Die Umsetzungsberatung

Widerstände, Konflikte, Krisen






Winfried Berner, Regula Hagenhoff, Th. Vetter, M. Führing
"Ermutigende Führung"

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Culture Change

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"Bleiben oder Gehen"

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Konfliktscheu: Ursache vieler betrieblicher und zwischenmenschlicher Probleme

 

Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung

 

Die meisten Menschen zögern sehr lange, bis sie einen schwelenden Konflikt offen ansprechen. Lieber beißen sie die Zähne zusammen, ballen die Faust in der Tasche – und verhalten sich mit wachsender Verärgerung zunehmend unkooperativ: Sie bestrafen den Kontrahenten oder die ganze Gruppe, indem sie nicht mehr konstruktiv mitarbeiten, abschätzige Bemerkungen machen oder gezielt "das Haar in der Suppe suchen". Oder sie machen sich nach der Sitzung Luft, indem sie in Abwesenheit des Betreffenden über dessen "unmögliches Verhalten" herziehen. Zum offenen Konflikt kommt es meistens nur dann, wenn sich so viel Frustration angestaut hat, dass jemandem "der Kragen platzt". Dann aber entlädt sich die angestaute Wut mit einer Schärfe und Aggressivität, die fast zwangsläufig zu einer destruktiven und verletzenden Auseinandersetzung führt. Was wiederum die Angst vor Konflikten weiter verstärkt.

  • Vermeidung offener Konflikte
  • Das ist ein Teufelskreis: Ängstliche Konfliktvermeidung und heftige, entwertende und verletzende Auseinandersetzungen sind die beiden Seiten ein- und derselben Medaille. Je schlechter die Erfahrungen sind, die ein Mensch in seinem bisherigen Leben mit Konflikten gemacht hat, desto mehr ist er versucht, Konflikte zu vermeiden und einen Schaumteppich von Harmonie über all seine Beziehungen zu legen. Und desto ungeeigneter verhält er sich, wenn es trotz alledem zu einem Konflikt kommt – erstens weil er Angst vor einer weiteren negativen Erfahrung hat, zweitens weil er überhaupt erst dann "deutlich wird", wenn sich schon sehr viel Ärger und Wut angestaut hat.

  • Ein Teufelskreis
  • Konflikt-
    vermeidung
    und Eskalation
  • Wer jedoch voller Ärger und Wut ist, der ist in aller Regel weder bereit noch in der Lage zu einer konstruktiven Konfliktklärung. Sein primäres Ziel ist nicht, eine akzeptable Lösung zu finden, sondern seinem Ärger Luft zu machen, bevor er "platzt", und dem anderen "eine aufs Dach zu geben". Entsprechend scharf, aggressiv und verletzend geht er den anderen an, was dem beinahe nur die Wahl lässt, entweder erschrocken zurückzuweichen oder ebenso heftig dagegenzuhalten. Das Letztere mündet unmittelbar in eine rasche Eskalation, aber auch das Erstere hinterlässt offene Rechnungen, weil der Angegriffene sich vermutlich überrumpelt und unfair behandelt fühlt: "Warum geht mich der denn in dieser Weise an?!" Entsprechend negativ sind die Erfahrungen, die für alle Beteiligten aus dem weiteren Verlauf entstehen. Das führt zu einer negativen Lernspirale: Je mehr wir Konflikte zu vermeiden suchen, desto weniger sind wir dazu in der Lage, ihnen einen konstruktiven Verlauf zu geben und so ihr kreatives und innovatives Potenzial zu erschließen.

