Komplikationen führen kann, wenn der wahre Grund der zurückhaltenden Reaktion ein ganz anderer war.

  • Eskalierende Interpretationen

  • Ermutigende Führung: Für eine Kultur des WachstumsWer es schafft, einem Menschen Mut zu machen, hilft ihm, über seine bisherigen Grenzen hinauszuwachsen. Wer es schafft, ein Unternehmen zu ermutigen, eröffnet ihm neue Perspektiven. Wem es gelingt, eine ermutigende Führungskultur aufzubauen, der verschafft seiner Firma einen kaum einholbaren Wettbewerbsvorteil. Das sind die Leitgedanken unseres Buches "Ermutigende Führung – Für eine Kultur des Wachstums" (Schäffer-Poeschel 2015). Damit der geschäftliche Erfolg wächst, müssen die Menschen wachsen, die das Geschäft betreiben. Dieses Buch zeigt, wie Sie dies aktiv fördern und herbei-führen können.

    Mehr über das Buch "Ermutigende Führung – Für eine Kultur des Wachstums"


    • Buch "Ermutigende Führung"

    Das Prinzip, unnötige Klarheit zu vermeiden

     

    Auch in der Kommunikation gilt eben die Regel: "Assumption is the mother of all fuck-ups". Viele Missverständnisse wären leicht zu vermeiden, wenn wir offener über unsere Wahrnehmungen reden und mehr Feedback geben und einholen würden. Stellt sich also die Frage, warum (bzw. zu welchem Zweck) wir das nicht tun. Denn wenn Feedback so wichtig und so nützlich ist, dann muss es ja Gründe geben, weshalb wir dennoch so wenig klares Feedback geben und uns auch nur selten ein explizites Feedback einholen. Allem Anschein nach gibt es nicht nur gute Gründe, Feedback zu geben und zu empfangen, sondern es muss auch Gründe geben, genau dies zu unterlassen.

  • Gründe, kein Feedback zu geben
  • Und die gibt es in der Tat. Der erste und nächstliegende Grund ist, dass es mit Aufwand und Anstrengung verbunden ist, Feedback zu geben. Nicht nur, dass es Anstrengung kostet – man muss sich ja die Mühe machen, das Feedback nachvollziehbar aufzubereiten und einfühlsam zu kommunizieren, wenn es zu einer Verbesserung führen soll. Und trotz aller Sorgfalt kann man sich nie ganz sicher sein, wie der andere darauf reagieren wird. Diese ganze psychische und mentale Anstrengung lohnt sich nur dann, wenn man erstens an einer Verbesserung wirklich interessiert ist, und wenn zweitens die Sache, um die es da geht, den Aufwand auch wert ist. Das ist aber ein Punkt, an dem man sich wunderbar in die Tasche lügen kann, wenn man ein mulmiges Gefühl bei der Vorstellung hat, jemanden ein ehrliches Feedback zu geben: "So wichtig ist es auch wieder nicht!"

  • Emotionale Anstrengung
  • Unsere gesamte Geschäftskultur ist bei nüchterner Betrachtung darauf angelegt, unnötige Klarheit, wie man zueinander steht und sich gegenseitig sieht, nach Möglichkeit zu vermeiden. Nicht, dass wir über diese Dinge nicht reden würden – aber "höflichkeitshalber" meist nicht in Anwesenheit der Betroffenen. Wenn Mitarbeiter über ihre Chefs, Chefs über ihre Mitarbeiter und alle beide über ihre Kunden lästern, dient dies ja nicht dem Zweck, die Beziehungen zu verbessern, sondern es dient in erster Linie dem Ablassen von Überdruck, der Solidarisierung und dem Streben nach moralischer Überlegenheit: Kaum je wird bei solchen Gelegenheiten darüber gesprochen, was man denn aktiv tun könne, um das Zusammenspiel zu verbessern; stattdessen ziehen wir ausführlich und mit zahlreichen Beispielen über die Unfähigkeit, Rücksichtslosigkeit oder moralische Verkommenheit der jeweiligen Personen her. Und nachdem man sich in ihrer Abwesenheit Luft gemacht hat, begegnet man den Betreffenden wieder mit betonter Höflichkeit und erspart ihnen – und vor allem sich selbst – jegliches Feedback ebenso wie eine klärende Auseinandersetzung.

