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Interne Politik: Weshalb "Machtpolitik" integraler Bestandteil des Change Managements ist

 

Winfried Berner, Die Umsetzungsberatung

Je größer und komplexer Organisationen sind, desto höher ist meist auch der Einfluss der internen Politik auf anstehende Entscheidungen. Für Projektteams und ihre Leiter wie auch für die nachgeordneten Führungsebenen ist das oftmals frustrierend, weil sie immer wieder erleben müssen, dass ihre sorgfältig ausgearbeiteten Vorschläge und Konzepte verworfen oder verwässert werden, ohne dass sie eine Begründung dafür erfahren, außer der vagen Andeutung, dass dies "aus politischen Gründen" so nicht machbar wäre. Das ist ärgerlich und kann leicht ein Gefühl von Ohnmacht auslösen, weil auch die sorgsamste Ausarbeitung und Begründung keinen Schutz davor bietet, dass Vorschläge, Ideen und Konzepte aus politischen Gründen verworfen oder bis zur Unkenntlichkeit verbogen werden. Umso dringender stellt sich die Frage, was das eigentlich für eine "Politik" ist, die zu solchen Folgen führt.

  • "Das geht aus politischen Gründen nicht!"
  • Unter der rätselhaften Bezeichnung "Politik" oder "politische Gründe" können sich, ohne dass dies den Akteuren voll bewusst sein muss, recht unterschiedliche Dinge verbergen. So kann hinter einer "politischen Entscheidung" zum Beispiel stehen

    • die Rücksichtnahme auf einflussreiche Personen oder Gruppierungen im Unternehmen, die der Entscheider nicht brüskieren oder mit denen er es sich nicht verderben will;
    • das Wissen oder die Ahnung, dass die vorgeschlagene Entscheidung die reale Macht des Entscheidenden übersteigt, sodass der im Bewusstsein, sie vermutlich nicht durchsetzen zu können, zögert, diesen Weg einzuschlagen;
    • die Befürchtung des Entscheiders, durch das Einschlagen eines zu radikalen Wegs seinem Ansehen und/oder seiner Beliebtheit zu schaden;
    • mangelnder Mut und das Zurückschrecken vor möglichen Risiken, die unter Umständen dazu führen, dass dem tapferen Entscheiderlein angesichts der Dimension des Vorschlags oder beim Gedanken an mögliche Widerstände und Gegenreaktionen das Herz in die Hosentasche rutscht.

    Offenbar können also sowohl sachbezogene als auch selbstbezogene ("ichhafte") Motive hinter so genannten politischen Entscheidungen stehen. Und selbst für die handelnden Personen und ihr unmittelbares Umfeld ist nicht immer leicht, das auseinanderzuhalten, zumal sich beide Elemente auch mischen können. Wichtig ist aber zu sehen, dass es auch jenseits von persönlicher Zögerlichkeit, Kleinmut und Übervorsicht gute Gründe gibt, bei Entscheidungen nicht nur die sachlich-fachliche Seite zu beachten, sondern auch ihre "politische Dimension".

  • Was "Politik" bedeuten kann
  • Auch "Mächtige" sind auf Kooperation angewiesen

     

    Die Beachtung der "politischen Dimension" geplanter Veränderungen ist deshalb notwendig, weil auch Vorstände, Geschäftsführer und andere Top-Manager keineswegs so unumschränkte Macht besitzen wie ihre Mitarbeiter und Berater oft glauben. Ihre Macht stößt nicht nur an sachliche Grenzen wie etwa die, dass sie Projektlaufzeiten ebenso wenig durch bloßen Beschluss vorgeben können wie etwa das Wetter beim Betriebsfest; sie trifft immer wieder auch an soziale Grenzen. Denn ein Unternehmen lässt sich auf die Dauer nicht bloß mit Weisungen und Befehlen führen.