  • Ein Teufelskreis
  • Der Preis der Konfliktscheu

     

    Unter dem Teppich gehaltene Konflikte wären halb so schlimm, wenn sich die Beteiligten dazu entschließen würden, ihre Verstimmung herunterzuschlucken und weiterzuarbeiten, als ob es die Irritationen nicht gegeben hätte. Im Prinzip ist das sehr wohl möglich, und es führt auch nicht zu Magengeschwüren. Doch ab einem gewissen Grad von Verärgerung sind dazu die wenigsten Menschen bereit. Stattdessen geraten sie in einen fatalen Zwischenzustand: Einerseits haben sie nicht den Mut, den Konflikt offen auf den Tisch zu bringen, andererseits sind sie aber auch nicht bereit, ihre Verärgerung abzuhaken und die Sache auf sich beruhen zu lassen. Aus diesem Dilemma heraus greifen sie zu verdeckten Bestrafungen – zum Beispiel arbeiten sie in der Besprechung nicht mehr konstruktiv mit, sondern behindern deren Fortgang mit ätzender (!) Kritik, beißendem (!) Sarkasmus und destruktiver Nutzung ihrer Intelligenz.

  • Versteckte Bestrafungen
  • Es ist erstaunlich, welche Vielzahl versteckter Bestrafungen sich unsere Mitmenschen (und wir selber) einfallen lassen, um Unmut und Frustration abzureagieren, ohne offen Farbe bekennen zu müssen. Hier eine unvollständige Sammlung möglicher Symptome versteckter Konflikte:

  • Symptome versteckter Konflikte
  • "Vergessene" Rückrufe
    "Ja, aber"-Haltung
    "Missverständnisse"
    Nicht gehaltene Zusagen
    Erbsenzählerei
    "Oberflächlichkeit"
    Nicht zurückgegebene Unterlagen
    Krankheit
    Verzögerungen
    Verspätung
    Unverständlichkeit
    Patzige Reaktionen
    Entschuldigungen, Ausflüchte
    Abweisende Haltung
    Mangelnde Kooperation
    Verstecken hinter anderen
    Schuldgefühle vermitteln
    Ungeduld, Drängeln
    "Vergesslichkeit"
    Unfreundlichkeit
    Vorzeitiges Gehen
    Schweigen, Rückzug
    Kühle Sachlichkeit
    Passivität, mangelnde Initiative
    Gezieltes Suchen nach Problemen und Hindernissen
    Beleidigt-Sein
    Pseudo-Rationalität
    Vorwürfe
    Fehler machen
    Mangelndes Mitdenken
    Unvollständige Information
    Versagen, Scheitern, Misserfolg
    Unterwerfung, Sich-Klein-Machen

     

    Nach Durchsicht dieser Liste haben Sie möglicherweise den Eindruck, dass nur wenige dieser Verhaltensweisen eindeutig als Konfliktsymptome zu klassifizieren sind: Ein vergessener Rückruf, eine nicht erledigte Aufgabe oder eine spöttische Bemerkung können natürlich auch ganz andere Gründe haben oder "einfach so" passiert sein. Stimmt genau – und eben dies ist der "Trick" an diesen verdeckten Bestrafungen. Denn wenn sie eindeutig wären, dann müsste der Betreffende ja Farbe bekennen und den Konflikt auf den Tisch bringen. Mit verdeckten, jederzeit dementierbaren Bestrafungen hingegen hält er sich die kaum widerlegbare Rückzugsmöglichkeit offen, der vergessene Rückruf sei nur ein Versehen gewesen, seine Pingeligkeit "rein aus der Sache heraus" begründet und die nicht eingehaltene Zusage durch seine Überlastung verursacht. Genau wegen diesem wohlfeilen Rückzug in die Pose des Unschuldslamms lösen verdeckte Bestrafungen auch so heftige Emotionen aus: Frustration und Hilflosigkeit einerseits; Ärger und ohnmächtige Wut andererseits. Mit anderen Worten, die Bestrafung zeigt Wirkung!

  • Gewollte Mehrdeutigkeit
  • Deshalb bewirken solche Bestrafungen auch unweigerlich eine Verschlechterung des Klimas: Der Sitzungsleiter, dessen Besprechung auf diese Weise heruntergebremst wird, wird zunehmend ärgerlich, drängt umso mehr und spricht schließlich möglicherweise eine Verwarnung aus – und setzt sich durch deren Schärfe gegenüber dem "zutiefst missverstandenen Opfer" ins Unrecht. Der Kollege, der vergeblich auf eine versprochene Unterlage wartet, erhöht durch mehrfaches Nachfragen den Druck, reagiert zunehmend verärgert – und besorgt sich die Unterlage schließlich auf andere Weise oder findet einen Weg, wie er ohne sie auskommt. Zurück bleiben offene Rechnungen, je nach Verlauf oftmals auf beiden Seiten, und der Beginn einer negativen Imagebildung: Wer so etwas öfters tut, handelt sich allmählich den Ruf ein, ein Bremser, Erbsenzähler, eine Nervensäge oder einfach ein wenig brauchbarer Mitarbeiter zu sein.