  • Vermeidung
    von Klarheit
  • Eigentlich seltsam: Obwohl die Zusammenarbeit offenkundig nicht optimal läuft – sonst gäbe es nicht so viel Grund zu lästern –, versuchen die meisten Menschen nicht, die Situation zu verbessern, sondern verwenden ihre Energie darauf, sich über die Unzulänglichkeiten der betreffenden Mitmenschen zu mokieren. Objektiv tragen sie damit in keiner Weise zu einer Verbesserung bei, sondern im Gegenteil zur Verfestigung der Missstände, die sie wortreich beklagen.

    Wenn wir aber dem bewährten Grundsatz folgen, dass unsere wirklichen Absichten nicht aus unseren Worten zu erkennen sind, sondern aus unseren Taten, würde dies den irritierenden Verdacht wecken, dass die Betreffenden gar nicht an einer Verbesserung der Situation interessiert sind. Dieser Verdacht mag Ungeübten überzogen oder gar ungeheuerlich erscheinen, doch wenn wir die handelnden Personen nicht für so dumm halten wollen, dass sie nicht wissen, dass Lästereien die Situation nicht verbessern, bleibt kaum eine andere Erklärung. (Auszuräumen wäre dieser Verdacht nur, wenn sie erhebliche und konstruktive Anstrengungen zur Verbesserung machen würden.)

  • Lästern statt Verbessern
  • Nutzen und Kosten von mangelndem Feedback

     

    Vermutlich sind es also nicht bloß Harmoniebedürfnis und Konfliktscheu, die Menschen davon abhalten, sich gegenseitig ein klares Feedback zu geben. Drei weitere Hindernisse stehen dem im Wege: Erstens: Wer Feedback gibt, muss Farbe bekennen; er muss sich festlegen, sowohl für die Gegenwart ("So sehe ich Sie") als auch für die Zukunft. Viele Menschen (auch viele Manager) ziehen es aber offenbar vor, in einer unverbindlichen und unpersönlichen Ungreifbarkeit zu verbleiben. Zweitens: Wer ein ermutigendes Feedback gibt, hilft anderen, sich weiterzuentwickeln. Daran sind aber viele Menschen, auch viele Führungskräfte gar nicht interessiert – teils, weil sie kein so großes Interesse an anderen Menschen haben, teils, weil sie deren Wachstum eher als Bedrohung sehen. Die Weiterentwicklung anderer wird aber nur fördern, wer sich selber dadurch nicht gefährdet fühlt.

  • Unverbindlichkeit und Desinteresse
  • Drittens kann es auch ein Machtinstrument sein, andere im Unklaren zu lassen. So wie jener Chef mit der finsteren Miene verunsichern etliche Top-Manager ihre nachgeordneten Ebenen durch Unpersönlichkeit, eine undurchdringliche Miene und einen Mangel an Feedback. Es ist wenig plausibel, dies auf kommunikative Ungeschicklichkeit oder einen Mangel an "Emotionaler Intelligenz" zurückzuführen: Wenn jemand im zwischenmenschlichen Umgang regelmäßig eine bestimmte Wirkung erzielt, darf man davon ausgehen, dass er genau diese Wirkung beabsichtigt – anderenfalls bräuchte es sich ja nur anders zu verhalten. Mit anderen Worten: Wer regelmäßig verunsichernd wirkt, will verunsichern. Kein klares Feedback zu geben, ist eine Strategie, sich Einfluss zu sichern. Denn wer verunsichert ist, ist leichter zu lenken und zu steuern.

  • Gewollte Verunsicherung
  • Allerdings hat das Vermeiden klaren Feedbacks auch seinen Preis. Er besteht zunächst in einem Mangel an Orientierung, in der Folge aber auch in einem Mangel an Loyalität und Engagement. Denn so angenehm es anfänglich sein mag, niemals kritisiert zu werden, so sehr wirkt ein Mangel an Feedback auf die Dauer verunsichernd und löst das Gefühl aus, in der Luft zu hängen. So erzählte eine Marketing-Mitarbeitern, den Tränen nahe, dass sie in den zwei Jahren, in denen sie nun in ihrer Abteilung arbeitete, von ihrem Chef noch nie ein Feedback zu ihrer Arbeit erhalten hatte: "Ich habe keine Ahnung, ob einfach alles zu seiner vollsten Zufriedenheit ist oder ob er es ungelesen in den Papierkorb wirft!" Selbstverständlich kann und darf man die betreffende Mitarbeiterin in diesem Fall auch fragen, weshalb sie denn nicht nachgefragt hat, wenn ihr das Feedback so sehr fehlte – aber das ändert nichts an dem Punkt, wie verunsichernd und demotivierend ein Mangel an Feedback wirken kann.