    Um mit ihren Vorhaben erfolgreich zu sein, sind auch und gerade Top-Manager erstens darauf angewiesen, dass die Geführten ihnen folgen, und zweitens darauf, dass zahlreiche Personen, gegenüber denen sie keine direkte Weisungsbefugnis haben – wie beispielsweise Kollegen, Nachbarbereiche und Zentralabteilungen – sich kooperativ verhalten. Und das werden sie auf die Dauer nur dann tun, wenn sie mit dem eingeschlagenen Weg, wie es so oft heißt, "leben können". Das erfordert nicht unbedingt, dass sie darüber begeistert sind – "damit leben können" lässt sich eher negativ definieren: Der eingeschlagene Weg darf weder von der Sache her fragwürdig sein, noch darf er allzu stark gegen die persönlichen Interessen und Belange der Beteiligten verstoßen.

  • Keine unumschränkte Macht
  • Auch wenn es auf sein Umfeld kleinmütig wirken mag, ist jeder Manager gut beraten, bei seinen Entscheidungen die Grenzen der eigenen Macht nicht zu überschreiten. Denn wenn er mit einer Entscheidung "auf den Bauch fällt", weil er faktisch nicht dazu in der Lage ist, ihre Realisierung durchzusetzen, ist nicht nur für die Sache wenig gewonnen, sondern er verliert auch an Gesicht, sprich an Ansehen und Macht. Schon aus rein machtpolitischen Gründen – und damit im eigenen langfristigen Interesse – sollte jeder kluge Manager daher nur Entscheidungen treffen, deren Umsetzung er auch durchsetzen kann.

    Was im Umkehrschluss heißt, dass er sich vor Entscheidungen hüten muss, die seine reale Macht übersteigen. Selbst wenn seine Umgebung dann möglicherweise über seine Zögerlichkeit und seinen mangelnden Mut enttäuscht ist, ist das im Zweifelsfall das kleinere Übel (und die kleinere Enttäuschung) als, erst eine heroische Entscheidung zu treffen und dann bei der Umsetzung in die Knie zu gehen.

  • Die Grenzen der eigenen Macht
  • Das heißt keineswegs, dass es nicht möglich wäre, Veränderungen auch einmal gegen breite und hartnäckige Widerstände durchzusetzen. Doch die Entscheidung dazu muss wohlüberlegt sein, weil ein solcher Weg einen erheblich höheren Einsatz von Zeit, Kraft und Nerven erfordert. Wenn es nicht mit einer Bruchlandung enden soll, bedarf solch ein Vorgehen einer besonders sorgfältigen machtpolitischen Vorbereitung. Und es muss sich auf besondere Fälle beschränken: Solch einen Konfrontationskurs kann man nicht andauernd fahren, wenn man seine Mitarbeiter und Führungskräfte nicht verlieren möchte. Sonst setzt man sich schnell dem Verdacht der Willkür und des Machtmissbrauchs aus, mit der Folge, dass man die moralische Legitimation zur Führung verliert – und mit ihr die Loyalität vieler Mitarbeiter.

  • Durchsetzung gegen massive Widerstände
  • Wichtig ist zu sehen, dass die entschlossene Durchsetzung von Veränderungen gegen Widerstände keinen Gegenpol zu "politischen" Entscheidungen darstellt, sondern im Gegenteil noch höhere Anforderungen an ihre politische Vorbereitung stellt. Gerade weil man in solchen Fällen nicht erwarten kann, dass die Mitarbeiter und Führungskräfte sich freiwillig auf die Veränderung einlassen, sondern darauf gefasst sein muss, dass sie sich ihr nach Möglichkeit zu entziehen versuchen, steht man in solchen Fällen, wenn man nicht einen ziemlich aussichtslosen Kampf "alleine gegen alle" kämpfen (und verlieren) will, umso mehr vor der Notwendigkeit, sich ausreichende Unterstützung bei jenen Akteuren zu sichern, die einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg des Vorhabens leisten können. Oft ist es die zweite Führungsebene, die in solchen Fällen besonders auf ein gemeinsames Vorgehen eingeschworen werden muss; manchmal sind es auch andere Funktionen wie der Personalbereich oder der Betriebsrat, die als Verbündete für solche kritischen Veränderungen gewonnen werden müssen.