  • Klimabelastung
  • Lästern und üble Nachrede: klassische Symptome von Konfliktscheu

     

    Wo Konflikte nicht offen auf den Tisch gebracht werden, machen sie sich auf andere Weise Luft. Ein klassisches Symptom von Konfliktscheu ist, dass die Betroffenen sehr häufig und ausführlich über das Problem reden – aber immer nur in Abwesenheit dessen, der es aus ihrer Sicht auslöst. Da sich das Problem dadurch natürlich nicht löst, beklagen sie sich immer wieder gegenüber Dritten, Vierten und Fünften, was für ein unmögliches und inakzeptables Verhalten ihr abwesender Widerpart doch an den Tag legt. Ein gern genutztes Überdruckventil sind jene Grüppchen, die oftmals nach Meetings und Besprechungen zusammenstehen und in denen sich die Beteiligten über einen abwesenden Dritten – den Chef, einen Kollegen, einen Berater – herziehen. Diese "Clubs der moralisch Überlegenen" sind sich schnell darüber einig, was für ein unerträglicher – bitte ankreuzen – Diktator / Feigling / Schwachkopf / Speichellecker / Versager / Widerling der Abwesende ist. Wobei es nicht ungewöhnlich ist, dass, sobald einer aus dem Grüppchen weggegangen ist, die Übrigen auch über ihn herziehen.

  • Lästern und die "Clubs der moralisch Überlegenen"
  • Nun gut, könnte man sagen, das ist sicherlich nicht ganz die feine englische Art, aber der aufgestaute Überdruck muss halt irgendwo heraus. Am Ende dienten diese Flur- und Kantinengespräche doch der emotionalen Entlastung und seien insofern sogar nützlich, als sie Spannungen abbauten und das seelische Gleichgewicht der frustrierten Sitzungsteilnehmer wieder herstellten. Aber das hieße, die Risiken und Nebenwirkungen solcher Lästereien zu unterschätzen. In Wirklichkeit ist das ein ziemlich schmaler Grat: So lange die Beteiligten tatsächlich nur ihrem momentanen Unmut Luft machen und die Sache dann auf sich beruhen lassen, mag die "kathartische Wirkung" überwiegen. Doch in den meisten Fällen überwiegen die langfristigen negativen Auswirkungen deutlich die kurzfristige Spannungsabfuhr.

  • Überdruckventil oder ...
  • Denn solche wechselseitigen Entwertungen werden rasch zur Gewohnheit. Sie beschädigen nicht nur den Ruf der Personen, über die da hergezogen wird (und da dies früher oder später jeden trifft, letztlich den Ruf aller). Vielmehr verfestigen sie sich zu einer Unternehmenskultur, in der offizielles Sich-nicht-weh-Tun eine unheilvolle Mischung eingeht mit wechselseitigen Entwertungen hinter vorgehaltener Hand, während die eigentlichen Konflikte ungelöst bleiben. Es entsteht eine negative Grundstimmung, die sich zum einen aus einem wachsenden Rückstau ungelöster Probleme speist, zum anderen daraus, dass sich die Beteiligten durch diese Entwertungsketten gegenseitig herunterziehen. Denn natürlich bleibt immer etwas hängen; infolge der allgegenwärtigen Entwertungen gewöhnt man sich daran, schlecht voneinander zu denken und sich gegenseitig als fachlich wie menschlich minderwertig anzusehen: "Kein Wunder, dass in diesem Unternehmen nichts vorangeht, bei all den Pfeifen hier!"