  • Mangel an Orientierung
  • Kaum besser ist es, wenn das Feedback hauptsächlich aus Lob besteht, vor allem wenn es oberflächlich oder gar halbherzig und desinteressiert daherkommt ("Doch, war schon in Ordnung, kein Problem!"). In vielen Unternehmen besteht eine permanente Quelle von Unsicherheit, Demotivation und Ineffizienz darin, dass die Mitarbeiter und Führungskräfte schlicht nicht wissen, wo sie stehen. Die Verunsicherung, die aus dem Fehlen eines qualifizierten Feedbacks entsteht, hat ihre Ursache letztlich darin, dass der Mitarbeiter das dahinter stehende Desinteresse spürt und sich früher oder später fragt, was er zu bedeuten hat: Ist das insgesamt so ein gleichgültiger Laden hier oder hat das mit meiner Person zu tun? Ein ehrliches Feedback, so unangenehm es zuerst einmal sein mag, liefert Orientierung – und damit erhöhte Handlungssicherheit für die Zukunft. Zugleich vermittelt es das Gefühl, dass man den Vorgesetzten wichtig genug ist, um ihnen die Anstrengung einer differenzierten Rückmeldung wert zu sein.

  • Permanente Verunsicherung
  • Feedback ist eine Sache des Vertrauens

     

    Wer eine dauerhaft gute, produktive und erfolgreiche Zusammenarbeit mit anderen Menschen anstrebt, muss sowohl an der eigenen Realitätsdichte als auch an der seiner Mitstreiter brennend interessiert sein. Denn nur wenn die Selbst- und Fremdbilder der beteiligten Personen zusammenpassen, können sie reibungsarm zusammenarbeiten, und nur wenn ihre gemeinsame Sicht auf die Wirklichkeit "realitätsdicht" ist, werden die Entscheidungen, die sie treffen, den Härtetest der praktischen Bewährung überstehen. Das gilt für operative Abteilungen und Organisationseinheiten ebenso wie für Projektteams und Projektleiter, und erst recht gilt es für die obersten Führungsebenen, also für Geschäftsführungen und Vorstände.

  • Im Interesse erfolgreicher Zusammenarbeit
  • Die Bereitschaft jedoch, offen Feedback zu geben und zu empfangen und so zur wechselseitigen Realitätsdichte beizutragen, gedeiht am besten in einem wohlwollenden, akzeptierenden Klima. Der Grund dafür ist naheliegend: Kritische Hinweise anzunehmen, macht es erforderlich, sich zu öffnen – und das kann man gefahrlos nur, wenn man nicht befürchten muss, früher oder später einen Schlag in die Weichteile zu bekommen. Niemand möchte risikieren, verletzt zu werden. Deshalb ist es nur in einem Umfeld, in dem man sich gegenseitig vertrauen kann, eine kluge Entscheidung, sich zu öffnen und Feedback zuzulassen.

  • Wohlwollendes Klima
  • Vertrauen zu haben, bedeutet, sich sicher zu sein, dass es die anderen gut mit einem meinen und dass sie ihr Feedback in konstruktiver Absicht geben. Rupert Lay hat die zentrale Frage so formuliert: Dient, was da gesagt wird, dem Ziel, den Adressaten größer zu machen, oder dazu, ihn kleiner zu machen? Desgleichen ist auch das Geben von ehrlichem Feedback nur in einem wohlwollenden Umfeld vernünftig, denn auch Feedback-Geben bedeutet ja ebenfalls, sich zu öffnen und dem anderen Einblick in die eigene Wahrnehmung zu geben. So etwas wäre ein unnötiges Risiko in einem Umfeld, in dem das ungeschriebene Gesetz gilt: "Alles, was Sie hier sagen, kann gegen Sie verwendet werden!"