  • … macht Politik umso wichtiger
  • Langfristig auf gute Beziehungen angewiesen

     

    Mit der Hierarchieposition steigt zwar die Macht, aber zugleich steigen auch die Abhängigkeiten – nicht nur nach oben, sondern vor allem nach unten und "zur Seite": Ein Gruppenleiter kann seine Mitarbeiter notfalls noch direkt kontrollieren, um sicherzustellen, dass sie tun, was er von ihnen möchte. Nicht, dass das sonderlich gute Führung wäre, aber es wäre ihm zumindest möglich. Ein Geschäftsführer oder Vorstand hat diese Möglichkeit nicht mehr. Er kann allenfalls noch punktuell intervenieren, um die Ernsthaftigkeit seiner Forderungen zu unterstreichen, doch im Wesentlichen ist er darauf angewiesen, dass seine Führungskräfte und Mitarbeiter die getroffenen Entscheidungen in seinem Sinne umsetzen.

    Natürlich kann, wird und muss er seine nachgeordneten Führungskräfte dafür in die Pflicht nehmen, dass sie seine Vorgaben umsetzen, und er kann und muss sie daran messen. Doch mit der Zahl der Ebenen steigen die Grauzonen und Auslegungsspielräume ebenso wie die Zahl der möglichen Ausreden und "Missverständnisse". Es macht daher einen himmelweiten Unterschied, ob eine große Organisation engagiert und mit voller Überzeugung die Entscheidungen ihres Chefs umsetzt oder ob sie nur widerwillig und halbherzig gerade so viel tut, wie nötig ist, um keinen Ärger zu bekommen.

  • Wachsende Abhängigkeiten
  • Noch schwieriger ist die Durchsetzung der eigenen Vorstellungen gegenüber Organisationseinheiten, die nicht der eigenen "Befehlsgewalt" unterstehen: Ihre konstruktive Mitwirkung kann man nicht anweisen, sondern nur gewinnen. Denn diese Bereiche müssen eigentlich gar nichts tun, wenn sie nicht wollen, oder allenfalls das Nötigste, um sich nicht dem Vorwurf einer Blockadehaltung auszusetzen. Gleich ob Sachbearbeiter oder Vorstandskollege, ihr – zuweilen zwingend erforderlicher – Beitrag zum Erfolg von Veränderungsvorhaben ist nicht oder nur unter größten Schwierigkeiten erzwingbar; ihre wohlwollende Unterstützung schon gar nicht.

  • Gewinnen statt zwingen
  • Da aber in einem Unternehmen letztlich jeder Manager früher oder später auf die Unterstützung von fast jedem anderen angewiesen ist, ist auch jeder gut beraten, es sich mit seinen Kollegen nicht zu verderben – und am allerwenigsten mit jenen, die besonders einflussreich sind und/oder auf deren Unterstützung er in absehbarer Zeit selbst angewiesen sein wird. Die daraus entstehenden Rücksichtnahmen sind Teil dessen, was man gemeinhin als "politisches Verhalten" bezeichnet. Das ist also keineswegs ein Handeln, dessen Motive zweifelhaft oder gar anrüchig wären, sondern ein ausgesprochen vernünftiges Vprgehen: Wer als Manager über den Tag hinaus denkt, muss die Auswirkungen seines Handelns auf die Kollegen – und insbesondere die auf "wichtige" Kollegen – mit bedenken; es wäre extrem kurzsichtig, Veränderungen "ohne Rücksicht auf Verluste" durchzudrücken, damit einflussreiche Personen zu verärgern und sich bei künftigen Vorhaben mit entsprechend mehr Gegnern und Widerständen konfrontiert zu sehen.