  • Kultur der wechselseitigen Entwertung
  • So wird die gewohnheitsmäßige üble Nachrede letztlich zu einem Entmutigungsprogramm für das Unternehmen. Und letztlich auch für sich selbst, denn früher oder später stellt sich natürlich auch die Frage: "Warum bleibe ich eigentlich in einem solchen Umfeld? Passe ich möglicherweise besser zu denen als mir bewusst ist?"

  • Wechselseitige Entmutigung

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  • Der Tendenz zum Lästern und zu übler Nachrede entgegenwirken

     

    Schon rein betriebswirtschaftlich sind solche destruktiven Spielchen eine Belastung, die sich auf die Dauer allenfalls Behörden und Monopolunternehmen leisten können – von den emotionalen Kosten ganz zu schweigen. Denn im Resultat bewirken sie, dass Konflikte verschleppt werden, deren Klärung für das Unternehmen wichtig wäre – gleich ob es sich um ungeeignetes Verhalten einzelner Personen handelt, um Kosten- oder Qualitätsprobleme oder darum, dass eingeschlagenen Strategie nicht greift. In jedem sozialen System sind bestehende Sachprobleme ja mit Namen verbunden; ihr Aufgreifen erfordert daher immer auch eine Auseinandersetzung mit den betreffenden Personen. Je länger sie vermieden wird, weil man immer nur mit Dritten redet statt mit den Betreffenden selbst, desto mehr erhöht sich nicht nur der Konfliktdruck, sondern auch das geschäftliche Risiko, im Wettbewerb zurückzufallen.

  • Verschleppte Konflikte, ungelöste Sachprobleme
  • Aber was kann man gegen üble Nachrede tun? Erste Sofortmaßnahme: Sich nicht beteiligen, auch wenn einem eine noch so spitze Bemerkung auf der Zunge liegt. Am besten weggehen, zumindest aber kein zusätzliches Öl ins Feuer gießen. Vielleicht auch mal die Frage in den Raum stellen, ob es nicht möglicherweise gute Gründe gibt, weshalb der in Abwesenheit Verurteilten so gehandelt hat. Zweite Sofortmaßnahme: Bei geeigneter Gelegenheit einmal über das Thema üble Nachrede und ihre schädlichen Auswirkungen auf alle Beteiligten reden. Ohne Vorwurf, denn die meisten Menschen machen das ja nicht aus Böswilligkeit, so aus einer Mischung von emotionalem Überdruck, Gedankenlosigkeit und Konfliktscheu. Gerade deshalb ist es nützlich, wenn sie erkennen, dass dies zwar vielleicht verständlich, aber trotzdem nicht gut ist.

  • Gegen üble Nachrede angehen
  • Drittens, aber das ist keine Sofortmaßnahme mehr, darauf hinwirken, dass bei Konflikten grundsätzlich der direkte Weg gewählt wird, weil nur so eine Klärung erreicht werden kann. Das ist insbesondere eine Führungsaufgabe, aber keineswegs alleine Aufgabe der Vorgesetzten. Generell sollte die Standardfrage sein, wenn sich jemand über einen abwesenden Dritten beklagt: "Haben Sie schon mit dem Betreffenden direkt darüber gesprochen?" Und falls nicht: "Wollen Sie es alleine tun oder soll ich ihn anrufen, damit wir die Sache möglichst jetzt gleich klären, bevor sie noch weiteres Unheil anrichtet?"

  • Für direkte Klärung sorgen
  • Von Konfliktscheu zur verletzenden Auseinandersetzung

     

    Wenn der Problem- und Konfliktdruck stark anwächst, kippt die Konfliktscheu nicht selten in ihr scheinbares Gegenteil um. Auch bei überaus höflichen, vorsichtigen, geradezu harmoniesüchtigen Menschen kann das schneller geschehen als erwartet, wenn ihnen angesichts wiederkehrender Frustrationen schließlich "der Kragen platzt" oder sie sich nicht mehr anders zu helfen wissen, um ihre Interessen zu verteidigen. Oder wenn ein hochrangiger Manager die Geduld verliert und befindet, dass nun "Schluss mit lustig" sei (obwohl es auch davor niemand wirklich lustig gefunden hat) und dass nun "andere Saiten aufgezogen werden". Damit kann die Konfliktscheu blitzschnell in brachiale und verletzende Durchsetzung umschlagen.