  • Beiderseitiges Vertrauen erforderlich
  • Besonders nachdrücklich stellt sich die Vertrauensfrage, wenn es darum geht, hierarchisch höhergestellten Personen Feedback zu geben. Gleich ob es sich dabei um direkte Vorgesetzte handelt oder um die Geschäftsführung, diese Personen haben erheblichen Einfluss auf den eigenen Werdegang, deshalb ist es ein Gebot der Vernunft, es sich mit ihnen nicht zu verderben. Ob daher ein ehrliches und nutzbringendes "Upward-Feedback" zustandekommt, hängt entscheidend davon ab, ob und inwieweit die Mitarbeiter der Erklärung Glauben schenken, dass der Vorgesetzte bzw. das Top-Management an ehrlicher Kritik und offenen Feedback interessiert seien. Ausschlaggebend ist dabei zum einen, welche Erfahrungen die Mitarbeiter damit in der Vergangenheit gemacht haben, zum anderen, welche Reaktionen sich die ersten Mitarbeiter einhandeln, die es wagen, ein offenes Feedback zu äußern. Und genau hier geht in der Praxis vieles schief, und zwar oft ohne wirkliches Verschulden der Beteiligten.

  • Feedback an Hierarchiehöhere

  • Sie denken gerade über die strategische Weiterentwicklung Ihrer Führungskultur in nach oder planen ein entsprechendes Projekt? Oder haben eine verwandte Fragestellung, zu der Sie fachkundige Unterstützung oder eine kompetente Hintergrund-Beratung suchen? Dann sprechen Sie uns gerne an!

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  • Unfallschwerpunkt Vorgesetzten-Feedback

     

    Aus zahlreichen Gründen ist das Feedback nach oben ein klassischer Unfallschwerpunkt, an dem es trotz guter Absichten auf beiden Seiten allzu häufig kracht. Das ist deshalb ein Problem, weil enige schlechte Erfahrungen genügen, um alle Beteiligten dazu veranlassen, diese gefährliche Kreuzung für alle Zeiten weiträumig zu umfahren. Man hat also nicht viele Versuche frei, wenn man die Kultur in dieser Richtung verändern möchte. Aber woran liegt es, dass "Upward Feedback" so häufig scheitert? Der erste wichtige Grund dafür ist, dass es Top-Managern oft schwer fällt, Feedback anzunehmen, ohne es sofort zu bewerten und dazu Stellung zu nehmen. Das Verhängnis beginnt oft mit einem gut gemeinten und (vermeintlich) positiven Kommentar wie: "Das ist ein sehr guter Hinweis!" Doch wer angefangen hat, auf diese Weise Noten für das empfangene Feedback zu vergeben, kommt aus der Notenvergabe kaum noch heraus.

  • Der fatale Hang zum Kommentieren
  • Er vergibt auch Noten, wenn er beim nächsten oder übernächsten Feedback sagt: "Naja, ich bin mir nicht so sicher, wie bedeutend dieser Punkt ist." Als Notenstufe ausgedrückt, heißt das bestenfalls 3 - 4; dieser Feedbackgeber sollte sich beim nächsten Mal also wirklich mehr Mühe geben. Spätestens damit ist klar, dass es aus Sicht des Empfängers "gute" und "schlechte" Feedbacks gibt. Von jetzt an kommen bei allen weiteren Feedbackgebern "gemischte Motive" ins Spiel: Da der Hierarchieunterschied ja weiter besteht und niemand bei seinen obersten Chefs einen schlechten Eindruck hinterlassen möchte, verliert das Feedback jetzt an Authentizität; es wird gefiltert nach dem Kriterium, was der Vorstand oder Geschäftsführer wohl als nützlichen Hinweis ansehen könnte und was nicht.

    In das, was die Leute wirklich sagen woll(t)en, mischt sich also das Bemühen, nichts "Falsches", "Dummes" oder "Unpassendes" zu sagen – was das Feedback natürlich verzerrt und seinen Informationswert mindert. Manche Mitarbeiter gehen noch einen Schritt weiter und sagen überhaupt nur noch das, wovon sie glauben, dass es gut ankommt, womit das "Feedback" endgültig zum Instrument des Marketings in eigener Sache verkommen ist. Der Rest ist Enttäuschung: "Von wegen offenes Feedback! Sie wollen ja doch nur hören, was sie hören wollen!"