  • Wechselseitige Rücksichtnahme
  • Doch interne Politik ist weit mehr als die Kunst, niemanden auf die Füße zu treten. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind Netzwerke oder, unfreundlicher gesprochen, Seilschaften. Das sind teils lose, teils feste Gruppen von Führungskräften, die sich – aus welchen Gründen auch immer – miteinander verbunden fühlen und sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Bälle zuspielen. In solchen Netzwerken gilt erst recht die Regel, sich gegenseitig nicht weh zu tun, sondern sich im Gegenteil wechselseitig zu unterstützen. Um ihr Netzwerk nicht zu beschädigen, werden es sich die meisten Manager also (vernünftigerweise!) dreimal überlegen, ob sie einen Weg einschlagen, die negative Auswirkungen auf ihre Netzwerkpartner hat. In jedem Fall werden sie solche Schritte nicht tun, ohne sich vorher mit ihrem Netzwerk abzustimmen, um eine für alle Beteiligten annehmbare Lösung zu finden. Das kann man, wenn man möchte, als "Mauschelei" kritisieren – doch das ändert letztlich wenig daran, dass es für alle Beteiligten ein ausgesprochen sinnvolles Vorgehen ist.

  • Pflege von Netzwerken
  • Von der Rücksichtnahme zur aktiven Machtpolitik

     

    Damit haben wir drei "politische Überlegungen" kennengelernt, welche die Entscheidungen von Top-Managern beeinflussen können und im Grunde beeinflussen müssen: Erstens die Grenzen ihrer eigenen Macht, zweitens das Vermeiden des Verärgerns von Kollegen (und insbesondere von wichtigen Kollegen), drittens der pflegliche Umgang mit den Partnern in den eigenen Netzwerken. Danach könnte man meinen, dass sich aus politischen Überlegungen vor allem Restriktionen für Veränderungsprozesse ergäben. Doch "Politik" kann auch dazu genutzt werden, Veränderungsvorhaben voranzubringen und die erforderliche Unterstützung für sie aufzubauen – wie auch dazu, drohende oder mögliche Widerstände von vornherein auszuschalten oder zu reduzieren.

  • Restriktionen und Chancen
  • Um das zu erreichen, ist aktive Machtpolitik erforderlich. Wer diese Wortwahl zu aggressiv oder zu machiavellistisch findet, kann auch von systematischer Abstimmung des Vorgehens mit den "Machtpromotoren", von der Einbindung wesentlicher Stakeholder oder vom aktiven Management des "Kraftfelds" sprechen. Gleich wie man es nennt, es geht immer darum, die Personen und Gruppierungen, deren Interessen durch die geplanten Veränderungen berührt sein könnten und die Einfluss auf künftige Entscheidungen und ihre Umsetzung haben, so anzusprechen, dass möglichst viele von ihnen, zumindest aber eine ausreichende Zahl, die angestrebten Veränderungen mittragen oder sogar aktiv unterstützen. So verstanden, ist "aktive Machtpolitik" also keineswegs gleichbedeutend mit rücksichtsloser Durchsetzung, sondern besteht vor allem Aufbau von Akzeptanz und Unterstützung.

  • Aktive Machtpolitik
  • Um auf Schlüsselpersonen und -gruppierungen gezielt zugehen zu können, ist es erforderlich, sie zunächst einmal identifiziert zu haben. Ein geeignetes Instrument dazu ist eine Kraftfeldanalyse, bei der alle wesentlichen Akteure so in ein Diagramm eingetragen werden, dass sowohl das Ausmaß ihres Einflusses als auch ihre derzeitige (oder mutmaßliche) Haltung zu der geplanten Veränderung sichtbar wird – und bis zu einem gewissen Grad auch die Vernetzung dieser Akteure untereinander. Wichtig ist dabei, sich bewusst zu sein, dass all diese Einordnungen, auch wenn sie für den Augenblick richtig sind, nicht in Stein gemeißelt sind, sondern sich ändern können – sowohl durch eigene Einflussnahme als auch den Einfluss anderer Akteure.