  • Die andere Seite der Konfliktscheu
  •  

    Das Kernproblem ist dabei der oben beschriebene Teufelskreis: Wenn konfliktscheue, "nette" Menschen sich zum Konflikt gezwungen sehen, weil sie bestimmte Dinge gegen Widerstand durchsetzen müssen, neigen sie aus Angst vor einer Niederlage dazu, viel zu rabiat an die Sache heranzugehen. Statt mit Festigkeit und Entschiedenheit treten sie dann autoritär und entwertend auf: aus Deutlichkeit wird Schärfe, persönliche Akzeptanz wird verdrängt durch Schroffheit und Brüskierung, und Empathie verwandelt sich in rücksichtslose Härte, unter der die blanke Angst durchschimmert, dass die eigenen Interessen unter die Räder kommen. Zwar gelingt auf diese Weise vielleicht die Durchsetzung, aber um einen hohen Preis, nämlich den Verlust der gegenseitigen Wertschätzung. Stattdessen entstehen Feindbilder, offene Rechnungen und verdeckte Widerstände: Man gehorcht, wo man nicht anders kann, und rächt sich durch die Art der Ausführung: "Ich habe es genau so gemacht, wie Sie es angewiesen haben, aber es hat nicht funktioniert!"

  • Brachiale Durchsetzung
  • So wie in einem Uni-Klinikum, wo das Pflegepersonal eine Reihe zusätzlicher Auswertungen, die ihm der Chefarzt brachial aufgezwungenen hatte, so exakt nach Anweisung ausführte, dass die Ergebnisse absolut unbrauchbar waren. Der Chefarzt schäumte daraufhin über die "Dummheit" und das "mangelnde Mitdenken" des Pflegepersonals – aber da irrte er gewaltig: Für diese subtil-destruktive Ausführung war sehr viel mehr Intelligenz erforderlich als es für "brave" Umsetzung der Anweisungen nötig gewesen wäre. Nur dass er das "Mit-Denken" des Pflegepersonals durch seine Ruppigkeit in ein "Gegen-Denken" verwandelt hatte: Mit seinem brachialen Durchdrücken der Anweisung hatte er so viel Wut ausgelöst, dass die Mitarbeiter ihre Intelligenz nicht auf eine sinnvolle Durchführung der Auswertungen richteten, sondern auf eine möglichst unbrauchbare, um sich damit an ihm, ihrem "Peiniger" zu rächen. Die Mitarbeiter waren also in einen verdeckten Machtkampf mit ihrem Chef gegangen: Sie ließen ihn nach allen Regeln der Kunst auflaufen und bestraften ihn so für die erlittene Kränkung. Sein Wutausbruch war ihnen die größte denkbare Genugtuung.

  • Verdeckter Machtkampf
  • "Nette", "hilfsbereite", "kollegiale" Chefs – und andere Warnsignale

     

    Konfliktscheue Menschen werden im Alltag mit charakteristischen Eigenschaften beschrieben, von denen viele auf den ersten Blick sehr positiv klingen. So ist zuweilen davon die Rede, dass ein(e) bestimmte(r) Vorgesetzte(r) ein "ausgesprochen netter Mensch" sei. Das hört sich sehr erfreulich und unverdächtig an – und lässt dennoch vermuten, dass der oder die Betreffende sich viel gefallen lässt, schlechtes Benehmen und unbefriedigende Leistungen tolieriert und öfter als für ihn oder sie und das Unternehmen gut ist, gute Miene zum bösen Spiel macht. "Ich habe ihn noch nie wütend gesehen" oder "... noch nie ein böses Wort von ihr gehört", das lässt in der Tat auf einen äußerst friedfertigen, toleranten und geduldigen Menschen schließen, aber auch auf einen, der seine eigenen Bedürfnisse und Interessen allzu oft verleugnet, um die zwischenmenschliche Harmonie nicht zu trüben.