  • Feedback, das gut ankommt
  • Ein zweiter Grund, der den Feedback-Prozess erschwert, ist, dass Top-Manager zumeist dominante Persönlichkeiten sind und in der Regel unterschätzen, mit welcher Wucht ihre spontanen Bemerkungen bei den Adressaten einschlagen (zumal sie auch darüber kein klares Feedback erhalten). Hierarchische Überordnung und höheres "Kampfgewicht" gehen da oft eine fatale Verbindung ein, auch wenn die Empfänger sich meist alle Mühe geben, sich von den erlittenen "Wirkungstreffern" nichts anmerken zu lassen. Trotzdem ziehen nach einer spontan-ruppigen Zurückweisung ihres Feedbacks viele Mitarbeiter den Schluss: "Beim nächsten Mal sage ich lieber gar nichts mehr, bevor ich mir noch einmal solch eine Ohrfeige einfange!" Das ist natürlich Wasser auf die Mühlen jener Hasenherzen, die noch nie etwas anderes getan haben als ihren Chefs nach dem Munde zu reden: Sie dürfen sich nun voll bestätigt fühlen, und haben auf diese Weise ein erstklassiges Alibi für ihr Duckmäusertum frei Haus geliefert bekommen.

  • Wuchtige Einschläge
  • Typisches Unfallmuster

     

    Zum dritten tendieren viele Mitarbeiter – auch und besonders Nachwuchs-Führungskräfte – dazu, das Top-Management maßlos zu überhöhen. Dabei übersehen sie oft, dass das auch "nur" Menschen sind, was unter anderem zur Folge hat, dass auch die Fähigkeit von Top-Managern, Kritik zu ertragen, ihre Grenzen hat. Nach manchen Untersuchungen (z.B. Maccoby 2000) scheinen Top-Manager im Durchschnitt sogar weniger bereit und in der Lage zu sein, kritisches Feedback anzunehmen und konstruktiv zu verarbeiten. Auch im Top-Management ist das Bedürfnis nach Bestätigung, Anerkennung und Gefolgschaft groß – allzu oft zu groß –, und die Bereitschaft eher gering, sich und das eigene Handeln grundlegend in Frage zu stellen oder gar in Frage stellen zu lassen. Doch diese begrenzte Kritikfähigkeit wird von den meisten Mitarbeitern nicht gesehen, ja, von vielen wird sie wohl nicht einmal für möglich gehalten.

  • Begrenzte Kritikfähigkeit
  • Infolgedessen ist das Unfallmuster immer wieder das gleiche: Wenn ein Top-Manager es einmal geschafft hat, eine Gruppe von Mitarbeitern zu einem ehrlichen Feedback zu ermutigen, und wenn die Mitarbeiter dann nach den ersten vorsichtigen Versuchen erleben, dass er darauf positiv reagiert, entsteht eine Art unkontrollierter Kettenreaktion: Plötzlich fühlen sich immer mehr Mitarbeiter dazu aufgerufen, die Gelegenheit zu nutzen, um immer weitere Kritikpunkte "draufzusatteln" – ohne jede Aufmerksamkeit dafür und ohne Rücksicht darauf, wann der Punkt erreicht ist, an dem es einfach reicht, weil die Aufnahmefähigkeit und -bereitschaft des betreffenden Managers zu Ende ist.

  • Unkontrollierte Kettenreaktion
  • Infolgedessen kippt die Situation dann plötzlich um: Dem Top-Manager wird es zu viel; möglicherweise steigt sogar eine gewisse Panik in ihm auf, die Situation aus der Kontrolle zu verlieren. Und schließlich bricht er das Feedback harsch und autoritär ab: "Es kann ja auch nicht alles mein Fehler sein; Sie müssen schon bereit sein, sich auch mal an die eigene Nase zu fassen!"

  • "Umkippen" der Situation
  • Anschließend sind beide Seiten zutiefst verprellt und verärgert: Der Top-Manager, weil er das Gefühl hat, dass seine Bereitschaft zu einem offenen Feedback für einen Exzess an negativen Aussagen missbraucht wurde; die Mitarbeiter, weil sie sich von dem plötzlichen und für sie völlig unverständlichen Umschwenken des Top-Managers vor den Kopf gestoßen fühlen und sich nun wütend beschweren: "Wenn der Herr keine Kritik hören möchte, dann soll er uns nicht dazu auffordern!" Beide haben aus ihrer Sicht Recht, aber dafür können sie sich nichts kaufen: Ihr Versuch, zu einem offeneren Austausch zu kommen, ist dennoch so nachhaltig gescheitert, dass die Situation hinterher schlechter ist als zuvor und weitere Versuche kaum noch stattfinden werden.