  • Kraftfeldanalyse zur Bestimmung der wesentlichen Akteure
  • Wer also Gegner oder Skeptiker ist, ist also ebenso wenig auf ewig festgelegt wie, wer Befürworter oder "Neutraler" ist. Deshalb ist ein wichtiger machtpolitischer Grundsatz, tätig zu werden, bevor andere es tun, und aktiv Bündnisse zu schmieden: Nicht Bündnisse, die gegen jemanden gerichtet sind, sondern Bündnisse für das Ziel, das zum Nuzen des Unternehmens erreicht werden soll. Das ist es, was der Harvard-Professor und Change Management-Experte John Kotter in seinem Buch Leading Change als "Creating the Guiding Coalition" bezeichnet.

  • Bündnisse und Koalitionen schmieden

  • Change! - 20 Fallstudien Zahlreiche Fallbeispiele zu den unterschiedlichsten Typen von Change-Projekten finden Sie in meinem Buch "Change! – 20 Fallstudien zu Sanierung, Turnaround, Prozessoptimierung, Reorganisation und Kulturveränderung" (Schäffer-Poeschel, 2. erweiterte Auflage 2015). Es vermittelt Ihnen einen breiten Überblick über die unterschiedlichsten Arten von Veränderungsprozessen und zeigt Ihnen, worauf es jeweils ankommt, um Ihre Change-Vorhaben zum Erfolg zu führen.

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  • Buch "Change!"
  • Strategie und Taktik des Aufbaus von Unterstützung

     

    Wenn Sie das Kraftfeld auf diese Weise transparent gemacht haben, stellt sich unmittelbar die nächste Frage, nämlich, was Sie tun können und sollen, um Ihrem Vorhaben eine ausreichende Unterstützung zu sichern. Praktisch übersetzt sich das in konkrete Fragen wie: Wer hat einen Zugang zu welchen einflussreichen Akteuren auf dem Diagramm? Wer kann sie ansprechen und mit welchen Argumenten, um sie für eine Unterstützung oder zumindest für eine wohlwollende Duldung zu gewinnen? Zu welchen wichtigen Akteuren besteht kein direkter Zugang? Gibt es zu ihnen möglicherweise einen indirekten Zugang über bereits gewonnene Verbündete oder über Netzwerkpartner außerhalb des eigentlichen Kraftfelds? Ist es sinnvoll, bei diesen Personen enen indirekten Zugang zu wählen, oder können bzw. sollten sie direkt angesprochen werden?

  • Gezielte Ansprache
  • Ob der direkte oder der indirekte Weg zu bevorzugen ist, ist weniger eine Frage der persönlichen Kontaktfreude als der Erfolgswahrscheinlichkeit: Ob jemand zu einer Unterstützung bereit ist, hängt nämlich nicht nur vom Gegenstand und Ziel des Projekts ab, sondern maßgeblich auch davon, von wem er angesprochen wurde. Von einem Vorstand oder einem angesehenen Manager angesprochen zu werden, erhöht die Erfolgsaussichten – und das keineswegs nur in sehr hierarchischen Organisationen. Umgekehrt sind externe Berater in der Regel nicht die idealen Personen, um Verbündete zu gewinnen, weil sie "politische Neutren" sind, mit denen man, da sie ja nach einiger Zeit (meistens) wieder verschwinden, kaum "Geschäfte auf Gegenseitigkeit" machen kann. Denn machtpolitisch ist es natürlich sinnvoller, jemanden zu unterstützen, der einem bei späterer Gelegenheit auch einmal helfen kann, als jemanden, von dem "mangels Masse" kaum eine Gegenleistung zu erwarten ist. (Anders ist es bei Beratern, die in einer Firma zum "Dauerberater" geworden sind und das Ohr wichtiger Vorstände haben: Sie gilt es zu pflegen, weil man sie irgendwann vielleicht braucht.)