  • Nette Menschen
  • Was schon beim Individuum problematischer ist als auf den ersten Blick scheint, wird endgültig zum Alarmsignal, wenn sich der "Vorwurf der Nettigkeit" auf Führungskräfte oder gar auf Top-Manager bezieht. Wer mich und meine Kollegen kennt, weiß, dass wir geradezu zusammenzucken, wenn uns in Bezug auf einen Geschäftsführer oder Vorstand gesagt wird, er sei "wirklich sehr nett". Fast immer erweist sich im weiteren Gespräch, dass der Betreffende eine Schleppe an ungelösten Konflikten hinter sich herzieht. Und meistens ist diese Konfliktschleppe deutlich länger geworden, seit es um Veränderungen und die damit unvermeidlich verbundenen Konflikte geht. Aber auch verschleppte Personalprobleme gehören zum charakteristischen Symptombild "netter" Top-Manager. Hier wird der Preis der Nettigkeit sichtbar, nämlich das Vermeiden, Verschieben unangenehmer Entscheidungen aus dem vergeblichen Bemühen, es allen recht zu machen. Nein, so schwer es auch fallen mag, erfolgreiche Führung erfordert das Klären, Durchstehen und Ausräumen von Konflikten und nicht deren kunstvolles Umschiffen. Wer dazu als Manager nicht bereit und in der Lage ist, hat, so hart es klingen mag, seinen Beruf verfehlt.

  • Warnsignal Nettigkeit
  • Ähnliches gilt für andere verräterische Attribute wie "hilfsbereit", "kollegial" oder "guter Kumpel". Nichts gegen echte Hilfsbereitschaft, die sich auf die selbstlose Unterstützung in Notsituationen oder den freiwilligen Ausgleich von Belastungen bezieht. Doch was im täglichen Leben als Hilfsbereitschaft bezeichnet wird, ist oftmals nur eine Mischung aus Verwöhnung und Konfliktscheu: Hinter der vorgeblichen Hilfsbereitschaft verbirgt sich nicht selten die Tendenz von Vorgesetzten, unbeliebte Arbeiten lieber selbst zu erledigen, statt sie den dafür zuständigen Mitarbeitern oder Kollegen abzuverlangen – und damit einen Konflikt zu riskieren. Auf diese Weise kommt man möglicherweise zu einer eindrucksvollen Grabinschrift, wenn man schließlich aus Überlastung zusammengebrochen ist, aber mir professioneller Führung hat es nicht das Geringste zu tun. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob der Vorgesetzte, wenn es eng wird, die Nachtschicht vor einem wichtigen Termin mitfährt und sich dabei auch für "unstandesgemäße" Arbeiten nicht zu schade ist, oder ob der Chef bis tief in die Nacht im Büro sitzt, weil er die unangenehmen Arbeiten erledigt, die seine Mitarbeiter an ihn zurückdelegiert haben. Der erste erwirbt sich mit seiner Hilfsbereitschaft Hochachtung, der zweite wird benutzt – und belächelt.

  • Hilfsbereitschaft und Konflikt-
    vermeidung
  • Auch "kollegiale" und "kumpelhafte" Chefs – die Begriffe sind mit Ausnahme ihres schichtspezifischen Bedeutungshofs bedeutungsverwandt – drücken sich mit ihrem geselligen Auftreten vor einem notwendigen Konflikt, nämlich dem, dass sie als Vorgesetzte eben nicht mehr Teil der Gruppe sind, sondern Forderungen an ihre Mitarbeiter stellen und sich mit deren Leistungen auseinandersetzen müssen, bis hin zum Ziehen von Konsequenzen. Wer diese Sonderrolle entweder nicht annehmen oder nicht transparent werden lassen will, eiert zwangsläufig ganz furchtbar herum, wenn es strittige oder unpopuläre Entscheidungen zu treffen gälte, und bewegt sich ständig am Rande der Anbiederung: "Ich habe es doch so gemacht, wie ihr haben wollt, oder?!" Das jedoch führt nicht zu Akzeptanz, sondern im Gegenteil zum sicheren Akzeptanzverlust. Es hilft alles nichts: Wer führen will, muss akzeptieren, dass diese Rolle auch mit der Bewältigung von Konflikten zu tun hat. Wer dies nicht will, sollte es besser ganz lassen und sich einen Job suchen, bei dem Konfliktbereitschaft und Konfliktfähigkeit nicht Kern des Anforderungsprofils ist.