  • Beiderseitige Enttäuschung und Verärgerung
  • Feedback-Kultur: Nicht anonymisieren, sondern Kritik "üben"

     

    Kein Ausweg aus dieser Unfallgefahr ist es, Führungsfeedback anonymisiert durchzuführen. Zwar verringert das die unmittelbare Kollisionsgefahr, aber um den Preis negativer Nebeneffekte, die sich eigentlich niemand wünschen kann. Der wichtigste ist, dass die Anonymisierung die Feigheit institutionalisiert, statt eine konstruktive Auseinandersetzung über Hierarchiegrenzen hinweg zu trainieren. Letztlich entmutigt ein anonymes Vorgehen die Mitarbeiter mehr als es ihnen hilft, weil es ja signalisiert, dass auch die Personaler und der Betriebsrat der Meinung sind, ein offenes Feedback gegenüber Hierarchiehöheren sei mit unkalkulierbaren Risiken verbunden. Ein Unternehmen, das seine Lern- und Veränderungsfähigkeit fördern will, tut daher gut daran, die Bereitschaft und Fähigkeit zu einer offenen und konstruktiven Auseinandersetzung auch und gerade über heikle Themen zu kultivieren, statt den verdrucksten Notausgang einer anonymen Vorgesetztenbeurteilung zu eröffnen.

  • Institutionali-sierte Feigheit
  • Dazu kommt, dass ein anonymes Feedback in der Regel eine recht nutzlose Übung ist: Der Feedbackempfänger erfährt zwar, welche Punktewerte ihm die Mitarbeiter auf den verschiedenen abgefragten Skalen gegeben haben, aber nicht, was diese Punktewerte zu bedeuten haben: Welche Erfahrungen und Überlegungen stehen dahinter? Welche Ansatzpunkte für Verbesserungen gibt es? Und welche positiven Gewohnheiten sollte er beibehalten?

  • Dialog statt Punkteskalen!
  • Da das zentrale Problem im Alltag ja, wie wir festgestellt haben, nicht in einem Mangel an Feedback liegt, sondern in dessen mangelnder Klarheit und Eindeutigkeit, würde es das falsche Problem lösen, wenn man dem reichlich verfügbaren mehrdeutigen Feedback ein weiteres mehrdeutiges Feedback hinzufügte. Ein wirklicher Zugewinn an Klarheit ist nicht über Punkte auf einer Skala und auch nicht über Textfragmente zu erzielen, sondern nur über den Dialog. Das gilt erst recht für die Frage, welche Schlussfolgerungen aus dem Feedback abgeleitet werden können und sollten. Auch hierüber muss unbedingt gesprochen und verhandelt werden; einseitige Maßnahmen bringen hier längst nicht den gleichen Effekt.

  • Bitte nicht noch mehr mehrdeutiges Feedback!
  • Auch und gerade beim Feedback nach oben ist es daher der falsche Weg, auf eine "Schlaraffenlösung" zu hoffen, die den Beteiligten jeglichen Stress, jegliche Anstrengung und jegliches Risiko erspart. Wer als Manager ernsthaft der Meinung ist, dass eine offene "Feedback-Kultur" für ihn selbst und sein Unternehmen oder seinen Verantwortungsbereich wichtig ist, dem sei empfohlen, sich auf den mühseligen Weg dorthin zu machen. Dieses Ziel ist sehr wohl erreichbar, aber nicht in einem Anlauf. Alle Beteiligten müssen dabei im wahrsten Sinne des Wortes "Kritik üben", und zwar sowohl aktiv als auch passiv. Um diesen Lernprozess zu erleichtern und zu unterstützen, kann es vor allem in der Anfangsphase hilfreich sein, die Unterstützung eines sachkundigen und neutralen Moderators in Anspruch zu nehmen. Wichtig ist, dass der sich weder mit den Mitarbeitern solidarisiert noch mit dem Vorgesetzten, sondern beide Seiten dabei unterstützt, den Grad von Offenheit zu erreichen, der für den derzeitigen Stand ihres Vertrauensverhältnisses angemessen ist.

  • Der Weg zu einer "Feedbackkultur"
  • Grundlegende Feedback-Regeln

     

    Doch ob mit Moderation oder ohne: Ein solcher Lernprozess kann nur funktionieren, wenn er von den ranghöchsten Personen, die daran beteiligt sind, uneingeschränkt gewollt und aktiv getragen wird. Sie müssen bereit sein, sich auch solcher Kritik zu stellen, die sie für wenig sachgerecht, für nebensächlich oder sogar für völlig unangebracht halten – was keineswegs heißt, dass sie sich all dies zu eigen machen und sämtlichen Erwartungen entsprechen müssen, die da an sie herangetragen werden. Feedback dient dazu, Sichtweisen zu klären, nicht dazu, dem Empfänger Verpflichtungen zuzuschieben. Wenn im Rahmen des Feedbacks sichtbar wird, dass manche Mitarbeiter Erwartungen an Sie haben, die Sie nicht erfüllen können oder wollen, dann ist es allerdings wichtig, dies klar zu sagen, denn nur so bauen Sie möglichen Enttäuschungen vor.