  • Direkter oder indirekter Zugang
  • Auf diese Weise entsteht Schritt für Schritt eine strukturierte Strategie, das politische Umfeld des eigenen Veränderungsvorhabens zu bereiten. Aktive Machtpolitik heißt also letztlich nichts anderes als, als das bestehende Kraftfeld zugunsten des eigenen Vorhaben aufzubauen: Skeptiker in Unterstützer und Gegner in wohlwollende Dulder zu verwandeln, und dieses Kraftfeld dann auch durch regelmäßige Beziehungspflege "im grünen Bereich" zu halten.

    Regelmäßige Kommunikation und Kontaktpflege spielen dafür eine wichtige Rolle, sind aber keineswegs das Einzige, was zählt. Ebenso wichtig sind inhaltliche Diskussionen und das Ausräumen von Interessenkonflikten. Doch all dies steht und fällt mit der Kommunikation. Gerade wenn sich kritische Themen abzeichnen – das heißt Themen, die aus Sicht der Adressaten kritisch sein könnten –, ist die frühzeitige Abstimmung dieser Themen angesagt. Auf keinen Fall dürften Verbündete von für sie negativen Entwicklungen und Entscheidungen überrascht werden, denn sonst verwandelt sich Vertrauen in Misstrauen und möglicherweise in Gegnerschaft: Wer sich hintergangen fühlt, entzieht einem jegliche Unterstützung und sinnt möglicherweise sogar auf Rache.

  • Positives Kraftfeld aufbauen
  • Solch ein Unterstützungsnetzwerk will nicht nur aufgebaut, es will auch gepflegt sein. Es wäre daher ein grober Fehler zu glauben, mit dem Aufbau eines positiven Kraftfelds sei die machtpolitische Arbeit getan und man könnte sich anderen Dingen zuwenden. Zwar ist es sicherlich nicht erforderlich, bei allen Unterstützern täglich "auf dem Schoß zu sitzen", doch das heißt nicht, dass man die aufgebauten Kontakte schleifen lassen darf. All diese Menschen sind ja in unzählige Kommunikationszusammenhänge eingebunden und dabei versuchen die unterschiedlichsten Kräfte, Einfluss auf sie zu nehmen. Außerdem verlieren auch Absprachen und wohlwollende Aussagen an Gültigkeit, wenn sie nicht von Zeit zu Zeit erneuert und bekräftigt werden. Es kommt also darauf an, den Gesprächsfaden zu Verbündeten und Unterstützern nicht abreißen zu lassen. Eine gute Gelegenheit dafür sind regelmäßige Informationen über Zwischenstände, insbesondere wenn sie mit konkreten Anliegen verbunden werden können. Doch auch Skeptiker und Kritiker sollte man nicht einfach abschreiben, sondern von Zeit zu Zeit das Gespräch mit ihnen suchen – erstens, um keiner Lagerbildung Vorschub zu leisten, zweitens, weil es ja manchmal auch gelingt, Positionen über die Zeit zu beeinflussen.

  • Aktive Pflege des Kraftfelds erforderlich
  • Unterschiedliche Motive für Unterstützung und Duldung

     

    Bei alledem kann man sich die Frage stellen, aus welchem Grund bzw. zu welchem Zweck einen all diese Leute unterstützen sollten, wenn sie keinen unmittelbaren Nutzen davon haben. Oder weshalb sie das Vorhaben auch nur tolerieren sollten, ohne es offen oder verdeckt zu hintertreiben. Prinzipiell können die Motive dafür sowohl sachlicher als auch persönlicher Natur sein. Ein ebenso einfacher wie guter Grund ist oft, dass sie das Projekt von der Sache her sinnvoll finden – weil es ihnen entweder von vornherein eingeleuchtet hat oder weil es in Gesprächen gelungen ist, sie von seinem Nutzen zu überzeugen.