  • Kollegiale Chefs
  • Alternative zur Konfliktscheu: eine konstruktive Streitkultur

     

    Obwohl viele Menschen, darunter auch Führungskräfte, offen bekennen, dass sie Konflikte hassen, kommt man beim Führen von Veränderungsprozessen noch weniger als sonst daran vorbei, sich Konflikten zu stellen. Denn Veränderungsforderungen lösen unvermeidlich Widerstände aus, und ohne eine klärende Auseinandersetzung mit diesen Widerständen lässt sich keine dauerhafte Veränderung bewirken. Die schlechte Nachricht für konfliktscheue Zeitgenossen ist, dass an diesen Konflikten kein Weg vorbei führt und dass sie durch Verschleppung nicht kleiner, sondern größer werden. Die gute Nachricht ist indes, dass dies durchaus nicht gleichbedeutend mit hässlichen Auseinandersetzungen sein muss. Denn Entwertungen, Feindseligkeit und Verletzungen sind keine zwangsläufigen Begleiterscheinungen von Konflikten, sondern nur eine Folge davon, wie häufig mit ihnen umgegangen wird.

  • Veränderung impliziert Konflikte
  • Der Schlüssel zu einem konstruktiven Konfliktmanagement ist, bei Konflikten nicht die andere Person als das Problem zu betrachten, sondern ihr Handeln bzw. die unterschiedlichen Auffassungen. Das klingt nach einer Spitzfindigkeit, ist aber in Wirklichkeit ein fundamentaler Unterschied. Denn wenn die Sache das Problem ist und nicht die Person, dann macht es überhaupt keinen Sinn, gegen die Person zu kämpfen – dann riskiert man damit nur eine unnötige und kontraproduktive Personalisierung des Konflikts. Zwar ist es natürlich in der Realität immer so, dass Menschen und ihre Einstellungen und Verhaltensweisen eng verbunden sind – trotzdem ist es für einen konstruktiven Umgang mit Konflikten unabdingbar, "zwischen Tat und Täter zu trennen", wie mein Kollege Hermann Bayer es nennt. Das soll heißen, es ist möglich, das Handeln oder die Auffassungen eines Menschen völlig inakzeptabel zu finden und ihn dennoch als Person zu akzeptieren.

  • Zwischen "Tat" und "Täter" trennen
  • Diese "unerschütterliche persönliche Akzeptanz" der Konfliktgegner ist die Basis für eine konstruktive Streitkultur und für erfolgreiches Konfliktmanagement überhaupt. Wenn diese Basis da ist, kann man sehr kontrovers – und durchaus auch emotional – diskutieren, ohne sich aber gegenseitig zu entwerten oder zu verletzen. Verletzungen entstehen erst, wenn die Akzeptanz – und sei es nur zeitweilig – schwindet und die Kontrahenten beginnen, sich gegenseitig zu entwerten und persönlich zu bekämpfen. Solange die Akzeptanz hingegen erkennbar vorhanden ist, werden Konflikte bei aller Vehemenz weniger bedrohlich, weil keiner der Beteiligten mehr in seinem Selbstwertgefühl und seiner menschlichen Gleichwertigkeit bedroht ist. Wie das geht und was das konkret bedeutet, lesen Sie in den Artikeln Konflikte und Konfliktfähigkeit.

  • Basis persönliche Akzeptanz

  • Sie stehen vor der Frage, wie Sie in Ihrem Unternehmen Konfliktscheu und Harmoniesucht überwinden und sie durch eine konstruktive Streitkultur ersetzen können? Dann empfehlen wir Ihnen zum Einstieg einen Workshop "Aufbau einer konstruktiven Streitkultur" im engsten Kreise Ihres Top-Managements.

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