  • Sich dem Feedback stellen
  • Doch die Stellungnahme ist erst der zweite Schritt: Der erste Schritt ist, das Feedback aufmerksam und ohne Kommentierung anzunehmen; sinnvoll kann allenfalls sein, Verständnisfragen zu stellen und das, was man verstanden hat, mit eigenen Worten möglichst treffend wiederzugeben ("Wenn ich Sie richtig verstehe, sagen Sie, dass ..."). Vor allem am Anfang und in angespannten Situationen ist es wichtig, dieses "Quittieren" des Feedbacks streng von der eigenen Stellungnahme zu trennen. Das Quittieren dient lediglich dazu, deutlich zu machen, dass das Feedback angekommen ist. Also nur: "Ich habe verstanden!", nicht: "Ich bin (nicht) einverstanden!"

    Oft entwertet es das Feedback, wenn der Empfänger darauf zu schnell reagiert, gleich ob so eine Antwort in einer Rechtfertigung besteht, in einer "Erklärung" oder irgendeiner Schlussfolgerung. Denn je schneller die Reaktion erfolgt, desto fraglicher wird für den Feedbackgeber, ob der Empfänger über sein Feedback überhaupt nachgedacht hat oder ob er es ohne wirkliche Prüfung zur Seite schiebt.

  • Feedback "quittieren"
  • Umgekehrt kann der Feedbackgeber dem Empfänger das Annehmen des Feedbacks erheblich erleichtern, indem er sich ebenfalls an einige Regeln hält. Die wichtigste ist nicht technischer Natur, sondern bezieht sich auf die Grundeinstellung, mit der das Feedback gegeben wird: Zwar kann man auch aus feindseligem, belehrenden oder moralisierenden Feedback etwas lernen, doch sehr viel annehmbarer ist Feedback, wenn es spürbar von einer wohlwollenden Grundhaltung getragen ist. Das ist dann der Fall, wenn der Feedbackgeber innerlich auf der Seite des Empfängers steht und ihm das Feedback gibt, um ihn zu unterstützen und zu ermutigen, nicht um zu kritisieren oder zu bestrafen. Die Gewissensfrage, die sich jedem Feedbackgeber stellt, ist die bereits zitierte Frage Rupert Lays: "Dient mein Feedback dazu, den anderen größer zu machen, oder dazu, ihn kleiner zu machen?"

  • Wohlwollende Grundhaltung
  • Wichtige "technische" Feedbackregeln sind: Erstens, sich zur Subjektivität der eigenen Aussagen zu bekennen und deshalb die Ich-Form zu wählen. Also nicht: "Sie sind ..." und auch nicht: "Wir alle finden ...", sondern: "Ich sehe Sie so ..." Zweitens, nicht zu verallgemeinern, sondern möglichst spezifisch zu sein. Also nicht: "Sie machen immer ...", sondern: "Mir ist in zwei Situationen aufgefallen, dass Sie ..." Drittens, beschreibend zu sein und nicht bewertend. Also nicht: "So etwas ist einfach daneben!", sondern: "Ihr Handeln löst bei mir Folgendes aus ..." Viertens, Vorschläge zu machen und nicht Vorschriften. Also nicht: "Sie sollten künftig ...", sondern: "Was mir helfen würde, wäre, wenn Sie ..."

    Wichtiger als all diese Regeln jedoch die Grundhaltung, mit dem wir dem anderen Menschen begegnen: Ist sie wohlwollend, sind handwerkliche Mängel im Feedback nicht so wichtig; ist sie offen oder versteckt entwertend, hilft auch die perfekteste Einhaltung der Feedbackregeln nicht.

  • Subjektiv, spezifisch, beschreibend
  • Literatur:

    Maccoby, Michael (2000): Narcissistic Leaders – The Incredible Pros, the Inevitable Cons; Harvard Business Review; Repr. 2004; 10 S. (92 – 101)

     


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