    Ein anderer Grund kann schlicht sein, dass man sie gefragt – und damit ihre Rolle und Bedeutung gewürdigt – hat und dass sie daraufhin ihre Unterstützung zugesagt haben. Ein weiteres Motiv kann darin liegen, dass sie dies als Vorleistung ansehen, für die sie irgendwann bei Bedarf eine Gegenleistung erwarten können – oder dass sie sich nicht den Ruf einhandeln wollen, unkooperativ oder gar destruktiv zu sein, weil sie sich damit möglicherweise das Wohlwollen anderer Beteiligter verscherzen würden. Und schließlich wissen kluge "Politiker", dass sie als "bedingte Unterstützer" mehr Einfluss auf das weitere Geschehen haben als wenn sie auf Distanz gehen. Denn dann können sie offen oder "durch die Blume" zum Ausdruck bringen, an welche Wünsche, Forderungen und Bedingungen ihre Unterstützung gebunden ist.

  • Sachliche und persönliche Motive
  • Die Chancen dafür, für vernünftige Vorhaben Unterstützung zu gewinnen, indem man einfach mit den relevanten Akteuren redet, stehen im Grunde gar nicht so schlecht: In den meisten Organisationen neigen sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeiter dazu, im Zweifel eher Ja als Nein zu sagen, wenn sie um Unterstützung gebeten werden – erst recht, wenn sie von "wichtigen Personen" angesprochen werden, mit denen sie sich gut stellen wollen. Vielleicht hätten sie das Vorhaben nicht unterstützt, wenn man sie nicht gefragt hätte: Ihr Entgegenkommen ist unter Umständen daran gebunden, dass die Initiatoren des Projekts aktiv auf sie zugegangen sind.

    Aber natürlich spielt auch eine Rolle, welches Ausmaß von Unterstützung ihnen abverlangt wird: Ob es nur darum geht, ein Vorhaben mitzutragen, das ihnen nicht wesentlich in die Quere kommt, oder ob es ihnen größeren Einsatz und/oder eigene Veränderungen abverlangt. Je mehr das Vorhaben von ihnen fordert, desto weniger wird ein freundliches Gespräch genügen, um sich auf Dauer ihre Unterstützung zu sichern: Entsprechend wichtig ist es, dass es in diesen Fällen ausreichende Gründe gibt, die es aus Sicht der Adressaten sinnvoll erscheinen lassen, mitzuziehen.

  • Grundsätzliche Unterstützungs-bereitschaft
  • Nur in drei Arten von Unternehmenskulturen muss man darauf gefasst sein, dass es nicht ganz so einfach ist, sich die erforderliche Unterstützung oder Duldung zu sichern: In sehr individualistischen, stark konkurrenzorientierten Kulturen schallt einem sofort die ausgesprochene oder unausgesprochene Frage entgegen: "Was kriege ich dafür?" – oder in zeitgemäßem Englisch: "What's in it for me?" Noch schwieriger ist es in destruktiven, feindseligen oder von Lagerbildung und kalten Konflikten geprägten Kulturen, außerhalb des eigenen Lagers Unterstützung zu gewinnen. Hier scheint oft eine kaum verhohlene Lust daran durch, andere mit ihren Vorhaben scheitern zu sehen.

    Noch anders stellt sich die Lage in "überpolitischen", konfliktscheuen oder "diplomatischen" Kulturen dar, in denen niemals jemand den "Fehler" machen würde, offen seine Meinung zu sagen, sondern wo jeder seine wahre Meinung hinter viel verbalem Entgegenkommen versteckt: Dort versichern einem alle, die man darum bittet, ihrer Unterstützung – doch es stellt sich erst im Laufe der Zeit heraus, was dies bedeutet: Ob sie das Vorhaben tatsächlich unterstützen oder ob sie nur Widerstand durch Zustimmung praktiziert haben.

  • Kulturbedingte Ausnahmen
  • Die hässliche Seite der internen Politik

     

    Hier deutet sich schon an, dass die interne Politik auch eine weniger schöne Seite hat: Politische Spielzüge können natürlich auch benutzt werden, um sich Wettbewerbsvorteile in der internen Konkurrenz zu verschaffen, um offene Rechnungen zu begleichen oder andere destruktive Spielchen zu betreiben. Im Grunde ist es also bei der "Politik" nicht anders als bei anderen wirksamem Werkzeugen und Instrumenten: Sie sind für sich genommen weder gut noch schlecht – alles hängt davon ab, für welche Zwecke und in welcher Gesinnung sie eingesetzt werden. Da Politik jedoch ein sehr "mächtiges" Instrument ist, kann sie eben nicht nur großen Nutzen stiften, sondern auch erheblichen Schaden anrichten.

  • Schattenseiten eines mächtigen Instruments
  • Solche destruktiven Tendenzen lassen sich kurzfristig kaum beeinflussen; sie sind Ausfluss der Vorgeschichte des Unternehmens sowie der Entscheidungen, die die Beteiligten in Reaktion auf diese Erfahrungen getroffen haben. Wo ein hohes Maß an interner Konkurrenz herrscht, ist es ja durchaus vernünftig, dass Führungskräfte und Mitarbeiter es sich dreimal überlegen, ob sie zum Erfolg von Kollegen beitragen, die ja zugleich oft auch potenzielle Konkurrenten sind. Die Tendenz zum Begleichen offener Rechnungen schiebt sich nur dann in den Vordergrund, wenn es in größerem Ausmaß offene Rechnungen gibt – was meistens in Zusammenhang mit einem entwertenden oder entmutigenden Kommunikationsstil steht, denn das Bedürfnis nach Rache und Vergeltung kommt ja nicht von ungefähr. Ähnliches gilt in aller Regel auch für Tendenzen, Kollegen auflaufen zu lassen oder in Schwierigkeiten zu bringen: Auch hier gibt es meistens eine Vorgeschichte, und die Frage ist nur, ob sie persönlicher oder unternehmensübergreifender Natur ist.

  • Tiefere Ursachen
  • Doch auch wenn man die Gründe solcher destruktiven Tendenzen kennt oder ahnt, kann man sie nicht so ohne Weiteres "abschalten". Deshalb muss man wohl oder übel irgendwie mit ihnen umgehen. Das wichtigste Rezept dafür lautet: "Kleinere Brötchen backen" – jedenfalls bei allen Veränderungsvorhaben, die auf das Mitziehen und den guten Willen von Akteuren angewiesen sind, auf die kein direkter Einfluss besteht. Gleich ob es uns gefällt oder nicht, in solch "unfreundlichen" Umfeldern ist mehr Beharrrlichkeit, Durchsetzungsmacht und auch mehr Machtpolitik erforderlich, um Veränderungen herbeizuführen als in "normalen" Organisationen – was auf die Dauer zu einem echten Wettbewerbsnachteil für diese Kulturen werden kann. Denn es bewirkt, dass sie in ihrer Veränderungsfähigkeit und Veränderungsgeschwindigkeit hinter der Konkurrrenz zurückfallen.

  • Erschwerte Bedingungen
  • Jenseits des aktuellen Veränderungsvorhabens besteht in solchen Fällen daher oft Bedarf für eine Kulturveränderung. Am einfachsten ist sie wohl in Kulturen zu bewerkstelligen, in denen die Zusammenarbeit an einem Übermaß von interner Konkurrenz leidet: Dort kann schon eine konsequente Veränderung der Leistungsmaßstäbe und Karrriereanforderungen genügen, um eine Kurskorrektur in Gang zu setzen. Deutlich schwieriger ist es, offen oder verdeckt destruktive Kulturen zu verändern. Letzten Endes muss hier das Top-Management den Beweis dafür erbringen, dass ein solches Verhalten nicht mehr länger erfolgreich ist und nicht mehr toleriert wird. Das ist jedoch in der Regel ein längerer Weg, der sowohl viel Beharrlichkeit als auch Konfliktbereitschaft erfordert – und der sorgfältig auf die Besonderheiten der jeweiligen Kultur zugeschnitten sein muss.

  • Notwendigkeit einer Kultur-
    veränderung
  • Literatur:
    Kotter, John P. (1985): Power and Influence – Beyond Formal Authority

    Kotter, John P. (1996): Leading Change – An Action Plan From the World's Foremost Expert On Business Leadership

     


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